Frage an Stephan Thomae von Manfred B. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrter Herr Thomae,
auf meine Frage nach einem Bedingungslosen Grundeinkommen antworteten Sie am 24.11.2010
folgendes:
"Beim Bürgergeld oder Bedingungslosen Grundeinkommen bekommt jemand eine Leistung vom Staat. Im Gegensatz dazu bekommt der Empfänger des Steuerfreibetrages keine staatliche Leistung. Jeder Steuerzahler darf einen Teil dessen, was er verdient hat, behalten, gleichviel, wie hoch sein Einkommen ist"
Mit einigem Abstand muss ich jetzt sagen, dass ich diese Antwort recht seltsam finde, erwecken Sie doch den Eindruck als wäre der Staat irgendeine fremde Institution.
Nach meiner Meinung sind wir, also die Bürger, der Staat. Wir würden also an uns selber ein bedingungsloses Grundeinkommen bezahlen, auch die Wohlhabenden würden an sich selber ein Grundeinkommen bezahlen.
Was kann daran so falsch sein, und wie ist Ihre Definition von "Staat" ?
Desweiteren betonen Sie immer wieder, und ich zitiere aus einer Antwort vom 21.02.2011:
"Es bleibt für mich aber weiter unerklärlich, warum jemand dieses bedingungslose Grundeinkommen erhalten sollte, wenn er selber über ausreichende Einkünfte oder ausreichendes Vermögen verfügt"
Mir ist jetzt folgendes unerklärlich:
Wir haben eine Vielzahl an Steuersparmöglichkeiten von denen Otto Normalverbraucher, Billiglöhner, Leiharbeiter, prekär Beschäftigte nur träumen können, damit Wohlhabende ihre Steuerlast drücken können. Und dies, obwohl dieser Personenkreis doch über ausreichende Einkünfte und Vermögen verfügt.
Diese Steuervergünstigungen bezahlen letztendlich auch der kleine Mann und die kleine Frau, nämlich in Form von entgangenen Steuereinnahmen.
Wenn Sie also schon ein Problem damit haben, dass auch Vermögende ein Grundeinkommen erhalten sollen, warum akzeptieren Sie dann, dass Vermögende auf Kosten der Allgemeinheit ihre Steuerlast drücken können?
Mit freundlichen Grüßen
Manfred Burger
Sehr geehrter Herr Burger,
vielen Dank für Ihre Anfrage vom 23. Januar 2011.
I.
Ein Staat ist die Gesamtheit der Einrichtungen, die dazu dienen, das Zusammenleben der auf einem abgegrenzten Territorium lebenden Menschen mithilfe von Gesetzgebung, Rechtsprechung und vollziehender Gewalt dauerhaft sicherzustellen. In Abgrenzung zu den Bürgern stellt sich für mich die Frage: Welche Aufgaben hat der Staat und wo findet er seine Grenzen? Nach dem Prinzip der sozialen Marktwirtschaft gestaltet der Staat den Rahmen, er gibt damit der Politik die Möglichkeit sich selbst zu regulieren. Nach dem liberalen Grundverständnis setzen wir auf die Leistungsbereitschaft der Menschen und auf einen Staat, der seine Stärke aus der Beschränkung auf seine hoheitlichen Aufgaben schöpft. Wir vertrauen auf die Verantwortungsbereitschaft der Bürgerinnen und Bürger und dass diese selber erkennen, was getan werden muss. Dazu brauchen wir keine bevormundende Staatsbürokratie.
II.
Gemeinsam mit dem leistungsgerechten Bürgergeld folgt dieses Gesamt-Steuer- und Transfersystem durchgehend den Prinzipien der Leistungsgerechtigkeit, Leistungsbelohnung, sozialer Gerechtigkeit und vermeidet Missbrauch zu Lasten der Bürgergemeinschaft. Dabei behalten wir aber auch die Verteilungs- und Belastungsgerechtigkeit im Auge. Wohlhabende und Normalverdiener werden durch das Bürgergeld gleich behandelt. Nach dem FDP-Modell soll ein Bürgergeldanspruch für einen Alleinstehenden ohne Kinder im Bundesdurchschnitt 662 Euro pro Monat betragen. Dieser Betrag entspricht den heutigen durchschnittlichen Ausgaben für Grundleistung, Unterkunft und Heizung eines ALG-II-Empfängers und ist damit finanzierbar.
III.
Auch die Mitglieder der FDP-Bundestagsfraktion diskutieren aktiv über das Thema liberales Bürgergeld. Insbesondere wegen der Komplexität des Themas und der entgegenstehenden Position unseres Koalitionspartners konnten wir bisher noch keinen gemeinsamen Entwurf vorweisen. Ich sehe dem jedoch optimistisch entgegen und hoffe, dass ich Ihnen mit diesen weitergehenden Hinweisen weiter helfen konnte.
Mit freundlichen Grüßen
Stephan Thomae, MdB