Hallo Herr Grimm, das Sterben von traditionellen Handwerksbetrieben, ich denke an Bäckereien und Metzgereien, bereitet mir große Sorgen. Wollen die Freien Wähler dem entgegensteuern? Maßnahmen?
Hallo Frau M.,
dazu verweise ich auf ein Treffen mit einem Fleischermeister, das ich während des Landtagswahlkampfes hatte. Die Berichte dazu finden Sie auf meiner Homepage www.grimm-stefan.de, gleich unter diesen Zeilen als Fließtext oder als PDF hochgeladen.
Appell eines Fleichermeisters: „Esst weniger Fleisch!“
Diese Aussage hätte Stefan Grimm, Kreisrat und Landtagskandidat für die FREIEN WÄHLER für den Main-Tauber-Kreis, von Michael Schmall so nicht erwartet. Schmall ist Fleischermeister, Fleischtechniker und Inhaber eines Schlacht- und Metzgereibetriebs in Uissigheim in 3. Generation. Um sich ein möglichst breites Bild über die Belange der Bevölkerung zu machen, informierte sich Grimm über die schwierige Lage der regionalen Erzeugung und Vermarktung am Beispiel einer Landmetzgerei.
Sichtlich aufgewühlt berichtet Schmall, dass durch den Corona-Ausbruch bei einer Großschlächterei die desaströsen Zustände der Fleischindustrie wieder einmal publik wurden und die Politik endlich gezwungen war zu handeln. Mit einem neuen Gesetzt wurden die viel kritisierten Werkverträge mit ihren teils unwürdigen Arbeitsbedingungen verboten. Zum Schutz der kleinen Betriebe gelten die neuen Regelungen allerding erst ab 50 Mitarbeitern. „Dass die Großschlächterei als Antwort darauf viele kleine Gesellschaften gründete, sollte denen da oben doch zu denken geben!“ so Schmall.
Für Grimm ein gutes Beispiel, wie die große Politik durchaus gewillt ist, Missstände zu beheben. „An der Umsetzung hapere es nicht selten und die Unternehmen finden kreativ Schlupflöcher.“ Ob das handwerkliche Fehler sind oder gute Lobbyarbeit, will er nicht beurteilen. „Das spielt auch keine Rolle. So oder so ein Armutszeugnis!“
Schmall führt aus: „Die industrielle Massenerzeugung drückt die Preise auf ein Niveau, das uns Kleinen keine Luft zum Überleben lässt. Davon sind nicht nur wir Metzger betroffen, sondern auch die Züchter, Landwirte, und alle, die unsere Produkte weiterverarbeiten.“ Kritisch dabei ist: Fällt ein Glied aus, zerbricht die ganze Kette und stirbt. Er ergänzt, dass der Landwirt aus dem Main-Tauber-Kreis nicht mit ein paar Tieren auf seinem Hänger stundenlang zur nächsten Schlachtfabrik fahren kann. Die lachten ihn nur aus und fertigten den nächsten LKW im Akkord ab. Außerdem habe der Transport über diese Entfernungen nichts mehr mit Tierwohl zu tun. Schmall kritisiert viel, hat aber auch Lösungen parat: „Billiges Fleisch dürfte nicht mehr beworben werden. Die Dumpingpreise setzen sich in den Köpfen der Kunden fest“. Deshalb sein Appell: „Esst weniger Fleisch, und wenn, dann das richtige aus der Region. Das tut den Großen weh und unterstützt uns Kleine.“
Als Kreisrat war für Grimm auch der Wegfall der Metzgerausbildung an der Berufsschule in Bad Mergentheim ein Thema. Schmal gab ihm da einen völlig neuen Einblick: „Ich brenne für mein Handwerk und arbeite gerne mit jungen Leuten zusammen. Meine Lehrlinge genießen einen sehr guten Ruf in der Region. Wenn sich aber nicht bald etwas radikal ändert, hat man als junger Mensch in dieser Branche keine Perspektive. Ich werde einer der letzten regionalen Schlachtbetriebe sein. Wenn ich in zwanzig Jahren abschließe, wird dieses Handwerk als solches aussterben. Das will ich Berufsanfängern nicht zumuten.“
„Dieses düstere Szenario müsse sowohl politischen als auch gesellschaftlich verhindert werden“, so Grimm. Mit der Bio-Musterregion setzt der Main-Tauber-Kreis sehr stark auf regionale Vermarktung, Vernetzung und Vielfalt. Das Land muss aber insbesondere die Rahmenbedienungen schaffen, dass Baden-Württemberg mit seinen landwirtschaftlich kleinteiligen Strukturen nicht für den Weltmarkt produzieren muss. „Diesen Wettbewerb können wir nicht gewinnen!“ Am längsten Hebel sitzen Grimm zufolge jedoch die Verbraucher. „Wir alle bestimmen, was wir essen, welchen Wert Lebensmittel und unsere Gesundheit haben und wie wichtig uns das Wohl der Tiere ist. Andere Länder haben eine Esskultur – bei uns ist Geiz geil!“
Beim Thema Corona hellen sich Schmalls Gesichtszüge unerwartet auf. „Es tut mir leid, das so sagen zu müssen, aber für uns ist der Lockdown eine gute Zeit. Die Leute sind zuhause und kochen wieder mehr selbst. Sie gönnen sich etwas Gutes und nehmen sich auch die Zeit, extra zum Metzger zu gehen und nicht nur wie sonst schnell, schnell durch den Supermarkt zu hasten“.
Mit einem beklemmenden Gefühl geht Grimm aus diesem Gespräch. Eines ist für ihn gewiss: „So darf es nicht weitergehen. Politik und Gesellschaft müssen sich wandeln! Ich kämpfe mit aller Kraft dafür, diesen Wandel voranzutreiben! Und alle können sofort mithelfen, indem sie im Supermarkt einen großen Bogen um die Selbstbedienungstheke machen.“