Frage an Stephan Schmidt von Christoph S. bezüglich Raumordnung, Bau- und Wohnungswesen
Sind nun die Bezirke oder Zentral-Berlin zuständig, wenn neue Wohnungsbauprojekte gegen die Forderungen der Anwohner durchgesetzt werden sollen? Oder ist das unsicher und jedes Mal anders?
Sehr geehrter Herr Strebel,
die Frage der Zuständigkeiten im Land Berlin ist manchmal nicht ganz einfach zu durchschauen, ich habe deshalb viel Verständnis für Ihre Frage. Grundsätzlich liegt das daran, dass die Stadt natürlich immer als „Einheitsgemeinde“ also als Ganzes betrachtet werden muss, die Aufteilung in 12 Verwaltungsbezirke aber bei der Größe Berlins durchaus auch als notwendig betrachtet werden muss.
Bei Wohnungsbauprojekten ist zunächst die Frage, ob dies an der geplanten Stelle nach dem Flächennutzungsplan (FNP) möglich ist, also ob das betreffende Areal als Wohngebiet oder Wohnungsbaugebiet ausgewiesen ist. Müsste der FNP geändert werden, kann dies nur durch das Berliner Abgeordnetenhaus als Gesetzgeber geschehen.
Die nächste Frage ist, ob der örtliche Bebauungsplan die geplante Bebauung zulässt, oder ob dieser geändert werden müsste. Dies geschieht durch das Bezirksamt, benötigt aber die Zustimmung der Bezirksverordnetenversammlung (BVV). In beiden Verfahren – Bebauungsplan- und FNP-Änderung – gehören selbstverständlich eine Bürger- und Trägerbeteiligung zu den durchzuführenden Schritten. Wenn also Anwohner etwas gegen diese Bebauung unternehmen wollen, ist hier die richtige Stelle dafür – bei FNP-Frage über den Senat, bei Bebauungsplänen in der Regel über das Bezirksamt. Letztlich kann gegen die Festsetzung natürlich auch der Rechtsweg beschritten werden.
Sollten beide Planungsvoraussetzungen auch ohne Änderungen gegeben sein, sind durch das Bezirksamt Auswirkungen auf die örtliche Infrastruktur von Verkehrsfragen bis hin zu Schulen und Kitas zu prüfen und ggf. könnten mittels eines städtebaulichen Vertrages zwischen Bezirk und Investor Randprobleme gelöst werden.
Grundsätzlich besteht aber in einem Bereich, der für den Wohnungsbau ausgewiesen ist, ein Rechtsanspruch darauf, diesen auch wahrnehmen zu können. Wie gesagt, unter zu vereinbarenden Randbedingungen.
Eine letzte Ausnahme besteht für Projekte, die vom Senat als „von gesamtstädtischer Bedeutung“ eingeschätzt werden. Für diese kann dieser die Zuständigkeit auch an sich ziehen. Der Bezirk ist dann weitestgehend außen vor. Adressat für Anwohnerbeschwerden wäre dann wieder der Senat.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen die Problematik verdeutlichen. Wenn es Ihnen um ein konkretes Projekt geht, müsste also immer erst im Einzelfall geprüft werden, wo Anwohnerbeschwerden sinnvollerweise anzubringen wären.
Ich bedanke mich für Ihre Frage und bitte um Entschuldigung, dass diese meiner Aufmerksamkeit bislang entgangen war.
Mit freundlichen Grüßen
Stephan Schmidt, MdA