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Stefan Schmidt
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Theresa A. •

Werden Sie sich für mehr und strengere Vorgaben im neuen Tierschutzgesetz einsetzen, als es die aktuelle Kabinettfassung vorsieht?

Was tun Sie, damit Langstrecken-Tiertransporte in Länder außerhalb der EU verboten werden?

Was tun Sie, damit Amputationen, um Tiere an landwirtschaftliche Haltungssysteme anzupassen, verboten werden? Wussten Sie, dass Kastrationen an jungen Schaf- und Ziegenlämmern sogar ohne Betäubung erlaubt bleiben sollen?

Was tun Sie, damit jegliche Form der Anbindehaltung – auch die saisonale Anbindehaltung von Rindern und die Anbindehaltung von Greifvögeln – verboten wird?

Was tun Sie, damit exotische Wildtiere wie Affen, Tiger und Reptilien nicht mehr privat als „Haustiere“ gehalten werden dürfen?

Was tun Sie, damit alle Wildtierarten im Zirkus verboten werden? Also auch Zebras, Kängurus und Reptilien – und dies ohne Einzelfall-Schlupfloch!

Was tun Sie, damit über Online-Plattformen keine Welpen und andere Tiere mehr verkauft werden dürfen? Die Tierheime sind voll.

Was tun Sie, damit Qualzuchten in der Landwirtschaft und im Heimtierbereich sofort verboten werden?

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrte Frau A.,

 

vielen Dank für Ihre Fragen zum Tierschutzgesetz, die ich gerne beantworte.

 

Werden Sie sich für mehr und strengere Vorgaben im neuen Tierschutzgesetz einsetzen, als es die aktuelle Kabinettfassung vorsieht?

Dieses Jahr feiern wir 75 Jahre Grundgesetz – seit 2002 ist darin auch der Schutz der Tiere als Staatsziel festgelegt. Doch zwischen dem Auftrag des Grundgesetzes und der Wirklichkeit klafft bislang eine erhebliche Lücke. Missstände zu beheben und Lücken in der Gesetzgebung zu schließen, ist unser Anspruch. Wir freuen uns auf die Beratung zur Tierschutzgesetzreform im parlamentarischen Verfahren und haben das Ziel, weitere Missstände konsequent zu bekämpfen.

 

Was tun Sie, damit Langstrecken-Tiertransporte in Länder außerhalb der EU verboten werden?

Es ist schon lange bekannt, dass Transporte in bestimmte Drittstaaten mit großen Leiden für die Tiere verbunden sind und einer Odyssee gleichen; von der Abfertigung, über die Zustände während des mitunter wochenlangen Transports, bis hin zur Tötung. Zu lange wurde die Zuständigkeit in der Vergangenheit zwischen Bund, Ländern und EU hin- und hergeschoben. Das wegweisende Urteil des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg vom Dezember letzten Jahres, weist dem Bund die eindeutige Kompetenz zu, die Tiere vor dem tierschutzwidrigen Umgang in Drittstaaten zu schützen. Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft hatte bereits vergangenes Jahr Veterinärbescheinigungen zurückgezogen (https://www.bmel.de/DE/themen/tiere/tierhandel-und-transport/transporte-in-drittlaender/tiertransport.html) und damit klar gemacht, dass solche Tiertransporte nicht mehr unterstützt werden. Dies zeigte Wirkung, da deutlich weniger Tiere direkt aus Deutschland in Drittstaaten außerhalb der EU transportiert wurden, wie aktuelle Transport-Zahlen zeigen (https://www.asktheeu.org/de/request/anzahl_transportierter_lebender#outgoing-28158). Im Gegenzug nahmen aber die Transporte in Drittstaaten über andere EU-Länder wie Ungarn oder Belgien zu, so dass die Gesamtzahl der aus der EU exportierten Rinder in sog. Tierschutz-Hochrisikostaaten nicht signifikant zurückging. Ein europaweites Verbot von Tiertransporten in Drittstaaten außerhalb der EU wäre daher sehr wichtig. Auch ein nationales Vorgehen sollte Umgehungen von Tiertransport-Einschränkungen verhindern. Wir werden dies bei den anstehenden Beratungen zum Tierschutzgesetz berücksichtigen. 

 

Was tun Sie, damit Amputationen, um Tiere an landwirtschaftliche Haltungssysteme anzupassen, verboten werden? Wussten Sie, dass Kastrationen an jungen Schaf- und Ziegenlämmern sogar ohne Betäubung erlaubt bleiben sollen?

Wir reduzieren nicht-kurative Eingriffe (Amputationen) an Tieren durch ein Ende des routinemäßig durchgeführten Kürzens von Schwänzen bei Lämmern und Einschränkungen bei Ferkeln sowie ein grundsätzliches Verbot der Amputation bei Lämmern, um damit eine Praxis zu reduzieren, die nicht mit dem Tierschutz vereinbar ist. Schweinehalter*innen müssen nach dem Gesetzesentwurf entsprechende Voraussetzungen dafür schaffen, dass auf die Kürzung der Schwänze verzichtet werden kann, um so das gegenseitige Abbeißen des Ringelschwanzes zu vermeiden. Eine konkrete Risikoanalyse und Reduktionsstrategie, für den sukzessiven Verzicht auf das Halten von Schweinen mit gekürzten Schwänzen sollen dabei helfen, seit 1991 geltendes EU-Recht endlich umzusetzen. 

 

Was tun Sie, damit jegliche Form der Anbindehaltung – auch die saisonale Anbindehaltung von Rindern und die Anbindehaltung von Greifvögeln – verboten wird? 

Laut dem vorliegenden Gesetzesentwurf wird es grundsätzlich verboten, Tiere über längere Zeit angebunden fixiert zu halten. Dafür können in Einzelfällen aber Ausnahmen für einen bestimmten Zeitrahmen und für eine bestimmte Zweckbindung gewährt werden, zum Beispiel für die Anbindung von Greifvögeln bis Erlass einer Rechtsverordnung. Damit wird die ganzjährige Anbindehaltung für einen Großteil der gehaltenen Rinder in Deutschland mit einer 10-jährigen Übergangsfrist verboten. Für Bestandsbetriebe mit Anbindehaltung von Rindern ist bisher eine unbefristete Ausnahme vorgesehen, die gemäß EU-Verordnung 2018/848 die Anbindung von Rindern in Betrieben mit maximal 50 Tieren über die Wintermonate weiterhin erlaubt, sofern die Tiere während der Weidezeit im Sommer Zugang zu Weideland und ganzjährig mindestens zweimal pro Woche Zugang zu Freigelände haben. 

 

Was tun Sie, damit exotische Wildtiere wie Affen, Tiger und Reptilien nicht mehr privat als „Haustiere“ gehalten werden dürfen?

Wildtiere gehören in die Wildnis, der Handel mit ihnen muss strenger reguliert, existierende Regularien konsequent umgesetzt werden. In den Herkunftsländern müssen wirtschaftliche Alternativen aufgebaut werden. Kommerzielle Importe von Wildfängen wollen wir beenden. Die Einführung eines Instruments, das Tiere, die in ihrem Herkunftsland geschützt sind, vor dem Handel schützt - wie der US Lacey Act - ist längts überfällig. Wir wollen Sachkundenachweise für die Haltung von Tieren aus Wildtiernachzuchten einführen, deren Anforderungen und Umfang sich an der Schwierigkeit der Haltung der jeweiligen Tierart bemisst.

 

Was tun Sie, damit alle Wildtierarten im Zirkus verboten werden? Also auch Zebras, Kängurus und Reptilien – und dies ohne Einzelfall-Schlupfloch!

Laut dem vorliegenden Gesetzesentwurf gibt es ein Verbot der wichtigsten Wildtierarten in Zirkussen: Dazu zählen Giraffen, Elefanten, Nashörner, Flusspferde, Primaten, Großbären, Großkatzen und Robben. Momentan gibt es keine gesetzliche Regulierung zum Umgang mit Tieren in Zirkussen. Die Haltungsbedingungen sind bisher in nicht rechtsverbindlichen Leitlinien festgehalten. Mit dem Gesetz wollen wir den in unserer Verfassung festgeschriebenen Tierschutz umsetzen. Ausnahmen für zoologische Gärten sowie für Tiergehege im Sinne des § 43 Bundesnaturschutzgesetz sind dabei berücksichtigt.

 

Was tun Sie, damit über Online-Plattformen keine Welpen und andere Tiere mehr verkauft werden dürfen? Die Tierheime sind voll.

Der illegale Handel mit Tieren soll wirksam bekämpft werden. Der Tierschutzgesetzesentwurf sieht vor, dass Anbieter auf Online-Plattformen und in sozialen Netzwerken ihren Namen, ihre Anschrift und die Transpondernummer des Tieres mitteilen müssen. Bei gewerbsmäßiger Tätigkeit dürfen Wirbeltiere, die keine Nutztiere oder Pferde sind, nicht in der Öffentlichkeit verkauft werden. Die zuständigen Behörden erhalten die Erlaubnis zur Durchführung anonymer Kontaktaufnahmen, um die Identität von verdächtigen Anbietern feststellen zu können.

 

Was tun Sie, damit Qualzuchten in der Landwirtschaft und im Heimtierbereich sofort verboten werden?

Qualzucht kann durch sehr unterschiedliche Erscheinungsformen und Krankheitsbilder erfüllt und für die betroffenen Tiere mit erheblichen Schmerzen, Leiden oder Schäden verbunden sein. Der Gesetzesentwurf beinhaltet ein Verkaufsverbot auf Online-Plattformen, Ausstellungs- und Werbeverbot für Tiere mit Qualzuchtmerkmalen, eine Konkretisierung des Qualzuchtverbotes durch Einführung einer nicht abschließenden Liste von möglichen Symptomen und Ausweitung des Qualzuchtverbots auf die Elterntiere (unabhängig davon, wie viele der Nachkommen letztendlich von der Veränderung oder Störung betroffen sind). Ausschließlich gesunde Tiere ohne Qualzuchtmerkmale dürfen zur Zucht verwendet werden. Für das Rauszüchten von Qualzuchtmerkmalen/Auskreuzen ist für eine Übergangszeit von 15 Jahren eine Ausnahme vorgesehen, um dies bei Vorlage eines geeigneten Zuchtkonzepts zuzulassen. 

Viele Grüße

Stefan Schmidt

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