Frage an Susanna Tausendfreund von Gerhard Anton E. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrte Frau Tausendfreund,
mir ist wieder einmal ein relativ aktueller Image-Flyer des Bayerischen Staatministeriums für Landwirtschaft zum Themenkreis "Lebensmittel aus Bayern", deren Kennzeichnung und die diversen bestehenden Gütesiegel in die Hände gefallen.
Allen Anschein nach wurde dieser Image-Flyer als Teil einer Image-Kampagne und als Reaktion auf die diversen Lebensmittelskandale der letzten 3 Jahre (z. B. Thema: Ekel- bzw. Gammelfleisch, Verunreinigter Käse usw.), an den nicht zuletzt Gewerbetreibende aus Bayern maßgeblich beteiligt waren, aufgelegt.
Nun meine Fragen:
1. Sehen Sie Defizite bei der staatlichen Lebensmittelüberwachung?
2. Wenn ´Ja´, über welche Maßnahme könnte zukünftig eine effektive und effiziente Lebensmittelüberwachung sichergestellt werden?
3. Werden Sie sich für eine höhere Kontrolldichte bei der Lebensmittelüberwachung einsetzen?
4. Glauben Sie, dass die derzeitige Bayer. Staatsregierung und deren Fachministerien zu wenig Haushaltsmittel in Image-Kampagnen investierten?
5. Sehen Sie - ganz allgemein -Defizite beim Verbraucherschutz im Freistaat Bayern?
Für Ihre freundliche Anwort bedanke ich mich bereits heute.
Mit besten Grüßen
Gerhard Anton Eiwen
Sehr geehrter Herr Eiwen,
Vielen Dank für Ihre weiteren Fragen.
zu 1.
Ich sehe erhebliche Defizite bei der staatlichen Lebensmittelüberwachung. Mitte 2008 bis Frühjahr 2008 hatte ich die Gelegenheit, meinem früheren Kollegen und Landtagsabgeordneten Adi Sprinkart juristisch im sog. Gammelfleisch-Untersuchungsausschuss zuzuarbeiten. Hier haben sich Abgründe aufgetan. Die derzeitige staatlich Kontrolle ist bezüglich der Zuständigkeiten sehr konfus geregelt. Beispiel Metzgerladen: Bis zu Theke ist der Lebensmittelkontrolleur des Landkreises oder der kreisfreien Stadt zuständig, hinter der Theke in der Metzgerei oder in den größeren Zerlegebetrieben der amtliche Tierarzt (stundenweise tätige niedergelassene Tierärzte) und der Amtstierarzt. Größere Kühlhäuser können wegen der Masse des eingelagerten Materials und der dort herrschenden Temperaturen defacto nicht kontrolliert werden. Kontrollen waren und sind meistens angemeldet, also kalkulierbar.
Den ausführlichen Bericht zum Untersuchungsausschuss (Bericht der CSU und Minderheitenbericht der SPD und der GRÜNEN), der sich mit den Firmen Deggendorfer Frost, Dümig, Berger Wild, Reiss, Bruner und Kollmer/Rothtalfrost befasst hat, finden Sie auf der Homepage des Bayerischen Landtags (www.bayern.landtag.de) als Landtagsdrucksache Nummer 15/10523. In diesem Bericht sind auch die von mir mitverfassten Forderungen enthalten.
zu 2.
Mein Ziel ist es, die Lebensmittelüberwachung unabhängiger zu gestalten und mit mehr Personal auszustatten. Am besten wäre die Ansiedlung bei der Landesanstalt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) ohne dass politische Gremien Einfluss nehmen können. Das Personal muss besser ausgebildet und mit weit reichenderen Kompetenzen ausgestattet werden.
zu 3.
Eine höhere Kontrolldichte ist absolut erforderlich. In einem der im Untersuchungsausschuss untersuchten Fälle (Reiss) war jeweils am schwarzen Brett der Firma angeschlagen, wann einen Kontrolle zu erwarten war. Die Mitarbeiter wussten dann genau, was zu tun war. Wenn Kontrollen im Vorfeld bekannt sind und zu wenige erfolgen, kann man den schwarzen Schafen der Branche natürlich nicht auf die Schliche kommen. Das Lebensmittelgeschäft ist sehr vielschichtig und zum Teil maffiaähnlich organisiert.
zu 4.
Image-Kampagnen nützen gar nichts, wenn keine Inhalte dahinter stehen. Es ist also heraus geschmissenens Geld, wenn eine Image-Kampagne nur überdecken soll, dass eigentlich in Sachen Verbraucherschutz zu wenig unternommen wird.
zu 5.
Ja, ich sehe generelle Defizite beim Verbraucherschutz in Bayern. Die Menschen werden in vielen Bereichen einfach nicht ernst genommen und die Maßnahmen, die ergriffen werden, liegen entweder neben der Sache oder sind widersprüchlich, z.B. bei der Gentechnik - Wie passt es zusammen, dass die CSU jetzt verkündet, gegen Gentechnik in der Landwirtschaft zu sein, aber gleichzeitig in Bayern 5 Versuchsfelder auf eigenen Grundstücken gefördert hat und weiterhin zulässt?
Mit freundlichen Grüßen
Susanna Tausendfreund