Frage an Stefan Liebich von Alexander D. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Liebich,
als Direktkandidat sind Sie für mich aufgrund meines positiven Eindrucks von Ihrer Arbeit und auch von Ihnen persönlich mit Überzeugung wählbar; dies gilt jedoch nicht gleichermaßen für Ihre Partei.
Immer wieder mache ich die Erfahrung, dass SympathisantInnen, Mitglieder und auch MandatsträgerInnen der Linken eine zum Teil schwer erträgliche Affinität zu autoritären/autokratischen Systemen und Regierenden (der Vergangenheit und Gegenwart) haben.
Dies reicht bekanntermassen von der Verklärung der DDR bis zur ebensolchen des gegenwärtigen russischen Präsidenten (wobei es Gemeinsamkeiten mit Leuten gibt, die politisch weit rechtsaussen stehen).
Wie positionieren Sie sich gegen den virulenten Antiamerikanismus und durchaus auch Antisemitismus in Teilen Ihrer Partei (der sich mit dem Ableben alter SED-Mitglieder nicht erledigen wird, da solche Strömungen in der westdeutschen Linken ebenso vertreten sind)?
Täuscht mein Eindruck, oder gehen Sie damit nach dem Motto um, dass man "schlafende Hunde nicht wecken" möge?
Vielen Dank für eine Antwort und freundliche Grüsse aus Pankow
von A. D.
Sehr geehrter Herr D.,
Das Verhältnis der Linken zu den USA ist durchaus differenziert. Die Kandidatur des Demokraten Bernie Sanders etwa haben viele mit Sympathie begleitet. Für mich als Außenpolitiker und Obmann meiner Fraktion im Auswärtigen Ausschuss bilden die Vereinigten Staaten von Amerika ein wichtiges Arbeitsgebiet. Ich war in dieser Wahlperiode stellvertretender Vorsitzender der Parlamentariergruppe Deutschland/USA und bin Mitglied des Vereins Atlantik-Brücke. Diese Mitgliedschaft ist in meiner Partei umstritten, gleichwohl finde ich es weiterhin wichtig, linke Positionen auch in derartigen Organisationen zu Gehör zu bringen.
Als LINKE gehört es auch zu unserer Identität, sich dem alten und neuen Antisemitismus konsequent entgegenzustellen. Darum beschämte es uns zutiefst, dass zwei Mitglieder unserer Fraktion, die übrigens nicht mehr für den neuen Bundestag kandidieren, am 9. November 2014 gegen den erklärten Willen der Bundestagsfraktion eine Veranstaltung zum Nahost-Konflikt organisierten, auf der Personen auftraten, die unzulässige Vergleiche Israels mit der Nazidiktatur und dem IS zogen. In einem Aufruf „Ihr sprecht nicht für uns“, zu dessen Erstunterzeichnern ich gehörte und den innerhalb weniger Tage über 1100 Menschen unterschrieben, kritisierten wir das öffentlich, scharf und unmissverständlich.
Mit freundlichen Grüßen
Stefan Liebich