Frage an Stefanie Seemann von Rita G. bezüglich Gesundheit
Guten Tag Frau Seemann,
wieso schaffen es die "applaudierenden" PolitikerInnen nicht auch für KrankenpflegerInnen einen Bonus - zumindest für die Pflegekräfte auf den Corona-Stationen - auf den Weg zu bringen. Das Gesundheitsministerium hält das Pflegebudget für die Pflege am Bett (für tarifvertragliche Leistungen vorgesehen) für ausreichend um Zusatzleistungen zu finanzieren, die GKV und die Klinikbetreiber jedoch nicht. Aus meiner Sicht ist ein Corona-Bonus keine tarifvertragliche Leistung und stellt somit einen Sachgrund für eine Nachfinanzierung ergänzend zum Pflegebudget dar. Unabhängig davon haben Bundesländer in denen die CDU den Ministerpräsidenten stellt, einen Pflegebonus für KrankenpflegerInnen ermöglicht, KrankenpflegerInnen die in anderen Bundesländern arbeiten gehen leer aus - auch im grün regierten Baden-Württemberg. Die Grünen auf Landesebene halten eine Bonus für nicht finanzierbar, die Grünen auf Bundesebene wollen eine steuerfinanzierte Lösung. Die IntensivpflegerInnen haben ihre Gesundheit gefährdet und ihr Leben riskiert, über 20000 Pflegekräfte (getestete) sind an Covid19 erkrankt über 60 davon sind gestorben. Die persönlichen Einschränkungen und das Erkrankungsrisiko - auch für das Umfeld der Corona-PflegerInnen - bestehen weiterhin. Unsere HeldInnen werden von unseren PolitikerInnen und Verantwortlichen im Gesundheitswesen in beschämender Weise vergessen. Sie müssen sich jetzt sogar von PolitikerInnen sagen lassen, sie verdienten genug und hätten einen sicheren Arbeitsplatz. Der Pflegenotstand wird mit solch einem Vorgehen nicht reduziert. Ist dies die Wertschätzung - für solche eine harte, physisch und psychisch enorm belastende Arbeit - die nach dem applaudieren übrig bleibt? Motivierend wird sich solch ein "Feedback" sicher nicht auswirken. Soll es das jetzt gewesen sein, zurück zum Alltag und Ruhe jetzt aus der "systemrelevanten" Ecke? Das letzte was wir jetzt gebrauchen können sind zunehmend resignierende, unmotivierte KrankenpflegerInnen die sich - für mich nachvollziehbar - aus ihrem schlecht bezahlten, undankbaren und Familien- und beziehungsuntauglichen Beruf zurück ziehen.
Sehr geehrte Frau Gerhaeusser,
bitte entschuldigen Sie, dass ich Ihnen jetzt erst antworte. Die Verzögerung liegt nicht daran, dass ich mich dem Thema entziehe, sondern ist vielmehr dem Umstand geschuldet, dass es technische Schwierigkeiten bei der Benachrichtigung über Anfragen an dieser Stelle gab.
Der schon vor der Corona-Pandemie bekannte Mangel an Personal in Kliniken und Pflegeheimen hat sich im Verlauf der Pandemie deutlich verschärft und die hohe Bedeutung, die Gesundheit und Pflege für die Gesellschaft haben, wurde umso deutlicher. Und Sie haben ganz recht – klatschen reicht hier keinesfalls aus – auch wenn alle Menschen, die in diesen wichtigen Berufen tätig sind, vollkommen zurecht auch diese Anerkennung mehr als verdient haben. Es ist ganz wichtig, dass wir uns hier auf allen politischen Ebenen für die Pflegeberufe einsetzen.
Deshalb gilt auch in Baden-Württemberg: Beschäftigte der Altenpflege und Pflegende in Krankenhäusern bekommen einen steuerfreien Bonus. Je nach Arbeitsumfang sind dies bis zu 1.500 Euro; für Auszubildende 900 Euro. Unser Gesundheitsminister Manne Lucha hat sich dafür eingesetzt, dass das Land die fehlende Teilfinanzierung stemmt und ein Drittel der Kosten trägt. Dies ist eine echte Würdigung der enormen Leistungen – über lobende Worte hinaus.
Der Pflegereformstau muss auf Bundesebene konsequent angegangen werden: mehr Mitsprachrechte für die Pflege, ausreichende Personalschlüssel, bessere Vergütungen der Pflegeleistungen, Reformierung hin zu einer solidarischen Pflegefinanzierung sind nur einige der Themen, bei denen wir Grünen dringenden Handlungsbedarf sehen. Aber wir brauchen auch starke Tarifvereinbarungen, die in ihrer Höhe die gesellschaftliche und medizinische Relevanz der Pflege wiederspiegeln. Der Vorschlag einen Pflegebonus zu gewähren, ist dennoch ein erster Schritt in die richtige Richtung. Für uns ist es aber auch eine Frage der Gerechtigkeit, das Risiko auch in anderen Bereichen der Pflege- und Gesundheitsversorgung anzuerkennen und eine angemessene Entschädigung dafür vorzusehen. Wir setzen uns auch im Bund dafür ein, diese Pflegeprämie auf Mitarbeiter*innen in weiteren pflegenden Bereichen zu erweitern.
Freundliche Grüße
Stefanie Seemann