Frage an Stefan Kaufmann von Joachim W. bezüglich Raumordnung, Bau- und Wohnungswesen
Stuttgart 21
Sehr geehrter Hr. Dr. Kaufmann,
haben Sie schon mal die letzten Wochen die Haupstätter Str. in Stuttgart befahren und sich über den Zustand der Strasse Gedanken gemacht? Finden Sie es nicht bedenklich, dass Eltern die Wände in Schulen, in und um Stuttgart, streichen, weil die Kommunen keine Gelder zur Verfügung stellen können?
Wie wird sich dies während der Bauphase des Unsinn-Projektes "Stuttgart 21" entwickeln, wenn erfahrungsgemäß, wie bei jedem anderen Bauprojekt dieser Größe, die Kosten währenddessen explodieren? Über den längst notwendigen Ausbau der Trasse zwischen Wendlingen und Ulm braucht hinsichtlich Sinnhaftigkeit kein Gedanke mehr verschwendet werden !
Ich freue mich schon jetzt auf die Landtagswahl nächstes Jahr !
Mit freundlichem Gruss
Joachim Willner
Sehr geehrter Herr Willner,
herzlichen Dank für Ihre Anfrage. Wie fast alle Stuttgarter Autofahrer nutze ich auch die Hauptstätter Straße. Und tatsächlich halte ich den Zustand der Straßen in Stuttgart für teilweise bedenkenswert.
Auch die Tatsache, dass viele Stuttgarter Schulen sanierungsbedürftig sind, will ich nicht kleinreden. Bei den notwendigen Einsparungen im vergangenen Doppelhaushalt der Stadt Stuttgart wurde der Bereich Bildung deshalb auch nicht angetastet; zudem sind in diesem Bereich verstärkt Mittel über die Konjunkturpakete der Bundesregierung geflossen. In den derzeitigen Schulferien wird in zahlreichen Schulen Stuttgarts mit Nachdruck daran gearbeitet, notwendige Sanierungen durchzuführen.
Die Probleme des Haushalts der Stadt Stuttgart sind hauptsächlich der Wirtschaftskrise und des daraus resultierenden Wegbrechens von Gewerbesteuereinnahmen geschuldet. Der Ausfall von Einnahmen durch die Porsche AG sorgte für Mindereinnahmen im dreistelligen Millionenbereich.
Die Kosten des ökologischen Jahrhundertprojekts Stuttgart 21 in Höhe von 4,088 Milliarden Euro teilen sich wie folgt auf:
Deutsch Bahn AG: 1.469 Millionen Euro
Bund: 1.229,4 Millionen Euro
Land: 823,8 Millionen Euro
Landeshauptstadt Stuttgart: 238,5 Millionen Euro
Flughafen Stuttgart: 227,2 Millionen Euro
Verband Region Stuttgart: 100 Millionen Euro
Weder die Deutsche Bahn AG, noch der Bund, noch das Land, noch der Flughafen, noch der Verband Region Stuttgart würden bei einem kompletten Projektverzicht ihre Anteile für die Sanierung auch nur einer einzigen Stuttgarter Schule oder einer sonstigen kommunalen Aufgabe verwenden; dies dürfen sie nicht einmal.
Es bleibt der städtische Anteil von 238,5 Millionen. Hierfür hat die Stadt Stuttgart die notwendigen Rücklagen in finanziell besseren Zeiten gebildet. Im Jahr 2009 war die Stadt Stuttgart schuldenfrei. Eine Investitionssumme durch Stuttgart 21 von 4,088 Milliarden Euro in der Stadt Stuttgart generiert Gewerbesteuereinnahmen und neue Arbeitsplätze, die wiederum Steuermehreinnahmen für die Stadt Stuttgart bedeuten. Hinzukommen Mehreinnahmen durch erhöhte Grundsteuererträge auf der Neubaufläche hinter dem Bahnhof. Diese Mehreinnahmen übersteigen den Finanzierungsanteil der Stadt Stuttgart bei Weitem. Für die Stadt Stuttgart wäre somit ein Ausstieg aus dem Projekt ein Minusgeschäft.
Ich freue mich, dass Sie die Notwendigkeit der Neubaustrecke Wendlingen-Ulm anerkennen.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Stefan Kaufmann MdB