Frage an Stefan Schwartze von Helmut S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Schwartze,
ich habe eine Frage zu folgendem Sachverhalt:
Und zwar ist ja aktuell der Baustopp vom Stuttgarter Bahnhof aufgehoben. Dadurch haben die Menschen wieder mit Sitzstreiks begonnen.
Oder auch die Demos gegen den Castortransport, bei denen sich die Menschen auf die Gleise setzen.
Für diese Protestaktionen werden Hunderte wenn nicht sogar Tausende Polizisten eingesetzt und den Weg frei zu machen, die natürlich alle bezahlt werden müssen. Ist es gerechtfertigt, dass auf Kosten der Menschen, die es nicht für nötig halten zu protestieren Tausende und Millionen von Euros verschwendet werden um die Demonstranten "wegzuräumen"? Wäre es nicht möglich die Protestler selbst für die Kosten heranzuziehen, eventuell härter vorzugehen oder diese Menschen zu bestrafen?
Es gibt sicher noch andere Möglichkeiten seinen Protest (Meinungsfreiheit) auszudrücken, als die Arbeit zu behindern und die Staatskasse (letztendlich jeden einzelnen Bürger) zu belasten.
Oder wie stehen Sie zu dieser Frage?
Sehr geehrter Herr Schramm,
vielen Dank für Ihre Frage, die ich gern beantworte.
Das Recht auf freie Meinungsäußerung und das Demonstrationsrecht sind Grundpfeiler unserer Demokratie. Unser Grundgesetz, das nicht zuletzt aus den Lehren der Weimarer Republik und den Erfahrungen mit dem Terror des Faschismus entstanden ist, basiert auf den unveräußerlichen Grundrechten der Bürgerinnen und Bürger. Keine Gewalt, auch keine staatliche, darf diese Grundrechte einschränken.
Die Proteste gegen den Bahnhof „Stuttgart 21“ oder die CASTOR-Transporte fallen grundsätzlich unter die Meinungs- und Demonstrationsfreiheit. Dazu gehört auch gewaltfreier passiver Widerstand, also auch der Sitzstreik und das „wegtragen lassen“. Eine härtere Vorgehensweise oder gar eine Bestrafung, wie Sie in Ihrer Frage vorschlagen, lehne ich daher strikt ab. Auch eine Bezahlung des Polizeieinsatzes durch die Demonstranten entspräche nicht dem Sinn des Grundgesetzes.
Wenn Demonstranten zu gewaltsamen Aktionen wie Sachbeschädigung oder Körperverletzung greifen, kann sowohl Schadenersatz verlangt als auch ein Strafverfahren eingeleitet werden. Das ist angemessen und notwendig. Wer jedoch sein Grundrecht auf Meinungs- und Demonstrationsfreiheit friedlich nutzt, darf dafür in keiner Weise bestraft werden.
Mit freundlichem Gruß
Stefan Schwartze MdB