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Stephan Thomae
FDP
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Frage von Johannes Georg B. •

Frage an Stephan Thomae von Johannes Georg B. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Thomae,

Sie und Ihre Partei haben für die Zwangsbehandlung von Menschen mit psychiatrischer Diagnose nach Betreuungsrecht gestimmt. Was gedenken Sie und Ihrer Partei zu unternehmen nach dem der der UN-Sonderberichterstatter über Folter, Juan E Méndez, beim UN-Hochkommissariat für Menschenrechte in der 22. Sitzung des “Human Rights Council” am 4. März 2013 erklärt hat dass: “alle Staaten ein absolutes Verbot aller medizinischen nicht einvernehmlichen bzw. Zwangsbehandlungen von Personen mit Behinderungen verhängen sollten, einschließlich der nicht-einvernehmlicher Psychochirurgie, Elektroschocks und Verabreichung bewusstseinsverändernden Drogen, sowohl in lang-wie kurzfristige Anwendung. Die Verpflichtung, erzwungene psychiatrische Behandlung wegen einer Behinderung zu beenden, ist sofort zu verwirklichen und auch knappe finanzielle Ressourcen können keinen Aufschub der Umsetzung rechtfertigen.”

Siehe:
http://mdac.info/sites/mdac.info/files/march_4_torture.pdf (Seite 5)

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Bischoff,

vielen Dank für Ihre Anfrage vom 9. April 2013. Erlauben Sie mir dazu einige Anmerkungen.
I.
Ein absolutes Verbot aller Zwangsbehandlungen würde den Staat in die problematische Lage bringen, dass er seinem Schutzauftrag gegenüber solchen Personen nicht nachkommen kann, die krankheitsbedingt nicht erkennen können, dass sie medizinische Hilfe benötigen. Die für solche Situationen diskutierte Variante, die medizinische Behandlung bis zum Zeitpunkt des rechtfertigenden Notstandes (§ 34 StGB) hinauszuzögern, halte ich für alle Beteiligten nicht zumutbar. Insbesondere kann dadurch nicht ausgeschlossen werden, dass Hilfe für die betroffene Person zu spät kommt.

II.
Zudem hat der Deutsche Bundestag mit dem Gesetz zur Regelung der betreuungsrechtlichen Einwilligung in eine ärztliche Zwangsmaßnahme (BT-Drs. 17/11513) die Rahmenbedingungen geschaffen, damit ärztliche Zwangsmaßnahmen nur noch als ultima ratio zum Schutz des Betroffenen eingesetzt werden dürfen. Nach dem neuen § 1906 Abs. 3 BGB kann ein Betreuer in eine ärztliche Maßnahme, die dem natürlichen Willen des Betreuten widerspricht, nur einwilligen wenn:

1. der Betreute auf Grund einer psychischen Krankheit oder einer geistigen oder seelischen Behinderung die Notwendigkeit der ärztlichen Maßnahme nicht erkennen oder nicht nach dieser Einsicht handeln kann,
2. zuvor versucht wurde, den Betreuten von der Notwendigkeit der ärztlichen Maßnahme zu überzeugen,
3. die ärztliche Zwangsmaßnahme im Rahmen der Unterbringung nach Absatz 1 zum Wohl des Betreuten erforderlich ist, um einen drohenden erheblichen gesundheitlichen Schaden abzuwenden,
4. der erhebliche gesundheitliche Schaden durch keine andere dem Betreuten zumutbare Maßnahme abgewendet werden kann und
5. der zu erwartende Nutzen der ärztlichen Zwangsmaßnahme die zu erwartenden Beeinträchtigungen deutlich überwiegt.

Durch diese hohen Anforderungen stellen wir sicher, dass eine ärztliche Zwangsmaßnahme zum Beispiel nicht mehr zu dem Zweck angewendet werden kann, einen „auffälligen“ Patienten zu beruhigen. Es darf nicht mehr passieren, dass Pfleger aus Überforderung mit einer Situation eine Zwangsmaßnahme anwenden.

Darüber hinaus wird durch das verabschiedete Gesetz das Vier-Augen-Prinzip im Betreuungsrecht gestärkt. Bevor eine Person betreuungsrechtlich untergebracht oder einer ärztlichen Zwangsmaßnahme unterzogen wird, muss ein Gutachten über die Notwendigkeit der Maßnahme eingeholt werden. Dieses Gutachten soll grundsätzlich von einem anderen Arzt als dem behandelnden Arzt erstellt werden. Dadurch werden die Betreuten davor geschützt, auf Grund falscher oder fehlerhafter Beurteilungen ohne weitere Kontrolle einer ihrem Willen widersprechenden Maßnahme ausgesetzt zu sein. Zudem muss nach dem neuen Gesetz immer dann, wenn die Einwilligung eines Betreuers in eine ärztliche Zwangsmaßnahme genehmigt werden soll, ein Verfahrenspfleger bestellt werden. Dieser muss die Rechte des Betreuten wahrnehmen.

Diese strengen materiellen und verfahrensrechtlichen Anforderungen der Gesetzesreform stärken die Selbstbestimmung des Betreuten. Die Neuregelung trägt dazu bei, die gerichtliche Praxis auf eine rechtstaatliche Grundlage zu stellen und stärker zu vereinheitlichen. Dies schafft für alle Beteiligten mehr Transparenz und Rechtssicherheit.

Mit freundlichen Grüßen

Stephan Thomae, MdB

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