Frage an Stefan Liebich von Jürgen S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Guten Tag Herr Liebich,
mein Thema ist der Kulturgutschutzgesetzentwurf von Frau Prof. Monika Grütters.
Es geht hier nicht nur um die ganz große Kunst, sondern auch um die Sorgen vom Bierkrug- bis zum Münzensammler und des Handels, insbesondere aber auch um die Bewahrung rechtsstaatlicher Grundsätze, auch um Bürger- und Freiheitsrechte (Rückwirkungsverbot, Beweistlastumkehr, Eigentumspostulat Artikel 14 GG, Europäische Menschenrechtskonvention einhergehend mit diesbezüglicher Rechtsprechung).
Mittlerweile wurde ein umfangreiches Rechtsgutachten mit Datum vom 30.Juli.2015 von Herrn RA Joachim Walser von der Kanzlei Walser in München zum Kulturgutschutzgesetzsentwurf veröffentlicht, zu dem ich verlinke, zumal ich die Problemematik als Nichtjurist niemals so gut veranschaulichen könnte.
http://muenzenwoche.de/de/News/4?&id=3566
Weil der Petitionstext von Frau Dr. Ursula Kampmann die Probleme und Sorgen der Sammler und des Handels nach meiner Meinung auch sehr gut veranschaulicht, eine allgemeinere Übersicht als ein Rechtgutachten liefert, möchte ich auch zu diesem verlinken.
https://www.openpetition.de/petition/online/fuer-den-erhalt-des-privaten-sammelns
Hinsichtlich der Bürokratiepoblematik liefert uns möglicherweise aktuell das Land Italien schon einen kleinen Vorgeschmack: Mir ist ein Fall bekannt , wo ein deutscher Sammler für eine dort ersteigerte Münze ca. ein Jahr auf die Ausfuhrgenehmigung warten mußte.
Wie ist Ihre Einschätzung? Sind Bürger- und Freiheitsrechte möglicherweise bedroht, werden hier elementare Grundsätze unserer Rechtsordnung mißachtet? Sind die Sorgen der Sammler und des Handels berechtigt?
Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit und freue mich auf Ihre Antwort.
Mit freundlichen Grüßen
Jürgen Schmidt
12679 Berlin Marzahn
Sammler und Kleinsthänder (ebay-Name stampsdealer)
Sehr geehrter Herr Schmidt,
In den vergangenen Wochen schlugen die Wellen sehr hoch, vom Eingriff in die Freiheitsrechte war die Rede, von kalter Enteignung und von der Vertreibung namhafter Künstler, Sammler und Mäzene aus Deutschland. Ausgangspunkt war das Vorhaben der Bundesbeauftragten für Kultur und Medien, Monika Grütters, das deutsche Kulturgutschutzgesetz von 1955 an europarechtliche und völkerrechtliche Vorgaben sowie datenschutzrechtliche Erfordernisse anzupassen. Vor einiger Zeit gelangten nun zwei Entwürfe aus der Behörde an die Öffentlichkeit, welche die harschen Reaktionen auslösten. Offiziell präsentiert oder transparent diskutiert wurde bislang kein entsprechendes Papier.
Statt der ausgelösten Hysterie brauchen wir eine breite gesellschaftliche Debatte darüber, was für unsere Gesellschaft „national wertvolle Kulturgüter“ sein könnten – und darüber, welche Folgerungen aus dieser Kategorisierung zu ziehen sind. Es geht nicht nur um ein Etikett sondern um die damit verbundene Verpflichtung, das Kulturgut zu pflegen und zu erhalten und für die Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Das gilt vornehmlich für die Sammlungen und Bestände in öffentlicher Hand. DIE LINKE begrüßt das Vorhaben, diese als „national wertvolles Kulturgut“ zu definieren und unter Schutz stellen, denn nur die öffentlichen Einrichtungen können Garant für einen freien Zugang und die Erfüllung des Bildungsauftrags sein.
DIE LINKE unterstützt zudem die mit dem Gesetz angestrebte Unterbindung bzw. Erschwerung des illegalen Kunsthandels. Wir sind dafür, die Ein- und Ausfuhr von Kulturgütern, die für das kulturelle Erbe der Menschheit relevant sind, streng zu reglementieren und auch für den Handel mit Kulturgut bestimmter Alters- und Wertgrenzen festzuschreiben. Auch sehen wir die Notwendigkeit einer Ausfuhrgenehmigung bzw. eines Herkunftsnachweises bei der Einfuhr nach Deutschland. Hintergrund dafür ist der internationale Handel mit aus Museen oder Grabungsstätten geraubtem Kulturgut – und dass Deutschland sich aufgrund der bisher eher laxen Gesetzgebung zu einem wachsenden Umschlagplatz dafür entwickelt hat.
Mit freundlichen Grüßen
Stefan Liebich