Frage an Stefan Liebich von Rika S. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrter Herr Liebich,
lassen Sie mich vorausschicken, dass ich i.d.R. die Position ihrer Partei zu Auslandseinsätzen der Bundeswehr teile. In dem aktuellen Fall, der Fortführung von EUTM in Somalia, sehe ich ihre Äußerungen jedoch mit einer gewissen Skepsis. In der Ausbildungsmission geht es meiner Kenntnis nach vor allem darum, die Ausbildung somalischer Rekruten auf Minen- und Explosivkörperabwehr, den Kampf in bebautem Gelände sowie im Sanitäts- und Fernmeldewesen zu vollziehen. Bei „tagesschau.de“ ist von Ihnen zu lesen, dass „Deutschland stärker in der zivilen Konfliktprävention engagieren solle, anstatt sich in „neue militärische Abenteuer in Somalia“ zu stürzen. Ich verstehe, dass Somalia als sogenannter „failed state“ für deutsche Soldaten (und die anderer Nationen) gefährlich ist, frage mich aber dennoch, wie in einem Land, das in weiten Teilen von den Al-Shabab Milizen kontrolliert werden soll(?), eine zivile Arbeit ermöglicht werden kann. Grundsätzlich zivile Konfliktprävention ja, aber im Falle von Somalia scheint das Kind m.E. in den Brunnen gefallen zu sein. Ohne ein Mindestmaß an Sicherheit scheint ein Aufbau des Landes jedoch ziemlich schwierig. Daraus ergeben sich folgende Fragen, für deren Beantwortung ich Ihnen vielmals danken möchte:
1. Lehnen Sie es persönlich grundsätzlich ab, dass Soldaten der Bundeswehr Soldaten anderer Staaten bei der Ausbildung unterstützen?
2. Wenn ja, warum?
3. Wenn nein, würden Sie die Fortsetzung von EUTM befürworten, wenn die Ausbildung wieder in Uganda stattfinden würde?
4. Welche konkreten Maßnahmen/ersten Schritte schlagen Sie aus einer linken Perspektive vor, um die desolate Sicherheitslage in Somalia zu bewältigen?
Mit freundlichen Grüßen,
Rika Schulz
Sehr geehrte Frau Schulz,
Ihre Fragen möchte ich gern wie folgt beantworten:
Ich bin für eine Einzelfallprüfung jedes Einsatzes der Bundeswehr im Ausland, das schließt auch Ausbildermissionen ein. Die Fortsetzung von EUTM lehne ich auch dann ab, wenn die Ausbildung in Uganda stattfindet. Unsere Fraktion im Bundestag hat sich schon in der Vergangenheit gegen diesen Einsatz ausgesprochen. Grundlage ist unser Parteiprogramm, das eine polizeiliche oder militärische Zusammenarbeit mit autoritären Regimen ablehnt.
In Somalia sind die Probleme des Landes nicht unmittelbar und kurzfristig zu lösen. Dringend erforderlich sind, wenn auch erst mittel- und langfristig wirksam, Maßnahmen zur Schaffung zivilisatorischer Strukturen und zur Wiederherstellung der natürlichen Lebensgrundlagen der Menschen in Somalia. Dazu zählt nicht zuletzt die sachgerechte Beseitigung des auch europäischen Giftmülls, der vor der Küste des Landes in Größenordnung ins Meer entsorgt wurde und die Fische vergiftet. Damit sich die Fischgründe erholen können, wäre begleitend ein Verbot großer Trawler in diesen Gewässern sinnvoll. Mit starker europäischer Unterstützung ist außerdem ein intaktes Bildungssystem in Somalia zu entwickeln und zu etablieren. Nur durch Bildung und Qualifizierung wird die junge Generation dort befähigt, einmal auch unabhängig von fremder Unterstützung ihren Staat führen zu können. Diese Hilfe wäre nicht nur auf das Territorium von Somalia zu beschränken, denn schulische, medizinische und handwerkliche Ausbildungsangebote sind insbesondere auch in den somalischen Flüchtlingslagern in Kenia erforderlich.
Mit freundlichen Grüßen
Stefan Liebich