Frage an Susanna Tausendfreund von Henning L. bezüglich Staat und Verwaltung
Sehr geehrte Frau Abgeordnete,
gem. Art. 65 BayBG kann ein öffentlicher Dienstherrn jeder seiner Mitarbeiter zu einer amtsärztlichen Untersuchung schicken. Die Gründe hierfür sind relativ geringfügig und stehen im freien Ermessen des Vorgesetzten. Aufgrund der Rechtssprechung des BayVGH (z.B. 09.09.2005, 3CS05.1883, 09.02.2006 3CS95.2955 u.a.) ist eine solche Anordnung kein Verwaltungsakt, der selbstständig angefochten werden kann und der betroffene Beamte somit der Willkür seines Dienstherrn ausgesetzt.
Vor dem Hintergrund der zahlreichen Grundrechte, in denen der Beamte verletzt wird durch die Sammlung von höchstpersönlichen Daten (hier Art. 8 Abs. 1 EMRK, Art. 1, 2 GG, Art. 99, 100 BayV) und den immer häufiger auftretenden Konflikten in der Arbeitswelt, vor denen auch der öffentlichen Dienst nicht haltmacht, deshalb meine Frage
1) Sehen Sie an dieser Stelle Handlungsbedarf, die dem betroffenen Beamten eine Handhabe gegen eine solche Datensammelwut öffentlicher Stellen einräumt?
2) Wollen Sie deshalb Art. 65 BayBG dahingehend ändern, dass eine solche Verfügung selbstständig angefochten werden kann?
3) Wenn Sie keinen Änderungsbedarf sehen: wie wollen Sie dann sicher stellen, dass auch Beamte gegen Willkürmassnahmen ihrer Arbeitgeber hinreichend geschützt sind?
Mit freundlichen Grüssen
Henning Lesch
Sehr geehrter Herr Lesch,
vielen Dank für Ihre Anfrage auf Abgeordetenwatch. Grundsätzlich stellen wir die Berechtigung des Dienstherren, eine amtsärztliche Untersuchung anzuordnen nicht in Frage. Oft ist dies der einzige Weg, wie eine besetzte Planstelle im Falle einer Dienstunfähigkeit wieder für neue Bewerber frei gemacht werden kann. Allerdings sehen wir den Umgang mit medizinischen Daten über Versorgungsempfänger an Dritte sehr kritisch. Wir haben dazu einen Gesetzentwurf zur Änderung des Bayerischen Beamtenversorgungsgesetzes eingereicht (Drs. 16/9110). Darin fordern wir, dass sichergestellt werden soll, dass die Versorgungsempfänger darüber informiert werden, wenn ihre Daten weitergeleitet werden. Gleichzeitig soll erreicht werden, dass mit ärztlichen Untersuchungsergebnissen behutsam und datenschutzkonform umgegangen wird. Zusätzlich ist die Untersuchungspflicht Betroffener im Bereich der Unfallfürsorge auf ein verhältnismäßiges Maß zurückzuführen. Die verpflichtend anzuwendenden Heilverfahren sollen begrenzt und damit das Recht der Versorgungsempfänger auf informationelle Selbstbestimmung und körperliche Unversehrtheit gestärkt werden.
Mit freundlichen Grüßen
Susanna Tausendfreund, MdL