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Susanne Menge
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Frage von Stefan N. •

Sehr geehrte Frau Menge, wie stehen Sie zu der geplanten Erhöhung der Bezüge der EU-Angestellten um 8,5 %zum Jahreswechsel und dem Aufruf Ihrer Partei an die Bürger den Gürtel enger zu schnallen?

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Lieber Herr N.

ich verstehe, was Sie bei dieser Gegenüberstellung sehen: Eine Ungleichbehandlung. Lassen Sie uns die Sache genauer anschauen.

Dass die EU-Angestellten eine Erhöhung der Bezüge erhalten, ist zunächst Sache der beteiligten Tarifparteien. 8,5% mag ungewöhnlich hoch erscheinen, es gibt aber Anhaltspunkte, warum diese Dimensionen gerechtfertigt sein könnten. Vor allem: die Inflation, die sich zuletzt ja zwischen sieben und acht Prozent bewegte.

Sie stellen einen Zusammenhang her mit einer Aufforderung, den Gürtel enger zu schnallen. An dieser Stelle müssen wir aufpassen. Damit war nie gemeint, dass die Arbeitnehmer:innen bei Tarifverhandlungen Zurückhaltung üben sollten. Solche Bitten kamen von der EZB, aber sie sind keineswegs gerechtfertigt. Würden wir so verfahren, dass müssten am Ende allein die Verbraucher:innen die Zeche für die aktuelle Situation sein. Das halten auch renommierte Ökonomen für unanständig. 

Richtig ist, dass wir im kommenden Winter versuchen sollten, möglichst viel Energie zu sparen. Und das gilt für alle, auch für EU-Beschäftigte. Das war vermutlich mit der Aussage gemeint, die Ihnen als Aufforderung, den Gürtel enger zu schnallen, in Erinnerung geblieben ist. Das bleibt bestehen, denn nur so erreichen wir drei Dinge: (1) Wir senken Verbrauch und Kosten. Und dafür muss es im Wohnzimmer nicht kalt werden, einen großen Effekt hat auch weniger und langsamere Mobilität. (2) Außerdem wird darüber die Gesamtnachfrage gesenkt - und dadurch wiederum sinken die Preise. (3) Und nicht zuletzt hat das auch einen positiven ökologischen Effekt. 

Falsch ist, dass Arbeitnehmer auch bei den Lohnforderungen Verzicht üben sollten. Ganz im Gegenteil: Die Unternehmen haben zwar höhere Kosten bei ihren Vorprodukten und Rohstoffen. Sie nehmen über die höheren Preise aber auch mehr ein. Davon müssen auch die Mitarbeitenden profitieren. 

Um auf Ihre Frage zurückzukommen: Ich halte beides für sich genommen für richtig - und sehe auch keinen direkten Zusammenhang. Arbeitnehmer sollten in Zeiten massiver Inflation mehr verdienen können. Wie viel genau - das ist Sache der Tarifparteien; da habe ich mich nicht einzumischen. Leider haben uns die Vorgängerregierungen aber in eine große Abhängigkeit von russischem Gas geführt, so dass auch die Forderung, beim Verbrauch (!) zu sparen, ihre Richtigkeit hat. Nur hat das eine nichts mit dem anderen zu tun.

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