Frage an Susanna Tausendfreund von Thomas R. bezüglich Recht
Sehr geehrte Frau Tausendfreund,
am 20.3.13 wurde die zum 1.4.13 in Kraft getretene Änderung des BayRDG verabschiedet. Teil dieser Änderung war die Einführung des neuen Art. 33a, der sog. „Retterfreistellung“, die momentan häufig auch als „Rettergleichstellung“ dargestellt und gefeiert wird.
Leider muss man bei Betrachtung von Art. 33a BayRDG aber feststellen, dass lediglich ein erster Schritt in die sicherlich richtige Richtung gemacht wurde, dieser aber keine echte Gleichstellung hinsichtlich Freistellungs- und Lohnfortzahlungsansprüchen erwirkt.
In Art. 33a BayRDG ist nämlich lediglich von „Arbeitnehmern, die ehrenamtlich im Rettungsdienst tätig sind“ die Rede. Ferner wird keine Regelung von Ansprüchen bei Teilnahme an Ausbildungsveranstaltungen, Sicherheitswachen und Bereitschaftsdiensten (wie in Art. 9 BayFwG) getroffen. Somit kann selbst im Fall der ehrenamtlichen Rettungsdienstler nicht von einer Gleichstellung mit Helfern der Feuerwehr gesprochen werden.
Wegen des Wortlauts muss eine weitere Unterscheidung getroffen werden: Da lediglich die Rede von Ehrenamtlichen im Rettungsdienst ist, bleibt eine ganze Reihe von Helfergruppen unerfasst, und hat nach wie vor keinerlei gesetzlich geregelte Ansprüche. Hiervon betroffen sind Helfer für die Betreuung von unverletzt Betroffenen in Notunterkünften (z.B. bei Wohnhausbrand, Bombenfund o.ä.), Rettungshundestaffeln, Suchdienste, Techniker, Medienarbeiter, Ausbilder, die organisierte Erste Hilfe und viele mehr.
Sie sehen es existiert momentan eine 3-Klassen-Helfergesellschaft, wodurch indirekt auch eine unzulässige und unsachgemäße Wertung ehrenamtlichen Engagements entsteht.
Sehr geehrte Frau Tausendfreund, mich würde daher von Ihnen, als Mitglied im Ausschuss dem der Gesetzentwurf seinerzeit zugewiesen wurde, interessieren wie Sie zur geschilderten Problematik stehen und was Ihre nächsten Schritte sein werden um eine echte Gleichstellung aller ehrenamtlich im Bevölkerungsschutz Tätigen zu erreichen?
Rettergleichstellung
Sehr geehrter Herr Reifz,
ich möchte mich ganz herzlich für Ihre Anfrage vom 12. August 2013 bedanken, in dem Sie die Problematik der weiterhin existierenden Ungleichbehandlung der Ehrenamtlichen im Bevölkerungsschutz detailliert herausgearbeitet haben. Mit meinen Kolleginnen und Kollegen der Grünen-Fraktion im Landtag habe ich vereinbart, dass mein Antwortschreiben im Namen der gesamten Fraktion erfolgt.
Ihr Anliegen ist berechtigt und wir werden die „Rettergleichstellung“ in der nächsten Legislaturperiode als Gesetzesinitiative einbringen soweit Landesrecht betroffen ist. Bezüglich der bundesgesetzlichen Regelungen (z.B. Anpassungsbedarf im THW-Gesetz) werde ich Ihre Anregungen und dieses Schreiben an die Bundestagsfraktion der Grünen mit der Bitte weiterleiten, sich dem Problem ebenfalls anzunehmen.
Die unterschiedlich geregelten Freistellungsansprüche und Entgeltfortzahlungen sind nicht nachvollziehbar und fachlich nicht zu begründen.
Durch die Novelle des BayRDG wurde zwar ein Freistellungs- bzw. Entgeltfortzahlungsanspruch für ehrenamtliche Einsatzkräfte im Rettungsdienst geschaffen. Dieser gilt für Angestellte, Beamte, Richter und volljährige Schüler. Selbstständig Tätige haben einen Anspruch auf Verdienstausfall. Eine volle Gleichstellung mit den ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern von Feuerwehr und THW ist leider nicht erfolgt, da beispielsweise für die Teilnahme am Bereitschaftsdienst, an Sicherheitswachen und an Ausbildungsveranstaltungen kein Freistellungs- bzw. Entgeltfortzahlungsanspruch gilt.
Darüber hinaus gibt es eine Gruppe von ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern, die nicht vom BayRDG umfasst werden, da ihre Tätigkeit nicht zum öffentlichen Rettungsdienst zählt, wie die Einsatzkräfte der organisierten Ersten Hilfe.
Diese Dienste der „First Response Einheiten“ oder der „örtlichen Notfallhilfe“ sind meist bei der Feuerwehr oder einer Hilfsorganisation angesiedelt. Sie leisten auf örtlicher Ebene im Vorfeld des Rettungsdienstes organisiert Erste Hilfe. So soll das sogenannte therapiefreie Intervall zwischen Notfall und Eintreffen des öffentlichen Rettungsdienstes verkürzt werden. Auch sie werden zwar von der Integrierten Leitstelle alarmiert. Für diese Tätigkeit und die Organisationsform gibt es aber in Bayern keine speziellen gesetzlichen Regelungen.
Von der Gleichstellung des BayRDG ist diese Gruppe explizit ausgenommen.
Da die Tätigkeit der Ersthelfer/innengruppen nicht zu den Pflichtaufgaben der Feuerwehr gehört, haben auch Feuerwehrdienstleistende bei diesem Einsatz keinen Anspruch auf Freistellung.
Das Bayerische Staatsministerium des Inneren sieht die Ersthelfergruppen als Ergänzung zum öffentlichen Rettungsdienst. Allerdings sollen die Versorgungsstrukturen so ausgestaltet sein, dass der öffentliche Rettungsdienst den Bedarf deckt.
Einen Grund des Problems der unzureichenden Helfergleichstellung sehen wir in einer gewissen Konkurrenz zum öffentlichen Rettungsdienst. Außerdem dürfen Lücken in der Rettungsdienstversorgung nicht durch eine stärkere Belastung der Erstretter/innen geschlossen werden. Dennoch kann die Alarmierung einer Ersthelfergruppe lebensrettend sein, wenn dadurch ein Zeitvorteil bis zum Eintreffen des öffentlichen Rettungsdienstes zu erwarten ist.
Jedenfalls ist kein Grund ersichtlich, weshalb das ehrenamtliche Engagement der Ersthelferinnen und Ersthelfer nicht mit dem ehrenamtlichen Engagement beim öffentlichen Rettungsdienst, dem THW und der Feuerwehr gleichgestellt werden sollten.
Der Änderung des BayRDG haben wir Grüne in dieser Legislaturperiode übrigens nicht zugestimmt, u. a. weil eine echte Gleichbehandlung des ehrenamtlichen Engagements nicht gewährleistet wurde und die Zulassungskriterien für private Rettungsdienste zu eng gefasst sind.
Mit freundlichen Grüßen
Susanna Tausendfreund, MdL