Frage an Stefan Liebich von Helmut J. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Liebich,
am 5. September zeigte der RBB die Dokumentation "Der Kampf um die Sicherheit - Hauptstadt des Verbrechens?", siehe https://www.rbb-online.de/doku/h-j/hauptstadt-des-verbrechens.html In der Darstellung diverser Kriminalitätsdelikte geht es von Minute 36:54 bis zur Minute 39:59 um rechte Gewalttaten. Beispielhaft geht es um den Fall des dunkelhäutigen, in Berlin geborenen und in Buch/Karow lebenden Jungen Leon. Die beiden Autoren treffen in Minute 38:07 die Aussage "Der Norden Pankows ist ein Schwerpunkt rassistischer Gewalt". Von den Parteien CDU, SPD, FDP, Grüne, Linke und AfD stimmt allein die AfD der These Nr. 29 im Wahl-O-Mat "Der Bund soll weiterhin Projekte gegen Rechtsextremismus fördern" nicht zu. Die jeweiligen Begründungen dazu differenzieren, indem sie z.B. teilweise den Linksextremismus einbeziehen. Aber hier nur beschränkt auf den Rechtsextremismus und die ortsbezogene Aussage in der Dokumentation: Stimmen Sie dieser Aussage zu? Wenn ja: Sehen Sie über den grundsätzlichen Kampf gegen Rechts-, ggf. Extremismus jeglicher Art hinaus zusätzlichen Handlungsbedarf in Pankow (z.B. in Bezug auf die ziemlich umtriebige NPD Berlin-Pankow)? Worin konkret würden Sie als gewählter Abgeordneter ihre Aufgabe vor Ort sehen? Vielen Dank für eine Antwort vorab. Ggf. stelle ich ergänzende Nachfragen am 14. September im Wahlforum in Französisch Buchholz, siehe https://www.verein-nordlicht.de/veranstaltungsplan/
Sehr geehrter Herr Jansen,
die Netzwerkstelle gegen Rechtsextremismus für Demokratie und Vielfalt [moskito] registrierte im vergangenen Jahr im gesamten Bezirk Pankow 229 Vorfälle, denen Rassismus, Antisemitismus, Homo-/Transfeindlichkeit, bzw. grundsätzlich eine rechtspopulistische, rechtsextreme bis neonazistische Einstellung zu Grunde lag. Im Vergleich zu 2014 mit 167 Vorfällen ist das ein deutlicher Anstieg. Im ersten Halbjahr des Jahres 2017 waren es 101 Vorfälle.
Im Bezirk Steglitz-Zehlendorf wurden im Jahre 2016 insgesamt 247 Vorfälle dokumentiert, bei denen es sich überwiegend um rechte Propaganda sowie rassistisch und homophob motivierte Angriffe handelte. Die Zahlen zeigen, dass Pankow in dieser Frage kein Alleinstellungsmerkmal besitzt, die Auseinandersetzung mit Rechtsradikalität und -extremismus in der gesamten Stadt sehr konsequent geführt werden muss. Aber in der Tat, Buch ist eine der wenigen Orte in Berlin, wo es eine organisierte Neonazi-Szene gibt.
Als Mitte vergangenen Jahres in der Flüchtlingsunterkunft „Refugium Buch“ der AWO ein Feuer ausbrach und die Polizei von vorsätzlicher Brandstiftung ausging, fanden sich bald darauf über 150 Menschen zu einer Kundgebung unter dem Motto „Solidarität mit allen Geflüchteten. Für ein buntes Buch“ zusammen. Es war ein breites politisches Bündnis, welches dazu aufrief, das von uns LINKEN über Piraten, Grüne bis hin zur SPD reichte. Diese übergreifende Kooperation war ein ermutigendes Signal im Kampf gegen Rechts wie es auch keine Eintagsfliege war. Mit unserer anhaltenden Präsenz, mit vielfältigen Aufklärungsangeboten und nicht zuletzt durch die Unterstützung von friedlichen Initiativen, wie eben der Netzwerkstelle, gelingt es, notwendige Kontrapunkte zu setzen.
Mit freundlichen Grüßen
Stefan Liebich