Frage an Steffen Bilger von Jakob T. bezüglich Finanzen
Sehr geehter Herr Bilger,
wie stehen Sie zu den berechtigten Reparationen der griechischen Regierung?
Falls Sie sich noch nicht genug informiert fühlen, hier ein Teilausschnitt aus der letzten zdf ´Anstalt´: https://www.youtube.com/watch?v=_QimxVuicZU
Sehr geehrter Herr Ternes,
vielen Dank für Ihre Anfrage zu den Forderungen der griechischen Regierung nach Reparationszahlungen an die Bundesrepublik Deutschland für die Besetzung Griechenlands zwischen 1941 und 1944. Sie halten diese Forderungen für gerechtfertigt.
Das Unheil, das Nazi-Deutschland in den Jahren des Zweiten Weltkriegs über die Welt gebracht hat, ist unermesslich. Seit 70 Jahren stellen wir uns dieser Schuld und werden es auch in Zukunft tun.
Trotzdem halte ich die Forderungen der griechischen Regierung für insgesamt wenig zielführend. Sie sind juristisch nicht begründbar und moralisch zweifelhaft. Nun aber der Reihe nach.
Wenn ich die einschlägigen Experten für Internationales Recht richtig verstanden habe, ist der Fall vollkommen klar. Alle Reparationsforderungen gegen die Bundesrepublik Deutschland sind seit spätestens 1990 abgegolten. Die drei westlichen Besatzungszonen und nach ihrer Gründung die Bundesrepublik Deutschland leisteten bis zur Londoner Schuldenkonferenz 1953 erhebliche Sachleistungen, zinsgünstige Sonderkredite sowie Nettozahlungen an etliche Staaten, darunter auch Griechenland. Im Rahmen der Londoner Schuldenkonferenz wurde die endgültige Regelung von Reparationsforderungen gegen Deutschland auf einen künftigen Friedensvertrag terminiert. Anstelle dessen trat 1990 der Zwei-Plus-Vier-Vertrag. Damit wurden alle noch offenen Fragen bezüglich des Kriegsendes geklärt und die Alliierten verzichteten auf ihre Siegerrechte. Auch Griechenland nahm den Zwei-Plus-Vier-Vertrag völkerrechtlich bindend zur Kenntnis und hat somit keinerlei Rechtsgrundlage, um Reparationszahlungen geltend zu machen.
Eine weitere Forderung der griechischen Regierung bezieht sich auf ein angebliches Zwangsdarlehen Griechenlands an das Deutsche Reich in Höhe von 476 Millionen Reichsmark, das heute 10,3 Milliarden Euro wert sein soll. Hierzu gibt es unterschiedliche Angaben, die aber sachlich in dieselbe Richtung gehen und keine Ansprüche zur Folge haben. Einerseits ist fraglich, ob dieses Darlehen überhaupt existierte. Anscheinend handelte es sich doch eher um so genannte Besatzungskosten. Aber selbst, wenn es tatsächlich eine Zwangsanleihe war – wie die griechische Regierung behauptet –, kann es andererseits ebenfalls nicht mehr geltend gemacht werden. Nur ein echter freier Vertragsabschluss über ein Darlehen wäre noch einklagbar. Hierum scheint es sich aber nicht zu handeln. Jedenfalls steht Griechenland selbstverständlich der Rechtsweg vor dem Internationalen Gerichtshof offen. Allerdings hat dieser bereits in ähnlichen Fällen in dem hier vertretenen Sinne entschieden.
Nun wird häufig gesagt, selbst wenn es kein juristisches Recht geben würde, so doch ein moralisches von Griechenland. Das sehe ich genau anders herum. Griechenland will mit diesen Forderungen nur vom eigenen Versagen ablenken. Außerdem leben wir seit 1945 in einem friedlichen und zusammenwachsenden Europa. Die Zeit der Auf- und Abrechnungen sollte der Vergangenheit angehören. Wir als Deutsche fangen auch nicht an und sagen, Griechenland hat bereits x Milliarden Euro aus Deutschland an Transferleistungen über den EU-Haushalt erhalten.
Ich hoffe, Sie verstehen, dass ich daher die Linie der Bundesregierung teile und die Leistung von Reparationszahlungen an Griechenland ablehne. Falls Sie noch weitere Fragen haben, stehe ich Ihnen gerne wieder zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Steffen Bilger MdB