Frage an Steffen Bilger von Timo W. bezüglich Verkehr
Guten Tag Herr Bilger,
mich würde im Zusammenhang mit dem aktuellen Gesetzesentwurf zur sog. WLAN-Störerhaftung ihr Standpunkt interessieren. In den letzten ca. 1,5 Jahren hat sich in der Region ein aktives sog. Freifunk netz entwickelt das überwiegend durch Privatpersonen betrieben wird und unter Anderem einen kostenlosen Internetzugang für Nutzer in Reichweite ermöglicht. Durch den aktuellen Gesetzesentwurf würde hier Rechtsunsicherheit geschaffen, im speziellen für private Anbieter solcher Netze.
In anderen Ländern der EU sind kostenlose W-Lan Hotspots durch Privatpersonen gang und gäbe, in Deutschland sind diese jedoch eher selten anzutreffen, da es keine klaren Regelungen und Gesetze für die privaten Anbieter dieser Hotspots gibt.
Ich würde mich freuen, wenn sie in ihrere Position als Mitglied des Verkehrs und digitale Infrastruktur Ausschusses hier eine klare Position zur Stärkung der Rechte insbesonders privater Anbieter beziehen würden.
Sehr geehrter Herr Witte,
vielen Dank für Ihre Mail zur WLAN-Störerhaftung!
Im Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD ist zu diesem Thema folgendes vereinbart worden: „Die Potenziale von lokalen Funknetzen (WLAN) als Zugang zum Internet im öffentlichen Raum müssen ausgeschöpft werden. Wir wollen, dass in deutschen Städten mobiles Internet über WLAN für jeden verfügbar ist. Wir werden die gesetzlichen Grundlagen für die Nutzung dieser offenen Netze und deren Anbieter schaffen. Rechtssicherheit für WLAN-Betreiber ist dringend geboten, etwa durch Klarstellung der Haftungsregelungen (Analog zu Accessprovidern). Gleichzeitig werden wir die Verbraucherinnen und Verbraucher über die Gefahren solcher Netze für sensible Daten aufklären.“
Die Digitale Agenda der Bundesregierung vom September 2014 sieht in diesem Zusammenhang vor: „Wir werden die Verbreitung und Verfügbarkeit von mobilem Internet über WLAN verbessern. Dabei werden wir darauf achten, dass die IT-Sicherheit gewahrt bleibt und keine neuen Einfallstore für anonyme Kriminalität entstehen. Daher werden wir Rechtssicherheit für die Anbieter solcher WLANs im öffentlichen Bereich, beispielsweise Flughäfen, Hotels, Cafés, schaffen. Diese sollen grundsätzlich nicht für Rechtsverletzungen ihrer Kunden haften.“
Vor diesem Hintergrund hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie einen Referentenentwurf vorgelegt. Nach diesem Entwurf sollen künftig Diensteanbieter, die einen WLAN-Zugang anlässlich einer geschäftsmäßigen Tätigkeit oder als öffentliche Einrichtung zur Verfügung stellen, dann nicht als Störer auf Unterlassen haften, wenn sie zumutbare Maßnahmen ergriffen haben, um eine Rechtsverletzung durch Dritte zu verhindern. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn sie angemessene Sicherungsmaßnahmen, in der Regel durch Verschlüsselung oder vergleichbare Maßnahmen, gegen den unberechtigten Zugriff auf den Internetzugang mittels WLAN durch außenstehende Dritte vorgenommen haben und Zugang zum Internet nur dem Nutzer gewährt wurde, der eingewilligt hat, im Rahmen der Nutzung keine Rechtsverletzungen zu begehen. Alle anderen, insbesondere aber private Anbieter, die ihren WLAN-Zugang Dritten zur Verfügung stellen, haften nur dann nicht als Störer auf Unterlassen, wenn sie zusätzlich den Namen des Nutzers kennen.
Diese Unterscheidung ist nach Auffassung der CDU/CSU-Bundestagsfraktion aus Gründen der IT-Sicherheit als auch aus Gründen der Verhinderung anonymer Kriminalität im Internet sinnvoll. Denn die Möglichkeit, dass ein Nutzer im geschützten Bereich bzw. in Privaträumen unbemerkt Straftaten wie das Herunterladen von Kinderpornographie oder Urheberrechtsverletzungen begeht, ist erheblich größer als im öffentlichen Raum. Dort muss er stets damit rechnen, vom Diensteanbieter oder anderen Personen beobachtet bzw. entdeckt zu werden.
Ein geschäftsmäßig handelnder Diensteanbieter hat zudem grundsätzlich die Möglichkeit (und auch die Pflicht), einem Nutzer, der entgegen seiner Zusicherung rechtswidrige Handlungen begeht, die weitere Nutzung des WLAN zu untersagen. Eine namentliche Kenntnis des Nutzers ist daher verzichtbar. Hierdurch wird dem Interesse des Nutzers am Schutz seiner personenbezogenen Daten Rechnung getragen und eine praktikable Handhabung ermöglicht.
Demgegenüber soll der private Anschlussinhaber nur dem oder den Nutzern sein WLAN überlassen, die er kennt, beispielsweise den Nachbarn. Er haftet folglich dann nicht als Störer, wenn er darlegen kann, dass er nur denjenigen Nutzern sein WLAN zur Verfügung gestellt hat, die er zumindest namentlich kennt.
Wir schaffen damit unter Einhaltung einfacher, praktikabler und verhältnismäßiger Sicherungspflichten endlich Rechtssicherheit für WLAN-Betreiber, die bisher als sogenannte Störer Gefahr liefen, für rechtswidrige Handlungen ihrer Nutzer im Internet zu haften. Dies ist das Ziel des vorliegenden Referentenentwurfs, mit dem wir nicht nur zu einer weiteren Verbreitung von WLAN-Netzen beitragen, sondern einen Beitrag zur digitalen Teilhabe und zur flächendeckenden Breitbandversorgung leisten.
Um es noch einmal klarzustellen: Auch die CDU/CSU-Bundestagsfraktion will mehr WLANs in Deutschland und auch deren Nutzung durch Dritte weiterhin ermöglichen. Wir wollen dies allerdings nicht um jeden Preis. Eine Klarstellung der Haftungsregelungen, wie im Koalitionsvertrag festgehalten, bedeutet aus unserer Sicht jedenfalls nicht automatisch eine Freistellung von jeglicher Haftung. Auch hier gilt insofern das Sprichwort „Eigentum verpflichtet“. Es verlangt auch in diesem Fall einen verantwortungsvollen und sorgfältigen Umgang mit dem eigenen WLAN-Zugang. Wir wollen diesen sorgfältigen Umgang sicherstellen und diejenigen „belohnen“, das heißt von der Störerhaftung befreien, die ein entsprechendes Verhalten an den Tag legen.
Daneben weisen wir darauf hin, dass mit den mobilen Breitbandangeboten der Mobilfunknetzbetreiber auf Basis der LTE-Technologie ein leistungsfähiges, weitgehend flächendeckendes und im Verhältnis kostengünstiges Alternativangebot zu WLAN-Hotspots existiert. Was spricht dagegen, so fragen wir, dieses Angebot zu nutzen? Muss denn immer alles umsonst sein? Soll sich denn immer die Trittbrettfahrer-Mentalität durchsetzen? Wir finden, dass das nicht sein muss!
Gleichwohl ist hier das letzte Wort noch nicht gesprochen und wir sind offen für Verbesserungsvorschläge! Aufgrund europäischer Vorschriften ist vor einer Kabinettsbefassung eine Notifizierung des Referentenentwurfs bei der Europäischen Kommission erforderlich, so dass mit einem Kabinettsbeschluss nicht vor Juli/August 2015 zu rechnen sein wird. Im anschließenden parlamentarischen Verfahren werden wir den Referentenentwurf noch einmal genau unter die Lupe nehmen. Dann werden wir ja sehen, wie gehaltvoll der vorliegende Referentenentwurf ist. Sie können davon ausgehen, dass wir ein offenes Ohr für sinnvolle Verbesserungsvorschläge haben werden.
Wenn Sie noch Fragen oder Anmerkungen haben, können Sie sich gerne jederzeit wieder melden (steffen.bilger@bundestag.de).
Mit freundlichen Grüßen
Steffen Bilger MdB