Frage an Stephan Kühn von Peter L. bezüglich Verkehr
Sehr geehrter Herr Kühn,
wie stehen Sie und ihre Partei zur geplanten Privatisierung von Autobahnen, Fernstraßen und anderer öffentliche Infrastruktur?
Die große Koalition möchte das Grundgesetz ändern lassen, um Autobahnen, Fernstraßen und möglicherweise auch andere öffentliche Infrastruktur in eine Betreibergesellschaft zu überführen, an der sich private Investoren wie Banken, Fonds, Versicherungen usw. in Form einer Öffentlich-Privaten Partenerschft (ÖPP) beteiligen können. Laut den Plänen der Parteispitze von CDU/CSU und SPD sollen private Investoren Autobahnen, Fernstraßen und weitere öffentliche Infrastruktur betreiben dürfen und im Gegenzug Gebühren (z.B. Maut) verlangen können.
Die Probleme dabei sind, dass die Form der Beteiligungsgesellschaft eine demokratische Kontrolle verhindert, und dass der Bund komplett für mögliche Schulden haften soll.
Da private Investoren in der Regel möglichst großen Gewinn machen wollen, würde dies für uns Bürger deutlich teurer werden. Beispiele aus anderen Ländern zeigen, dass es bei einer teilweisen o. völlige Privatisierung von öffentlicher Infrastruktur und Daseinsvorsorge deutlich teurer für die Bürger wird, obwohl sich die Qualität der erbrachten (Dienst-)Leistungen oft sogar verschlechtert.
Bitte sorgen Sie dafür, dass alle Bundesrats-Abgeordneten von Bündnis 90/Die Grünen die Grundgesetzänderung ablehnen.
Bündnis 90/Die Grünen haben die Möglichkeit, die Autobahnprivatisierung im Bundesrat zu verhindern. Einige in ihrer Parteiführung scheinen aber vor dem nächsten Parteitag vollendete Tatsachen schaffen zu wollen, weil sie wissen, dass die Parteibasis die Privatisierung zum Großteil ablehnt.
Sollten Bündnis 90/Die Grünen den Grundgesetzänderungen zustimmen, würde die Partei dies sicher viele Stimmen bei der Bundestagswahl kosten. Ich habe mich mit vielen Grünen-Wähler unterhalten, diese lehnten die oben genannten Privatisierungspläne zu über 90 % ab.
Mit freundlichen Grüßen,
Peter Lachmann
Sehr geehrter Herr Lachmann,
vielen Dank für Ihre Fragen vom 31. Mai 2017.
Wir haben die Privatisierung der Autobahnen abgelehnt und mit Nein gestimmt.
Unser Fraktionsvorsitzender Toni Hofreiter hat selbst am Protest gegen die Autobahnprivatisierung teilgenommen.
http://www.keine-autobahnprivatisierung.de/bundesweite-aktionstage-2017/
Und das vielleicht Wichtigste, hier finden Sie das Ergebnis zu den beiden namentlichen Abstimmungen über die Grundgesetzänderungen zur Einrichtung der Autobahngesellschaft:
http://www.bundestag.de/parlament/plenum/abstimmung/abstimmung?id=478 (Art. 90 GG)
http://www.bundestag.de/parlament/plenum/abstimmung/abstimmung?id=473 (Art. 143e GG)
Sie sehen, die Grüne Fraktion hat mit Nein gestimmt, es gab nur eine Enthaltung bei der Abstimmung zu Art. 90 GG.
Wir haben zudem einen eigenen Vorschlag für das Grundgesetz eingebracht, um die Möglichkeit für Privatisierungen dauerhaft und rechtssicher auszuschließen.
Insgesamt gab es aber 13 (!) Grundgesetzänderungen bei den Bund-Länder-Finanzbeziehungen, von denen wir 9 zugestimmt haben (u.a. Auflockern des Kooperationsverbotes, Stärkung der Steuerverwaltung gegen Steuerhinterziehung, Hilfen für Bremen und Saarland etc.) und 4 abgelehnt (u.a. die Autobahngesellschaft) haben. Daher haben wir uns in der Schlussabstimmung enthalten, um diesen differenzierten Einzelabstimmungen Rechnung zu tragen. Unsere Haltung ist eindeutig: Wir kämpfen weiter gegen die Privatisierung der Autobahnen. Für eine zukunftstaugliche Verkehrspolitik brauchen wir die demokratische Kontrolle über unsere Infrastruktur.
Beste Grüße
Stephan Kühn