Frage an Stefan Schwartze von Norbert S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Guten Tag, Herr Schwartze!
Bei Ihrem Vortag im Bundestag am 4.12. [ http://dbtg.tv/fvid/6249606 ] unterstellen Sie den betroffenen Bürgern, die Ihnen schreiben, wir wären alle unfähig zu wissenschaftlicher Analyse und würden nur subjektiv argumentieren. Können Sie mir erklären, wie Sie zu dieser Einschätzung kommen?
Besonders unverdaulich wird diese Aussage angesichts der Inbrunst mit der Sie die Meinungen Ihrer Experten [ https://www.dkfz.de/de/tabakkontrolle/download/Publikationen/Stellungnahmen/DKFZ-Stellungnahme-Referentenentwuerfe-Tabakerzeugnisgesetz-und-Tabakerzeugnisverordnung.pdf ] rezitieren, dabei aber den dort allgegenwärtigen manipulativen Konjunktiv ignorieren und die Thesen als wissenschaftlich belegte Fakten darstellen. Haben Sie sich persönlich von der Stichhaltigkeit dieser Behauptungen überzeugt oder vertrauen Sie blind auf deren Objektivität?
Wie ich schon in meinem offenen Brief an Frau Schwesig schrieb [ https://www.facebook.com/notes/norbert-zillatron/mein-mitgef%C3%BChl/1674665812775351 ] sind Zweifel durchaus gerechtfertigt. Können Sie sie entkräften?
Ich habe bisher mit voller Absicht darauf verzichtet zu erwähnen, dass es um die sogenannte "E-Zigarette" geht. Ich wollte vermeiden, sofort mit dem gleichen Standardtext, der nichts mit meinen Fragen zu tun hat, abgespeist zu werden wie die vielen besorgten Bürger, deren - nicht nur subjetives - Anliegen von Politikern aller Parteien so verhöhnt wird.
Beispiele für die wachsende PolitikER*INNEN*verdrossenheit:
http://www.dampfertreff.de/t140251f1370-Dampfer-schreiben-Politikern.html
http://www.e-rauchen-forum.de/thread-98899.html
Bitte antworten Sie mir NICHT mit diesem inzwischen unerträglichen Textbaustein.
Mit freundlichem Gruß,
Norbert "Zillatron" Schmidt
Sehr geehrter Herr Schmidt,
vielen Dank für Ihre Nachricht vom 19. Dezember 2015, in welcher Sie zu der Thematik des aktuell im Deutschen Bundestag diskutierten Abgabeverbotes von E-Zigaretten und E-Shishas an Minderjährige Stellung beziehen und zwei konkrete Fragen an mich richten. Auf diese Fragen gehe ich im Folgenden gerne ein.
Ich möchte zur Einordnung der Thematik grundsätzlich deutlich darauf hinweisen, dass es dem Gesetzgeber in der von Ihnen angesprochenen Debatte im Deutschen Bundestag darum geht, die Abgabe von E-Zigaretten und E-Shishas an Kinder und Jugendliche gesetzlich zu untersagen. Dies soll geschehen durch die Aufnahme in das Jugendschutzgesetz. Als jugendpolitischer Sprecher der AG FSFJ der SPD-Bundestagsfraktion unterstütze ich diesen Antrag ausdrücklich – im Sinne des Schutzes unserer Kinder und Jugendlichen.
Das heißt auch, dass kein Abgabeverbot für Erwachsene geplant ist. Dies aber suggerieren die Bürgerzuschriften, welche mein Büro in großer Anzahl erreichen und von denen ich in meiner Rede berichte. Die Schreiber berichten aus ihrer jeweilig persönlichen Perspektive und teilen mit, dass sich ihr jeweilig persönliches Wohlbefinden seit dem Umstieg von herkömmlichen Tabakzigaretten auf E-Verdampfer verbessert habe. Aus diesem Grund sei die Gesundheitsgefährdung durch E-Verdampfer vernachlässigbar gering, es dürfe daher keine Regulierung seitens des Gesetzgebers stattfinden, da eine solche als Eingriff in die persönlichen Freiheitsrechte zu werten sei. Ein Abgabeverbot von E-Verdampfern für Erwachsene ist nun aber gar nicht Gegenstand der politischen Diskussion. In meiner Rede vor dem Deutschen Bundestag vom 4. Dezember 2015 prangere ich die auf diesem Missverständnis resultierenden Unklarheiten an.
Die betreffende Stelle meiner Rede, auf die Sie sich beziehen, stelle ich hier gerne im Wortlaut dar: „In der öffentlichen Diskussion um die sogenannten E-Verdampfer gibt es viele unterschiedliche Ansichten und Meinungen. Interessensvertreter und Bürger melden sich zu Wort. Sie berichten oft über ihre subjektiven Erfahrungen. In der öffentlichen Diskussion um die sogenannten E-Verdampfer werden Ergebnisse wissenschaftlicher Studien oft auch mit der eigenen persönlichen Ansicht vermischt – und dies führt an vielen Stellen zu Unklarheiten.“
Nun leiten Sie aus dieser Redepassage ab, ich würde sämtlichen betroffenen Bürgern, welche mir dazu schrieben, einerseits die Fähigkeit zur wissenschaftlichen Analyse absprechen. Sie kritisieren damit einhergehend, ich hielte die Argumente der Schreiber andererseits für rein subjektiv. Die mir vorliegenden wissenschaftlichen Erkenntnisse sind eindeutig: E-Verdampfer sind gesundheitsgefährdend. Die Diskussion, ob E-Verdampfer weniger gesundheitsschädlich sind als herkömmliche Tabakzigaretten, ist nicht von Relevanz für den Kinder- und Jugendschutz. „Dampfende“ Kinder sind nicht gesünder als „rauchende“ Kinder. Auch halte ich die Erlebnisberichte der meinem Büro zu diesem Thema vorliegenden Bürgerzuschriften nicht für subjektiv – sie sind tatsächlich rein subjektiv. Es liegen eben noch keine wissenschaftlichen Langzeitstudien vor, welche belegen könnten, dass die Gesundheitsgefährdung durch den Konsum von E-Zigaretten und E-Shishas geringer, gleich oder höher sei als durch den Konsum herkömmlicher Tabakzigaretten. Wer sich als „Dampfer“ besser fühlt als auch „Raucher“ empfindet dieses nun mal auf subjektive, wissenschaftlich (noch) nicht nachweisbare Art und Weise.
Sie erwähnen, dass Sie weitere Zweifel an der Objektivität der Studien des Deutschen Krebsforschungszentrums hätten und fragen, ob ich diese entkräften könne. Diese Zweifel äußern Sie ebenso in einem offenen Brief an Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig, auf den Sie verweisen. Sie formulieren darin zusammengefasst, dass E-Zigaretten gesünder seien als herkömmliche Tabakzigaretten und das Deutsche Krebsforschungszentrum – wie Sie schreiben – „manipulative Konjunktive“ benutze, um Thesen als wissenschaftliche Fakten darstellen zu können. Ihre Zweifel kann ich Ihnen in diesem Falle leider nicht wegargumentieren, ich bitte daher um Verständnis für meine Zweifel an Ihrer These, dass „Dampfen“ das „gesündere“ Rauchen sei: Neben den bereits vorliegenden Erkenntnissen zu der realen Gesundheitsgefährdung durch den Konsum von E-Verdampfern, werden wir ohne Langzeitstudien keine gesicherten Aussagen über die tatsächliche Gesundheitsgefährdung, die von E-Verdampfern ausgeht, bewerten können. Ich kann es nicht verantworten, untätig auf diese Ergebnisse zu warten, und das Wohlergehen und die Gesundheit unserer Kinder und Jugendlichen billigend zu gefährden.
Abschließend wünschen Sie sich, keinen „unerträglichen Textbaustein“ als Antwort zu erhalten und ergo nicht abgespeist zu werden, „wie die vielen besorgten Bürger, deren – nicht nur subjektives – Anliegen von Politikern aller Parteien so verhöhnt wird“.
Ich bedauere sehr, dass Sie diesen Eindruck von Politikern aller Parteien haben. Ich hoffe, dass ich mit meinen Ausführungen meinen Teil dazu beitragen konnte, diesen Eindruck zu revidieren, und dass ich Ihnen mit meinen Antworten weitergeholfen habe.
Mit den besten Wünschen für ein frohes Weihnachtsfest und einen guten Start in das neue Jahr,
Stefan Schwartze