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Stephan Rauhut
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Frage von Oliver H. •

Frage an Stephan Rauhut von Oliver H. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Guten Tag, Herr Rauhut!

Ein Grundpfeiler der Demokratie ist das Recht, sich auf frei gewählte Art und Weise zu informieren. Dem gegenüber steht ein Geflecht aus Medienkonzernen, welche von jedem Wohnenden zwangsfinanziert werden.
Obgleich immer wieder die angebliche Unabhängigkeit der "öffentlich-rechtlichen" Sendeanstalten behauptet wird, sind es doch maßgeblich Politiker und Interessenverbände, welche diese lenken. Beispielsweise enthält die Zusammensetzung des Fernsehrates des ZDF https://www.zdf.de/zdfunternehmen/zdf-fernsehrat-mitglieder-entsendende-organisationen-100.html "nur noch" ganze 20 Politiker, nachdem mit einiger Verspätung den Bundesverfassungsgerichtsurteilen 1 BvF 1/11 und 1 BvF 4/11 nachgekommen wurde.
Die "Beitrag" genannte Abgabe wird von Fachleuten als steuerartig eingestuft und ist nicht allein deswegen juristisch sehr umstritten. Für die Eintreibung der Gebühr wurden Datenabgleiche mit den Einwohnermeldeämtern veranlasst, deren Umfang beispiellos ist und datenschutzrechtlich extrem bedenklich. Die Frage, ob die "Öffentlich-Rechtlichen" nun Staatssender sind oder nicht, wird stets danach beantwortet, wie es diesen Sendern gerade in den Kram passt.
Wie Sie sehen, gehört das Thema daher in viele Bereiche und ist von grundliegender Bedeutung. Daher meine Frage, welche konkreten Ideen und Maßnahmen Sie zur Reform oder Abschaffung dieses auf verschiedensten Ebenen unhaltbaren Rundfunksystems haben oder planen.

Mit freundlichen Grüßen
O. H. H., Kiezredakteur

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr H.,

haben Sie zunächst vielen Dank für Ihre Frage. Ich möchte versuchen alle von Ihnen aufgeworfenen Aspekte der Thematik zu beantworten. Bitte zögern Sie aber nicht, nötigenfalls nochmal persönlich ( steve.rauhut@dielinke.berlin ) nachzuhaken. Was die Unabhängigkeit der Räte betrifft, so halten wir die rechtliche und institutionelle Aufstellung der Räte für grundsätzlich hinreichend, um die Unabhängigkeit der öffentlichen Medien weitestgehend zu gewährleisten. Das schließt nicht vollends aus, dass es wie im Falle des mutmaßlichen Seehoferschen Einflussnahmeversuchs ( http://www.sueddeutsche.de/bayern/anruf-beim-zdf-csu-wollte-bericht-ueber-spd-parteitag-verhindern-1.1504207 ) auch in diesem Bereich zu Problemen kommen kann. Das Grundrecht auf Informationsfreiheit wird durch die Zusammensetzung der Räte zwar berührt, jedoch bestehen seit der von Ihnen zitierten verfassungsrichterlichen Rechtsprechung aus unserer Sicht keine Mängel bei der juristischen Ausgestaltung der Räte. Problematischer als die Einflussnahmegefahr durch staatsnahe Vertreter erachten wir diesbezüglich vor allem die Besetzung der Räte in punkto Diversität und Abbildung verschiedenster Ziel- und Bevölkerungsgruppen. Dass in Berlin-Brandenburg beim RBB beispielsweise immernoch für einen Ratsplatz für Menschen mit Behinderungen getritten werden muss, ist aus unserer Sicht skandalös.

Was die Erhebung der Beiträge betrifft, weisen diese, wie Sie ja auch kommentieren, erhebliche Probleme auf. Wir erachten es seit jeher für datenschutzrechtlich bedenklich und unnötig einen Meldedatenabgleich durchzuführen. Diese Befugnisse wollen wir reduzieren. Zudem, und das ist ein weiteres Problem, sind die Beiträge sehr hoch. Es wäre ein wichtiges sozialstaatliches und solidarisches Zeichen, wenn für Geringverdiener, Studierende oder Bezieher von Niedrigrenten mithilfe der Festlegung von Ausnahmetatbeständen die Beiträge ausgesetzt werden und das bisher zu viel Gezahlte zurückzuerstattet wird. Ebenso ist der Nachteilsausgleich für Menschen mit Behinderungen wieder einzuführen. Denn hier haben wir auch ein Problem mit der Informationsfreiheit.

Ich hoffe, ich konnte Ihnen zufriedenstellend antworten. Bitte zögern Sie nicht, nochmals nachzufragen.

Mit freundlichen Grüßen

Steve Rauhut