Frage an Stefanie Seemann von Heiko M. bezüglich Naturschutz
Sehr geehrte Frau Seemann,
angesichts der aktuellen Waldbrandgefahr würde ich mich gerne informieren, was ihre Partei gegen die stark voranschreitende Vernichtung unserer Wälder unternehmen kann.
Meiner Meinung nach, ist dies Ursache der zunehmenden Bewirtschaftung unserer Wälder, derzeit rd. 96%.
Ich bin häufig in Bannwäldern im Schwarzwald unterwegs. Durch die darin häufig noch vorhandene Baumdichte herrscht hier trotzdem noch ein feuchtes und deutlich kühleres Klima als in den Wirtschaftswäldern. Der Wald als Wasserspeicher ist hier deutlich sichtbar. In den Wirtschaftswäldern, anders als in den Bannwäldern, sind die Böden der starken Sonneneinstrahlung ausgesetzt, da sehr viele Freiflächen vorhanden sind. Dadurch werden die Bäume geschwächt und sind anfällig für Krankheiten und Insekten. Das Absterben wird fälschlicherweise als Resultat des Klimawandels gesehen. Neupflanzungen müssen verdursten, obwohl trotzdem vom Staat häufig bezuschusst.
Trotzdem sollen die Wälder noch als Naherholungsgebiet und vor allem als Sauerstofflieferant dienen.
Wenn das abholzen weiterhin im aktuellen Tempo voranschreitet, wird auch unser Schwarzwald in einigen Jahren nur noch in Bannwäldern existieren können.
Ich bitte Sie höflich, sich für die Reduzierung der exzessiven Bewirtschaftung unserer aller Wälder möglicherweise mehr als bisher einzusetzen.
Vielleicht gelingt es uns noch durch das „stehenlassen“ der Bäume die Klimakatastrophe abzuwenden.
Durch die zunehmende Digitalisierung muss es doch möglich sein, unseren Papierverbrauch zu senken und damit die Wälder zu schonen.
Darüber hinaus könnte die Forstwirtschaft Gelder bekommen, wenn die Wälder eben nicht bewirtschaftet werden. Ebenso könnte man über Pachtzertifikate nachdenken, mit denen die Bürger eine anteilige Waldfläche für eine gewisse Zeit erwerben können. Bei sinnvollen „Baumentnahmen“ könnten die Inhaber der Zertifikate an den Überschüssen beteiligt werden.
Über eine Antwort von Ihnen würde ich mich sehr freuen.
Mit freundlichen Grüßen
Heiko Merklinger
Sehr geehrter Herr Merklinger,
sie sprechen mir mit Ihrer Sorge um unsere Wälder aus dem Herzen.
Deswegen setzt sich meine Fraktion dafür ein, dass der Notfallplan Wald schneller umgesetzt wird. Ich weiß - Unserem Wald geht es so schlecht wie noch nie. Deswegen muss der Notfallplan Wald zügig überarbeitet und auf die Erfordernisse der aktuellen Situation angepasst werden.
Jährlich 40 Millionen Euro wurden mit Unterstützung der Grünen für die schnelle Rettung des Waldes für 2020 und 2021 on top zur Verfügung gestellt. Dabei zählt jeder Tag!
Unsere Wälder haben sehr viele verschiedene Funktionen. Sie haben auch einen wichtigen Effekt auf unser Klima. Ein sterbender Wald ist nicht mehr Kohlenstoffspeicher, sondern wird selber zum Emittenten von klimaschädlichem Treibhausgas. Die Dürren der letzten beiden Jahre und das niederschlagsarme Frühjahr haben das Waldökosystem an seine Grenzen gebracht. Eine der Folgen - der beängstigende und noch nie dagewesene Befall mit Borkenkäfern.
Ersten Überlegungen, Waldflächen etwa in Südbaden aufzugeben, weil sie sich nicht mehr lohnend bewirtschaften lassen, möchte ich hier klar widersprechen. Für mich gilt: Jetzt erst recht: Es gibt Mittel und Möglichkeiten – und Geld liegt bereit. Wenn das von meiner Fraktion vorgeschlagene Modellvorhaben im Südschwarzwald schnell in die Gänge kommt, können wir dort das Schlimmste verhindern!
Die sich fortsetzende Trockenheit - gepaart mit dem fehlenden Abtransport und der fehlenden Verwertung durch die Corona-Pandemie, können zu einer Krise nicht gekannten Ausmaßes führen.
Bei der dringend notwendigen Überarbeitung des Notfallplans müssen konkret über die Zuweisung von Mitteln und die ausreichende personelle Ausstattung der Krisen-Hotspots gesprochen werden. Neben dem Südschwarzwald muss der Kleinprivatwald im Land in den Fokus des Krisenmanagements rücken. Unser Experte in der Fraktion, der Grüne Abgeordnete Pix schlägt hier eine Task Force vor, die sich schnell auf Grundlage des fortgeschriebenen Notfallplans darum kümmert.
Eine kurzfristige personelle Verstärkung der Forstverwaltung in den ausgewiesenen Krisengebieten ist nötig. Die Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg (FVA) muss bezüglich der den Klimawandel betreffenden Forschungsfelder deutlich gestärkt werden – praxisnahe und regional angepasste Forschung ist das Gebot der Stunde. Wichtige Thematische Schwerpunkte: waldbauliche Methoden, Wassermanagement und Wildtiermanagement. Als Mitglied im Ausschuss für Wissenschaft, Forschung und Kunst kann ich hier immer nur betonen, wie wichtig unsere Forschungseinrichtungen bei der Bekämpfung von ökologischen Herausforderungen sind. Das gilt übrigens für mich auch insbesondere bei der Erforschung des Artensterbens und der Artenbestimmung.
Auch wenn Corona unsere Kräfte stark in Anspruch nimmt- der Klimawandel schreitet gnadenlos voran.
Die ebenfalls sich in der Planung befindliche langfristige Waldstrategie muss eine Konzeption dafür sein, wie wir unsere Wälder an künftige klimatische Bedingungen anpassen. Ein Teil dieser Waldstrategie muss sein, ein effizientes, landesweites Risikomanagement zu etablieren, das bei Schadensereignissen wie Schädlingsbefall oder Waldbrand die Koordination aller betroffenen Bereiche effektiv ermöglicht. Insbesondere mit Waldbränden ist vermehrt zu rechnen, hier brauchen wir tragfähige Konzepte.
Dringend geboten ist zudem Beschleunigung des Waldumbaus hin zu klimatoleranteren Mischwäldern. Im Fokus steht die Entwicklung stabiler Ökosysteme, die im Vergleich zu Monokulturen toleranter gegenüber Extremwetterlagen und Schädlingsbefall sind. Ich verweise nochmal auf die Schäden insbesondere des Borkenkäfers.
Es ist nötig, die bisherigen Bewirtschaftungsformen, die häufig ausschließlich die Rentabilität in den Mittelpunkt stellen, im Zeitalter des Klimawandels und des massiven Verlusts der Artenvielfalt auf den Prüfstand zu stellen! Denn: Nur die Balance aus Ökonomie und Ökologie wird unsere Wälder dauerhaft ertragsfähig halten. Wir dürfen nicht „alles was geht“ aus den Wäldern pressen, sondern verträglich wirtschaften.
Viele Grüße und bleiben Sie gesund
Stefanie Seemann