Frage an Stefanie von Berg von Jan Dr. K. bezüglich Bildung und Erziehung
Sehr geehrte Frau Dr. von Berg,
in den letzten Tagen war in der Presse zu lesen, dass die Schulbehörde / der Senat bei fortgesetzten Schulschwänzen u.a. mit Jugendarrest reagiert (vgl. TAZ vom 6.8.12). Über den Sinn und Zweck kann man bestimmt trefflich streiten, darum geht es mir aber nicht. Vielmehr suche ich seither nach einer Rechtsgrundlage für dieses Vorgehen. Es handelt sich immerhin um eine freiheitsentziehende Maßnahme. Leider habe ich bisher keine Rechtsgrundlage gefunden.
Kennen Sie eine Rechtsgrundlage?
Könnten Sie ggf. beim Senat mal anfragen, ob man dort eine Rechtsgrundlage kennt?
Laut dem Schulgesetz dürfen Bußgelder nur ggü. den Eltern verhängt werden. Wie kann es denn sein, dass ggü. SchülerInnen Jugendarrest verhängt wurde, weil sie die Geldbußen nicht zahlen konnten?
Werden in Hamburg die SchulschwänzerInnen armer Elternhäuser ggü. den SchülerInnen wohlhabender Elternhäuser ungleich behandelt?
Müssten nicht vielmehr die Eltern in Erzwingungshaft genommen werden (wobei E-Haft bei schon wieder unzulässig sein könnte)?
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Jan Kolberg
Sehr geehrter Herr Kolberg,
haben Sie vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich sehr gerne beantworte. In der Tat kann man über den Sinn und Zweck von Jugendarrest im Kontext von Schwänzen trefflich streiten - weiter unten mehr dazu. Zunächst zu Ihrer Frage: Wir haben gleich nach Veröffentlichung des Senators zu seinen Plänen eine Schriftliche Kleine Anfrage eingereicht, um die Hintergründe zu erfahren. Diese Anfrage (Drs. 20/4850) können Sie hier einsehen: http://www.buergerschaft-hh.de/parldok/ bzw. mit dem direkten Link: http://www.buergerschaft-hh.de/Parldok/tcl/PDDocView.tcl?mode=show&dokid=37476&page=0 . Dort kam als Antwort auf unsere Fragen 6 bis 8 die Antwort:
" Ist gegen einen Jugendlichen oder Heranwachsenden ein Bußgeldbescheid erlassen worden und wird dieses Bußgeld nicht innerhalb der gesetzlich festgelegten Frist entrichtet, so richtet sich das weitere Prozedere nach § 98 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten (OWiG). Danach kann der Jugendrichter auf Antrag der Vollstreckungsbehörde dem Jugendlichen auferlegen, an Stelle der Geldbuße zum Beispiel Arbeitsleistungen zu erbringen oder künftig regelmäßig die Schule zu besuchen. Kommt der Jugendliche dieser Anordnung schuldhaft nicht nach und zahlt er auch die Geldbuße nicht, so kann der Jugendrichter nach mündlicher Anhörung des Jugendlichen Jugendarrest von bis zu einer Woche Dauer verhängen, um den Jugendlichen zur Zahlung der Geldbuße oder zur Befolgung der Auflage zu veranlassen. Die Vollstreckung des Jugendarrestes lässt die Pflicht zur Zahlung der Geldbuße oder zur Befolgung der Auflagen grundsätzlich unberührt. Erfüllt der Jugendliche seine Verpflichtung, so ist von der Vollstreckung des Arrests durch den Jugendrichter abzusehen. Die Entscheidungen über die Umwandlung der Geldbuße in eine Auflage und ggf. die Verhängung von Jugendarrest trifft der Jugendrichter im Rahmen seiner richterlichen Unabhängigkeit."
Ich hoffe, das beantwortet den juristischen Teil der Frage. Wir haben allerdings nicht danach gefragt, aus welchen Elternhäusern diese Jugendlichen kommen - mit Sicherheit hätten wir auch keine Antwort erhalten.
Was den erzieherischen und/oder pädagogischen Wert dieser Maßnahmen im Kontext von Schulschwänzen anbelangt: Der ist in keiner Studie, Untersuchung oder Evaluation belegt. Wir GRÜNE halten diese Verschärfung der Maßnahmen daher für völlig überzogen. Denn was man eigentlich bezwecken will ist doch: Dass die Jugendlichen wieder gerne zur Schule gehen! Falls Sie weitere Fragen haben, schicken Sie mir gerne eine Mail an: info@stefanievonberg.de .
Herzliche Grüße,
Stefanie v. Berg