Frage an Susanna Tausendfreund von Hasko H. bezüglich Bildung und Erziehung
Sehr geehrte Frau Tausendfreund
als Landtagsabgeordnete meines Wahrkreises möchte ich Ihnen eine Frage zum Schulsystem stellen:
Das so genannte Zentralabitur hat ja in Bayern eine lange Tradition. Ziel ist meines Wissens unter Anderem, für die Bewertung der Leistungen der Abiturienten eine faire, vergleichbare Basis zu schaffen.
Meine beiden Kinder gehen an meinem Wohnort in ein öffentliches Gymnasium, mit dem wir im Allgemeinen recht zufrieden sind. Allerdings fällt mir auf, dass in einem erstaunlichen Umfang Schulstunden ganz ausfallen, dass oft fachfremder Vertretungsunterricht stattfindet oder dass Refrendare ohne Betreuung durch einen qualifizierten Fachlehrer monatelang -- selten aber ein ganzes Schuljahr -- unterrichtet werden.
Freunde und Bekannte versichern mir, dass die Zustände an anderen öffentlichen Gymnasien nicht besser, oft sogar schlechter sind. Es scheint sich also um ein verbreitetes Phänomen im öffentlichen Schulwesen zu handeln.
Läuft diese Praxis nicht dem Ziel der Vergleichbarkeit der Abiturleistungen zuwider? Wie soll ein Schüler, der möglicherweise 10% des geplanten Unterrichts gar nicht erhalten hat, die gleichen Noten erzielen, wie ein Schüler, dessen Unterrichtsstunden nur zu 5% ausgefallen sind? Oder zu 15%?
Für mich wird hier die Idee des Zentralabiturs ad absurdum geführt. Um eine Vergleichbarkeit zu erreichen, muss geplanter Unterricht auch stattfinden. (Abgesehen von der Frage der Gerechtigkeit beim Zentralabitur ist die Frage natürlich vor Allem für die Zukunft des Landes von zentraler Bedeutung.)
Darf ich fragen, wie Sie dazu stehen?
Mit freundlichen Grüßen
Hasko Heinecke
Sehr geehrter Herr Heinecke,
vielen Dank für Ihre Mail vom 05.03.2010. Entschuldigen Sie bitte die späte Antwort auf Ihre Frage. Leider wurde die Mail noch an meine alte Mailadresse weiter geleitet und nicht an die Adresse im Landtag.
Zu Ihrer Frage:
Seit Jahren werden an allen Schulen in Bayern zu große Klassen bemängelt, da es zu wenig Lehrerinnen und Lehrer gibt und es daher zu häufig zu Unterrichtsausfall kommt. Die Bayerische Staatsregierung behautet zwar, dass der Unterrichtsausfall in den vergangenen Jahren zurückgegangen sei, (Quelle: http://www.km.bayern.de/km/unterrichtsversorgung/allgemein/erhebung/ ) allerdings sind die aufgeführten Zahlen nicht korrekt, denn der Druck auf die Schulen ist riesig, bloß keinen ausgefallenen Unterricht zu melden. Die Schulen bekommen so von den schwarzen Peter zugeschoben, selbst wenn nicht besetzte Stellen vernünftige Vertretungsregelungen unmöglich machen. Die Vertretungsreserve reicht leider absolut nicht aus, um den Ausfall tatsächlich komplett abzudecken. Deshalb hat die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in der Vergangenheit eine Aufstockung der mobilen Reserve und eine regelmäßige Bestandsaufnahme gefordert. Wir haben immer wieder betont, dass die Sicherstellung des Lehrangebots ist die zentrale Voraussetzung dafür, dass Schülerinnen und Schüler die vorgegebenen Lernziele erreichen und die notwendigen Bildungsstandards erfüllen können. Deshalb müssen die Erhebungen des Kultusministeriums auch Konsequenzen haben. Eine permanente Vollversorgung muss das Ziel sein, vor allem in den prüfungsrelevanten Fächern.
Ich stimme Ihnen zu, dass der bisherige Zustand dem Ziel der Vergleichbarkeit der Abiturleistungen zuwider läuft. Vorraussetzung hierfür wäre, dass für alle Schülerinnen und Schüler die gleichen qualitativ hochwertigen Rahmenbedingungen bereit gestellt werden. Wenn die Prüfungsaufgaben gleich sind, müssen auch die Vorbereitungen, die jeder Einzelne erhält, gleich sein.
Mit freundlichen Grüßen
Susanna Tausendfreund