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Stephan Thomae
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Frage von Klaus B. •

Frage an Stephan Thomae von Klaus B. bezüglich Soziale Sicherung

Lieber Herr Thomae,

schön, daß sie geantwortet haben. All die Argumente, die gegen ein Bedingungsloses Grundeinkommen sprechen, kenne ich schon. Meine Frage bezieht sich auf ein Argument, daß Sie öfter vorbringen.

Im Petitionsausschuß beanstandeten Sie, daß so ein Grundeinkommen auch an Vermögende gezahlt würde.
http://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2010/31904334_kw45_pa_petitionen

> Aus Sicht des FDP-Abgeordneten Stephan
> Thomae ist es schwer vermittelbar, dass ein solches
> Grundeinkommen auch an Vermögende gezahlt
> werden solle.

In Ihrer Anwort an Herrn Burger schreiben Sie:

> Denn für uns ist es nicht nachzuvollziehen,
> warum derjenige, der ein hinreichendes Vermögen oder
> Einkommen verfügt, Transferleistungen auf Kosten der
> Allgemeinheit beziehen soll.

Meine Frage drehte sich nur (!) um diesen einen Punkt. Also noch mal: Bei den Einnahmen unseres Staates wird bereits die Einkommenssituation zugrunde gelegt. Wer ein hohes Einkommen hat, zahlt normalerweise hohe Steuern und Sozialabgaben. Es fragt sich, nicht nur bei so einem Grundeinkommen, ob und warum bei Ausgaben (Transferleistungen) abermals die Einkommensverhältnisse berücksichtigt werden (müssen). Das ist eine doppelte Buchführung, oder nicht?
Bei dieser doppelten Buchführung sind dann viele Bürger die Angeschissenen, da sie ihre "Bedürftigkeit" ja beweisen müssen und das nicht einmal in ihrem Leben, sondern oft Monat für Monat. Man kann sagen, durch so eine doppelte Buchführung werden viele "Bedürftige" erst geschaffen.

Ihre Befürchtung, daß auch Gutverdiener "Transferleistungen auf Kosten der Allgemeinheit beziehen" hat doch nur einen Sinn, wenn Gutverdiener dieser Allgemeinheit nicht angehören und z.B. keine Steuern zahlen. Dieser eine Grund gegen so ein BGE haut also nicht hin. Deswegen können Sie ja weiterhin dagegen sein, nur wenn man das begründet, sollte es schon nicht so ganz aus der Luft gegriffen sein. Das ist eben meine Frage (siehe 1. Anfrage).

viele Grüße
Klaus Binder

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Binder,

ich komme zurück auf Ihre Nachfrage vom 17. Dezember 2010.

I.

Ein bedingungsloses Grundeinkommen müsste schon seinem Namen nach an alle Menschen gezahlt werden, da es eben unabhängig von der finanziellen Situation des Einzelnen gewährt werden soll. Es bleibt für mich aber weiter unerklärlich, warum jemand dieses bedingungslose Grundeinkommen erhalten sollte, wenn er selber über ausreichende Einkünfte oder ausreichendes Vermögen verfügt. Dies vorweg um zu bekräftigen, dass ich ein bedingungsloses Grundeinkommen nicht unterstütze.

II.

Die FDP setzt sich in ihren steuerpolitischen Vorstellungen für eine widerspruchfreie Verbindung von Steuer- und Sozialsystem ein. Darin liegt die eigentliche Herausforderung an den modernen Sozialstaat. Denn an dieser Stelle erfolgt die entscheidende Weichenstellung. Gelingt es, den Bürgern ein adäquates Nettoeinkommen zu belassen, kann auf Transferleistungen verzichtet werden. Daher wollen wir niedrige Steuersätze einführen. Eine Politik, die es den Menschen erlaubt, von ihrem Einkommen auch noch nach Abzug der Steuern zu leben, kommt auch mit weit weniger Verwaltungsaufwand aus, als das Konzept eines bedingungslosen Grundeinkommens. Bei letzterem müssten neben den staatlichen Einnahmen in Form von Steuern auch die Auszahlung des Grundeinkommens an alle Bürger überwacht werden. Dies würde Verwaltungskosten erzeugen, die auch von den Bürgern zu tragen wären. Bei jedem Umverteilungsmodell sammelt der Staat zunächst aufwändig Steuern ein, pumpt sie durch einen gewaltigen Umverteilungsmechanismus und zahlt dann das, was nach Abzug der Verwaltungskosten noch übrig bleibt, wieder an die Bürger aus.

Ziel liberaler Steuerpolitik ist die konsequente Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit – für mehr Nettoeinkommen. Nicht gesetzliche Mindestlöhne sind die liberale Antwort auf die Frage, wie soziale Gerechtigkeit zu erreichen ist – sondern ein existenzsicherndes Mindesteinkommen. Die FDP schlägt hierfür das leistungsgerechte Bürgergeld vor, das als negative Steuer ins Steuersystem integriert wird. Dieses Gesamt-Steuer-und-Transfersystem folgt durchgehend den Prinzipien der Leistungsgerechtigkeit und Leistungsbelohnung, es vermeidet Missbrauch zu Lasten der Bürgergemeinschaft. Als bedingtes Grundeinkommen, das Bedürftigkeit voraussetzt und Leistungsbereitschaft fordert, unterscheidet es sich von anderen Bürgergeldkonzepten, wie insbesondere dem leistungsfeindlichen und unfinanzierbaren bedingungslosen Grundeinkommen.

Nach dem Konzept der FDP werden je nach Höhe des Einkommens Sozialversicherungsabgaben und gegebenenfalls auch Steuern fällig. Darum braucht der Bürger sich aber nach unseren Vorstellungen nicht zu kümmern. Das Finanzamt soll bei der Berechnung des Auszahlungsanspruches, gegebenenfalls in Zusammenarbeit mit den Kommunen, alle erforderlichen Prüfungen vornehmen. Der FDP-Vorschlag schafft damit einen widerspruchsfreien gleitenden Übergang von - aus Sicht des Bürgers - positiven zu negativen Transferzahlungen. Wer ein zur Existenzsicherung nicht ausreichendes eigenes Einkommen erzielt, erhält Bürgergeld. Weil dieses Bürgergeld ein Zahlungsanspruch des Bürgers gegen den Staat ist, versteht die FDP dies im steuertechnischen Sinne als „negative Einkommensteuer“. Ein Bürger, der mehr als das zur Existenzsicherung notwendige Einkommen erzielt, gibt einen moderaten Teil davon an den Fiskus ab. Bei Verwirklichung des FDP-Konzepts zahlt er dann eine gerechte Steuer.

Mit freundlichen Grüßen

Stephan Thomae, MdB

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