Frage an Stephan Thomae von Holger K. bezüglich Familie
Sehr geehrter Herr Thomae,
ich zitiere aus Ihrer Anwort an Herrn Klinke:
"Darüber hinaus ist für verheiratete Eltern unter den Voraussetzungen des § 1671 BGB bereits jetzt die Möglichkeit gegeben, das alleinige Sorgerecht beim zuständigen Familiengericht zu beantragen. Diese Regelung muss künftig auch für ledige Eltern Geltung haben. Die Entscheidungen des Familiengerichts müssen sich dabei immer am Wohl des Kindes orientieren. Vor diesem Hintergrund halte ich ein von vorn herein gegebenes Vetorecht des ledigen Vaters für nicht erforderlich. Vielmehr kann er den Antrag nach § 1671 BGB stellen, wenn er die Voraussetzungen hierfür als erfüllt erachtet."
Warum soll eine Mutter ein vorgelagertes Widerspruchsrecht erhalten? Sie könnte ebenso den Antrag nach § 1671 BGB stellen. Macht ein Widerspruchsrecht überhaupt Sinn, da doch sowohl dieser als auch ein Sorgeantrag zwingend erst nach der Geburt erklärt und begründet werden kann?
Soll diese Differenzierung (=Diskriminierung) bedeuten, dass unterschiedliche Voraussetzungen an Widerspruch und Sorgeantrag nach § 1671 BGB geknüpft werden?
Soll dadurch der Mutter ein unter den Voraussetzungen des § 1671 BGB liegendes Vetorecht eingeräumt werden, obschon selbst für einen Antrag nach § 1671 BGB schon die Behauptung oder Inszenierung von Zerstrittenheit unter den Eltern reicht, sodass in aller Regel die Mütter das Sorgerecht allein erhalten?
Werden die Ergebnisse der Studie des DJI mit die gesetzliche Neuregelung eingehen? Ich frage dies, weil das BVerfG bereits festgestellt hat, dass die Entscheidung zur Verweigerung der Sorgeerklärung durch Mütter meistens nicht aus Gründen des Kindeswohls sondern persönlichen Überlegungen bedingt ist. Müsste man dann nicht eine Darlegungs- und Beweislastregel einführen, wonach Mütter die von ihnen behauptete Schädlichkeit beweisen müssen statt Vätern die Beweislast für eine Kindeswohlentsprechung aufzuerlegen?
Mit freundlichen Grüßen
Holger Krehl
Sehr geehrter Herr Krehl,
vielen Dank für Ihre Anfrage vom 24. September 2010. Erlauben Sie mir dazu einige Anmerkungen.
I.
Die FDP setzt sich bei der Neuregelung des Sorgerechts für außerehelich geborene Kinder für die Widerspruchslösung ein, die ich bereits in meiner ersten Antwort an Herrn Klinke dargestellt habe. Nach unseren Vorstellungen soll die Mutter ein Widerspruchsrecht gegen das gemeinsame Sorgerecht haben. Über den Widerspruch entscheidet dann das Familiengericht am Maßstab des Kindeswohls.
II.
Eine Sorgeerklärung kann nach § 1626b Abs. 2 BGB schon vor der Geburt des Kindes abgegeben werden. Beim Widerspruchsrecht der Mutter im Rahmen der Widerspruchslösung geht es um die Frage, ob der Vater überhaupt den Zugang zum Sorgerecht erhält. Hier sind durchaus Konstellationen denkbar, in denen die Mutter ein berechtigtes Interesse hat, den Vater aus Gründen des Kindeswohls vom Sorgerecht auszuschließen.
Der Antrag nach § 1671 BGB setzt voraus, dass beide Eltern bereits das gemeinsame Sorgerecht haben. Insofern stehen der Antrag nach § 1671 BGB und der Widerspruch der Mutter im Rahmen der Widerspruchslösung unter unterschiedlichen Voraussetzungen. Diese Differenzierung stellt jedoch keine Diskriminierung dar. Zum einen geht es hier um unterschiedliche Situationen. Zum anderen muss sich die jeweiligen Entscheidung immer am Wohl des Kindes orientieren.
Ich hoffe, Ihnen mit diesen Ausführungen behilflich gewesen zu sein und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
Stephan Thomae, MdB