Frage an Stephan Kühn von Maike S. bezüglich Verkehr
Als fachpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion:
1. Im Wahlprogramm der Grünen steht, dass die Verkehrsinfrastruktur als Daseinsfürsorge nicht privatisiert werden darf. Nicht durch ÖPP und nicht durch die Bundesfernstraßengesellschaft. Wo sehen die Grünen da die Gefahren, insbesondere bei der beschlossenen Bundesfernstraßengesellschaft?
2. Die Grünen wollen, dass Lkw ab 3,5 auf allen Bundes- und Landesstraßen Maut zahlen, weil dies verursachergerecht ist. Was soll mit den Einnahmen geschehen? Soll ein Kreislauf entstehen (Straße finanziert Straße)? Und wäre es nicht gerechter, wer viel fährt, soll auch viel zahlen und damit die Mehrwertsteuer auf Benzin/Diesel die gerechtere Steuer?
Sehr geehrte Frau S.,
vielen Dank für Ihre Anfrage.
Als verkehrspolitischer Sprecher der Grünen Bundestagsfraktion möchte ich Ihnen wie folgt antworten:
Öffentliche Infrastruktur, die zudem der Daseinsvorsorge dient, darf nicht für das Renditestreben privater Investoren missbraucht werden. Welche Gefahren sich aus einer Privatisierung öffentlicher Infrastruktur ergeben können, zeigt gerade das Desaster bei der A 1 in Niedersachsen. Die ÖPP-Betreibergesellschaft ist nicht in der Lage, das Verkehrsmengenrisiko zu tragen und verklagt kurzerhand den Bund auf Zahlung hoher dreistelliger Millionenbeträge, um seine Renditeerwartungen weiterhin befriedigen zu können. Jedem muss an diesem Beispiel klar werden, welche Risiken mit ÖPP-Modellen verbunden sind und dass öffentliche Infrastruktur daher nicht in private Hände gehört.
Unsere Haltung ist eindeutig: Wir Grüne kämpfen weiter gegen die Privatisierung der Autobahnen. Für eine zukunftstaugliche Verkehrspolitik brauchen wir dauerhaft die demokratische Kontrolle über unsere Infrastruktur.
Die Erhöhung der Lkw-Maut ist ein erster Schritt auf dem Weg zu mehr Wettbewerbsgerechtigkeit zwischen den Verkehrsträgern. Wir werden uns weiter dafür einsetzen, dass bei der Wegekostenberechnung stärker als bisher Umweltfolgekosten (z. B. durch den Klimawandel) miteinbezogen werden. Unsere Fraktion hat eine Ausweitung der Lkw-Maut sowohl auf alle Bundesstraßen - ab 2018 - als auch auf Fahrzeuge zwischen 3,5 und 7,5 Tonnen begrüßt. Letztere Maßnahme steht noch aus. Wir sind für eine Gleichbehandlung der Nutzer der Straßen im Güterverkehr.
Geschlossene Finanzierungskreisläufe („Straße finanziert Straße“) lehnen wir ab; über die Verwendung der Mautmittel muss stattdessen nach verkehrspolitischer Schwerpunktsetzung entschieden werden. Wir wollen die Mauteinnahmen für den Erhalt der Straßeninfrastruktur einsetzen. Darüber hinaus muss damit auch der Ausbau des Schienen- und Wasserstraßennetzes vorangetrieben werden, um so die notwendige Infrastruktur für die Verkehrswende zu schaffen.
Mit freundlichen Grüße
Stephan Kühn