Frage an Susanna Tausendfreund von Gerhard Anton E. bezüglich Raumordnung, Bau- und Wohnungswesen
Sehr geehrte Frau Tausendfreund,
als Pendler aus Unterhaching verbringe ich werktäglich 2 * ca. 45 Minuten meiner Lebenszeit für die Fahrt zu und von meinem Arbeitsplatz in München (Luftlinie 11 km).
Nachdem die Bayer. Staatsregierung in ihrer derzeitigen Zusammensetzung mit den hochfliegenden Plänen zum Transrapid nun zweimal eine herbe ´Bauchlandung´ hinnehmen musste, interessieren mich Ihre persönlichen Vor- und Einstellungen zum Neu- bzw. Ausbau der Verkehrswege im Freistaat Bayern.
1. Welche Ziele verfolgen Sie beim Ausbau des ÖPNV in der Region München/südl. Oberbayern??
2. Wie stehen Sie grundsätzlich zu einem weiteren Ausbau der Verkehrswege mit der Rad/Schiene-Technik gegenüber?
2a. Was halten Sie von einer verbesserten Anbindung auch mit internationalen Fernzügen an den Flughafen MUC II?
2b. Wie stehen Sie einer Art Stadt/Land-Bahn nach dem Vorbild des Karlsruher Verkehrssystems für die Region München/südliches Oberbayern gegenüber?
2c. Würden Sie den Ausbau der Bahnstecke München - Mühldorf - Freilassing zu einer internationalen Fernstrecke befürworten?
2d. Was halten Sie grundsätzlich von Reaktivierungen aufgelassener Bahnstrecken im Freistaat Bayern?
3. Wie stehen Sie dem weiteren Aus- und Neubau von Bundesautobahnen im Freistaat Bayern gegenüber?
3a. Und konkret - was halten Sie von den Plänen der Bayer. Staatsregierung zum Neubau eines Bundesautobahn Südrings??
4. Wie stehen Sie einem weiteren Ausbau der Flughäfen MUC II, Oberpfaffenhofen usw. gegenüber?
5. Was halten Sie von einer ´Citymaut´ für München??
6. Was halten Sie von einer Abschaffung der KFZ-Steuer?
Für Ihre freundliche Antwort bedanke ich mich bereits heute.
Mit freundlichen Grüßen
Gerhard A. Eiwen
Sehr geehrter Herr Eiwen,
vielen Dank für Ihre Fragen. Mein Weg zur Arbeit dauert auch jeweils ca. 45 Minuten. Zum Glück kann ich es mir an manchen Tagen einrichten, von zuhause aus zu arbeiten, was sehr angenehm ist, da die dauernde Fahrerei sehr lästig ist. Aber nun zu Ihren Fragen, die ich jeweils in Ihren Text einfüge:
> Sehr geehrte Frau Tausendfreund,
>
> als Pendler aus Unterhaching verbringe ich werktäglich 2 * ca. 45 Minuten
> meiner Lebenszeit für die Fahrt zu und von meinem Arbeitsplatz in München
> (Luftlinie 11 km).
>
> Nachdem die Bayer. Staatsregierung in ihrer derzeitigen Zusammensetzung
> mit den hochfliegenden Plänen zum Transrapid nun zweimal eine herbe
> ´Bauchlandung´ hinnehmen musste, interessieren mich Ihre persönlichen Vor-
> und Einstellungen zum Neu- bzw. Ausbau der Verkehrswege im Freistaat
> Bayern.
>
> 1. Welche Ziele verfolgen Sie beim Ausbau des ÖPNV in der Region
> München/südl. Oberbayern??
Natürlich setze ich auf einen konsequenten Ausbau des ÖPNV.
Dafür brauchen wir für die S-Bahn zumindest einen durchgehen 20-Minuten-Takt auch auf den Außenästen und in den Abendstunden. Auf den stark befahrenen Linien strebe ich einen 10-Minuten-Takt an. Der S-Bahn-Verkehr liegt im Zuständigkeitsbereich des Freistaats, der die Leistungen bei der Bahn bestellt.
Noch sehr lückenhaft sind die Busverbindungen im Landkreis München und in der Region. Hier brauchen wir ein dichteres Netz, Tangentialverbindungen und verlässliche und schnelle Zubringer zu den S- und U-Bahnen, angepasst an deren Takt. Für den Landkreis München, in dem nicht einmal die Vorgaben des Bayerischen Wirtschaftsministeriums eingehalten werden, fordern wir schon seit vielen Jahren ein Nahverkehrskonzept, das diesen Namen auch verdient. Verschiedene Verbesserungen konnten wir bereits durchsetzen. Die Busse liegen im Landkreis im Zuständigkeitsbereich des Kreistages (in München bei der Landeshauptstadt).
Die Preise im MVV-Gebiet halte ich für zu teuer. Andere Großstädte beweisen, dass es auch günstiger geht. Die Tarifsprünge im Umland beim Bartarif schrecken viele Menschen, die nicht tagtäglich mit der S-Bahn fahren, von der Nutzung des ÖPNV ab. Eine der Ursachen ist, dass der Freistaat die Leistungen der S-Bahnen bei der DB zu einem viel zu hohen Preis einkauft, da der damalige Wirtschaftsminister Wiesheu einen für den Freistaat und damit für die Fahrgäste nicht besonders vorteilhaften Vertrag geschlossen hat. Die Gewinne, die die Bahn mit der S-Bahn einfährt, fließen nicht etwa in den Ausbau der Leistungen der S-Bahn, sondern dienen die Finanzierung von Hochgeschwindigkeitstrassen.
Ich will erreichen, dass das Projekt der Stadt-Umland-Bahn in München und den umliegenden Landkreisen verwirklicht wird. Hier wurden bereits etliche Strecken untersucht, die wichtige Tangentialverbindungen abdecken könnten. Es fühlen sich aber weder der Freistaat noch die Landkreise oder die Stadt München zuständig. Meines Erachtens wäre der Freistaat zuständig, da es sich um ein schienengebundenes Fahrzeug handelt. Die Bahn blockiert im Übrigen die Nutzung ihrer Gleise, die aber notwendiger Weise zu benutzen wären (z.B. Nordring oder Großhesseloher Brücke).
Die regionalen Zugverbindungen müssen ebenfalls verbessert werden. Hier muss auch mehr Konkurrenz zur Bahn zugelassen werden. Die BOB ist ein gutes Beispiel dafür, dass Private trotz aller Blockaden durch die DB-Netz eine leistungsfähige Alternative schaffen können.
> 2. Wie stehen Sie grundsätzlich zu einem weiteren Ausbau der Verkehrswege mit der Rad/Schiene-Technik gegenüber?
Ich möchte erreichen, dass der S-Bahnsüdring auf der bestehenden Trasse mit den Haltestellen Friedenheimer Brücke bzw. Donnersberger Brücke, Poccistraße und Kolumbusplatz zum Ostbahnhof verwirklicht wird. Die Grünen im Landtag haben bereits in der vorletzten Legislaturperiode eine umfangreiche Studie des Ingenieurbüros Vieregg-Rössler vorgelegt, mit der die Machbarkeit des Ausbaus belegt und die Kosten abgeschätzt wurden. Der S-Bahn-Südring wäre deutlich schneller und kostengünstiger zu verwirklichen, als die zweite Tunnelröhre und könnte mit wenigen Ausbaumaßnahmen bereits jetzt als Ausweichstrecke bei Störungen im Tunnel dienen. Ein langjähriges Projekt ist eine Haltestelle der S-Bahn an der Menterschwaige (Verknüpfung zu Straßenbahn 15/25). Wie bereits oben aufgeführt, möchte ich die Stadt-Umland-Bahn in München etablieren.
> 2a. Was halten Sie von einer verbesserten Anbindung auch mit internationalen Fernzügen an den Flughafen MUC II?
Ich bin erleichtert, das der Transrapid endgültig vom Tisch ist. Die hohen Kosten, an denen er gescheitert ist, haben wir der Staatsregierung schon ein Jahr zuvor - ebenfalls durch eine Studie von Vieregg-Rössler - vorgerechnet. Mit einer Express-S-Bahn-Light (sog. Humpelexpress) auf den bestehenden Gleisen kann eine ausreichende und im Vergleich zu heute doppelt so schnelle Verbindung gewährleistet werden. Eine eigene Gleistrasse für die Express-S-Bahn ist nicht erforderlich. Einige kleinere Umbauten reichen vollständig aus.
> 2b. Wie stehen Sie einer Art Stadt/Land-Bahn nach dem Vorbild des Karlsruher Verkehrssystems für die Region München/südliches Oberbayern gegenüber?
Ich werde mich für die Umsetzung der Stadt-Umland-Bahn einsetzen (siehe oben)
> 2c. Würden Sie den Ausbau der Bahnstecke München - Mühldorf - Freilassing zu einer internationalen Fernstrecke befürworten?
Ja. Bei den Einzelheiten des Ausbaus der Strecke, sofern Eingriffe in Natur und Landschaft erforderlich sind, sind diese genau abzuwägen.
> 2d. Was halten Sie grundsätzlich von Reaktivierungen aufgelassener Bahnstrecken im Freistaat Bayern?
Es ist jammerschade zu beobachten, wie die vielen aufgelassenen Strecken vor sich hin verrotten. Meiner Überzeugung nach brauchen wir eine Flächenbahn und keine Konzentration auf vermeintlich attraktive Hochgeschwindigkeitsstrecken. Der DB-Netz sollte nicht gestattet werden, immer mehr Strecken stillzulegen, sondern vielmehr diese zu reaktivieren. Bei der Außerfernbahn war dies ein harter Kampf. Auch die private Konkurrenz ist wichtig. Die Regentalbahn ist hierfür ein gutes Beispiel. Außerdem gehört das Netz in staatliche Hand zurückgeführt und die Konzessionen müssen gerecht vergeben werden.
> 3. Wie stehen Sie dem weiteren Aus- und Neubau von Bundesautobahnen im Freistaat Bayern gegenüber?
Der Freistaat sollte sich darauf konzentrieren, das vorhandene Staatsstraßennetz zu erhalten - hier besteht einiger Handlungsbedarf - und keine wesentlichen Aus- und Neubaumaßnahmen mehr voranzutreiben. In Ausnahmefällen mag eine Umgehungsstraße gegebenenfalls gerechtfertigt sein, jedoch nur, wenn der Verkehr nicht in andere Orte verlagert und das eigentliche Problem der Ziel- und Quellverkehr ist, den man mit einer Umgehung nicht reduzieren kann. Beim Beispiel der St 2063 neu in Gräfelfing und Planegg, die mit innerörtlichen Sperrungen verbunden werden soll, wird der innerörtliche Verkehr wegen der längeren Wege zur Umgehungsstraße sogar noch zunehmen. Diese Planung lehne ich auch deshalb ab. Erholungsflächen sind ebenfalls betroffen.
Mit der Verlegung der B 471 an den Autobahnostring wird der Schutzstreifen zur Wohnbebauung reduziert und ein Schleichweg für Zeiten geschaffen, zu denen der Verkehr auf der Autobahn stockt. Besser wären Verkehrsberuhigungsmaßnahmen auf der bestehenden B 471. Die Nord-Ost-Tangente vom Unterföhringer Heizkraftwerk zur Messe würde wertvolle Erholungsflächen, die jetzt noch zusammenhängend sind zerschnitten. Diese Planung ist zum Glück derzeit auf Eis. Die Umgehung von Höhenkirchen habe ich abgelehnt. Sie ist leider bereits in Bau.
Den Widerstand gegen die A 96 durchs Isental unterstütze ich. Die Alternativlösung des Ausbaus der Bundesstraße über Haag wäre die bessere Lösung.
> 3a. Und konkret - was halten Sie von den Plänen der Bayer. Staatsregierung zum Neubau eines Bundesautobahn Südrings??
Diese Pläne lehne ich natürlich ab. Der Bau eines Autobahn-Südrings - ob oberirdisch oder teilweise untertunnelt - wäre eine ökologische Katastrophe. 500 Hektar Wald würden dem Projekt zum Opfer fallen. Die noch zusammenhängenden Wälder würden durchschnitten, das wertvolle Isartal zerstört, die Grundwasserströme beeinträchtigt und die Trinkwasservorkommen für viele tausend Einwohner gefährdet. Die Erholungsfunktion des Isartals und der Forstgebiete würde erheblich leiden, die dringend nötige Frischluftschneise für München unterbrochen und die Bevölkerung in den betroffenen Gemeinden mit einem Lärmteppich überzogen. Diese Argumente werden im so genannten "Ringbuch" des ADAC, das die Politik von der Notwendigkeit des Projekts überzeugen soll, entweder gar nicht erwähnt oder lapidar abgetan. Die Wertigkeit des Südens als Naherholungsgebiet sei denkbar gering, die Zahl der Spaziergänger und Fahrradfahrer sei beinahe zu vernachlässigen. Flora und Fauna würden auf den Straßenbau gelassen reagieren, messbare Störeffekte gebe es nur wenige Meter neben der Strecke. Diese Darstellung der Auswirkungen auf Mensch und Natur ist zynisch! Die Folgen des Baus einer Südautobahn stehen in keinem Verhältnis zum verkehrlichen Nutzen. Und dieser angebliche Nutzen steht in keinem vernünftigen Verhältnis zu den Kosten, die der ADAC ohne Grunderwerb auf 676 Mio. € bis 1,12 Mrd. € schätzt. Statt immer mehr Straßen zu bauen, muss in den Gütertransport auf der Schiene und attraktivere Bahnverbindungen investiert und auf eine regionale Wirtschaftspolitik der kurzen Wege gesetzt werden. Der ADAC versucht mit seinem Buch, Lobbyarbeit parallel zur Erstellung der Machbarkeitsstudie zu betreiben, die derzeit für 650.000,- € im Auftrag der Staatsregierung erstellt wird. 2003 konnten wir erreichen, dass der Autobahn-Südring aus dem Bundesverkehrswegeplan gestrichen wird und dabei muss es auch bleiben. Am 31. August veranstalten wir unter meiner Federführung eine weitere Radl-Demonstration gegen den Autobahn-Südring, zu der ich Sie herzlich einlade: Los geht´s um 11 Uhr in Oberhaching am S-Bahnhof.
> 4. Wie stehen Sie einem weiteren Ausbau der Flughäfen MUC II, Oberpfaffenhofen usw. gegenüber?
Ich lehne den Bau der 3. Startbahn beim Münchner Flughafen im Sinne der betroffenen Anwohner ab. Die Expansion muss endlich Grenzen haben, auch bei den Nachtflügen. Das richtige Korrektiv wäre die Besteuerung von Flugbenzin und damit eine Gleichbehandlung mit privaten Haushalten und anderen Verkehrsträgern.
> 5. Was halten Sie von einer ´Citymaut´ für München??
Der Citymaut stehe ich skeptisch gegenüber, bin aber dafür, dass es dem Stadtrat von München und ggf. über einen Bürgerentscheid der Münchner Bevölkerung überlassen werden muss, ob sie eingeführt werden soll oder nicht. Mit einer intelligenten Parkraumbewirtschaftung und einem verbesserten ÖPNV kann aber meines Erachtens mehr erreicht werden.
> 6. Was halten Sie von einer Abschaffung der KFZ-Steuer?
Ich bin dafür, die KFZ-Steuer abzuschaffen und die Benzinpreise entsprechend (natürliche nicht überproportional) anzupassen. Dann würden die Kosten tatsächlich über den konkreten Verbrauch geregelt. Diejenigen, die zwar auf ein Auto angewiesen sind bzw. eines oder ggf. mehrere besitzen, es aber so oft wie möglich stehen lassen, würden belohnt. Den Kommunen, die bisher für die Erledigung ihrer Aufgaben einen Anteil an den KFZ-Steuern erhalten, müsste ein finanzieller Ausgleich gewährt werden.
Eine deutsche Autobahnmaut per Plakette lehne ich ab, da damit diejenigen, die wenig fahren, bestraft werden. Eine Autobahnmaut, geregelt wie die LKW-Maut lehne ich ab, da diese sehr weit in die Freiheitsrechte der Bevölkerung eingreifen würde (Möglichkeit der Erstellung von Bewegungsprofilen). Beide Varianten würden den Verkehr weg von den Autobahnen in die Ort und die Wohngebiete ziehen.
Mit freundlichen Grüßen
Susanna Tausendfreund
Landtagskandidatin und 2. stellvertretende Landrätin des Landkreises München