Frage an Stephan Kühn von Mathias T. bezüglich Verkehr
Sehr geehrter Herr Kühn,
die Verkehrsteilnehmer haben die gleichen Rechte im Straßenverkehr. Zunehmend erlebe ich in meiner Heimatstadt Dresden das rücksichtslosere Verhalten gegenüber den vermeintlich schwächeren Verkehrsteilnehmern, aber auch anderen Verkehrsteilnehmern.
Welche Möglichkeiten sehen Sie, besonders rücksichtslose Verkehrsteilnehmer unverzüglich und auf längere Zeit vom Straßenverkehr auszuschließen? Je nach der Schwere der Rücksichtslosigkeit, sollte von gering 1/2 Jahr, mittelschwer 1 und 1/2, schwer 3 Jahre als Mindestzeit und besonders schwer lebenslanger Fahrerlaubnisentzug.
Mich würde auch interessieren, ob die Gesetzesänderung kurzfristig beschlossen weder kann?
Mit freundlichen Grüßen
M. T.
Sehr geehrter Herr T.,
herzlichen Dank für Ihre Frage zum Schutz vor rücksichtslosem Fahrverhalten, insbesondere durch Entzug der Fahrerlaubnis. Die Gemengelage ist recht komplex daher möchte ich Ihnen einen kurzen Einblick in die verschiedenen Ebenen geben.
Derzeit besteht bereits die Möglichkeit durch richterliche Anordnung oder die Verkehrsbehörde die Fahrerlaubnis zwischen 3 Monaten und lebenslang zu entziehen, wenn der Betroffene durch sein Verhalten begründeten Anlass zur Annahme gibt, dass die Kraftfahreignung nicht mehr vorhanden ist, z.B. durch Straftaten oder Fahren unter Alkoholeinfluss oder durch Eintragung ins Punkteregister.
Rücksichtsloses Verhalten ist jedoch nicht automatisch strafbar, sondern insbesondere im Fall von Nötigung § 240 StGB oder durch Gefährdung des Straßenverkehrs § 315c StGB. Dies muss jedoch durch ein Gericht bestätigt werden. Entsprechend kann man nicht von einem unverzüglichen Ausschluss vom Straßenverkehr sprechen. Nur wenn dringende Gründe vorhanden sind, dass dem Beschuldigten im anhängigen Strafverfahren die Fahrerlaubnis entzogen wird, kann das Gericht die Fahrerlaubnis bereits vorläufig entziehen. Daher ist entscheidend auf welches konkretes rücksichtsloses Verhalten Sie sich beziehen.
Bundesebene
Erst im Sommer hat der Bundestag auf eine Bundesratsinitiative hin eine Verschärfung des sogenannten Raser-Paragraphen § 315c StGB auf den Weg gebracht. Diese befasste sich allerdings lediglich mit illegalen Autorennen und ging uns Grünen nicht weit genug. Mit einen Bundestagsantrag http://dipbt.bundestag.de/doc/btd/18/125/1812558.pdf forderten wir folgende Verschärfung der gesetzlichen Regelungen zur Verbesserung der Verkehrssicherheit:
• Strafandrohung für die Gefährdung von Leib und Leben anderer Menschen durch grob verkehrswidriges und rücksichtsloses zu schnelles Fahren
• Verschärfte Strafandrohung in Fällen, bei denen durch die Tat wenigstens fahrlässig oder leichtfertig der Tod eines anderen Menschen oder eine schwere Gesundheitsschädigung anderer Menschen verursacht wird
• Höhere Bußgelder für „einfaches“ zu schnelles Fahren wie in den anderen europäischen Ländern
• Fahrverbote bis 12 Monate und Einziehung von Tatfahrzeugen
Landesebene – Sachsen
Gesetzliche Regelungen allein reichen nicht. Es braucht auch Polizei auf den Straßen, um die Geschwindigkeitsübertretung auch festzustellen und ahnden zu können. Hier hat die Grüne Landtagsfraktion eine Kehrtwende bei der Polizeireform gefordert http://edas.landtag.sachsen.de/viewer.aspx?dok_nr=11182&dok_art=Drs&leg_per=6 . Nicht nur zugunsten der Verkehrssicherheit, aber auch.
Stadtebene – Dresden
Ferner ist das Ziel der Rot-Grün-Roten Kooperation im Dresdner Stadtrat die Verkehrssicherheit in Dresden für die sogenannten „schwächeren“ Verkehrsteilnehmer deutlich zu erhöhen. Hier nur ein Auszug aus dem bisher erreichten:
Die Augustusbrücke wird nach der Sanierung autofrei sein und damit fußgänger- und fahrradfreundlich Altstadt und Neustadt verbinden. 2016 hat der Stadtrat eine stadtteilverträgliche Sanierung der Königsbrücker Straße beschlossen, mit breiteren Fußwegen, durchgängige Radwegen, sichere Straßenquerungen und Vorfahrt für die Straßenbahnen geben.
Der Stadtrat hat 2017 endlich ein Radverkehrskonzept verabschiedet. Darin enthalten sind über 500 konkrete Maßnahmen, die eine jahrzehntelange Benachteiligung von mit dem Rad fahrenden Menschen endlich beenden und deren Sicherheit erhöhen sollen. Die Verkehrssicherheit für Radfahrer wird gestärkt, indem zum Beispiel das Parken unter dem Blauen Wunder nicht mehr erlaubt ist und keine Autos mehr den Elberadweg am Schillerplatz kreuzen. Die Verwaltung wurde beauftragt, den Winterdienst auch für Radwege sicherzustellen. Auch für den Fußwegeausbau steht seit 2017 deutlich mehr Geld zur Verfügung. 2,5 Mio. € pro Jahr sollen dazu genutzt werden, Fußwege zu sanieren und barrierefrei zu gestalten.
Die Grüne Stadtratsfraktion hat konkrete Vorschläge für Zebrastreifen und Tempo-30-Zonen eingebracht. Dadurch sind 16 neue Tempo 30-Zonen vor Schulen, Kitas und Altenheimen entstanden. Sichere Schulwege sind uns dabei ein besonderes Anliegen. In Pieschen wurde 2017 der erste gemeinsame öffentliche Verkehrsraum eröffnet, bei dem sich Fußgänger, Radfahrer und Autofahrer gleichberechtigt bewegen (Shared Space Modellprojekt).
Ich hoffe ich konnte Ihre Fragen beantworten. Sollten Sie weitere Anregungen haben, stehe ich Ihnen auch in einem persönlichen Gespräch gern zur Verfügung!
Mit freundlichen Grüßen
Stephan Küh