Wie rechtfertigen Sie den Deal mit RWE zum Kohleabbau von Lützerath, obwohl unabhängige Studien zeigen, dass wir die Kohle zur Energieversorgung nicht brauchen und so aber die 1,5 Grad überschreiten?
In Ihrem Programm wird immer wieder betont, wie wichtig das Einhalten des 1,5° Zieles des Weltklimarates sei und dass die Grünen den Kohleausstieg auf 2030 vorziehen wollen. Nun hat Robert Habeck, einer Ihrer Parteivorsitzenden und Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, aber mit dem Kohlekonzern RWE einen Deal abgeschlossen, der das Abbauen der Kohle unter dem Dorf Lützerath unterstützt und genehmigt.
Mehrere unabhängige Studien zeigen und belegen jedoch, dass die Kohle unter Lützerath nicht zur Energieversorgung benötigt wird und dass das 1,5° Ziel so auf jeden Fall nicht eingehalten werden kann.
Wie rechtfertigen Sie als Abgeordneter der Grünen, dass nun trotz dieser Fakten und trotz des großen Protests vieler BürgerInnen und KlimaaktivistInnen der Kohleabbau erfolgen darf?
Sehr geehrte Frau B.,
die Klimavorgaben müssen endlich eingehalten werden und wir müssen wieder auf den Klimapfad zurückkehren. Dazu gilt es so schnell wie möglich aus der Braunkohleverstromung auszusteigen. Für konsequenten Klimaschutz arbeiten die Bündnisgrünen, arbeite ich, arbeiten viele Initiativen und Engagierte Tag für Tag.
Festzuhalten ist: Der Kohleausstieg (West) ist von 2038 auf 2030 vorgezogen. Der Kohleausstieg beinhaltet, dass jedenfalls 280 Millionen Tonnen Kohle und CO2-Emissionen im Boden bleiben. Das gilt, auch wenn im Rahmen der aktuell weiterhin bestehenden Energiekrise ein Mehrbedarf an Kohle entstehen sollte, etwa um Gas einzusparen und so energiepolitisch unabhängig zu sein. Die getroffene Vereinbarung mit den Betreibern hat die Weiterexistenz von fünf bewohnten Orten Kuckum, Berverath, Keyenberg, Oberwestrich und Unterwestrich gesichert. Diese wären anderenfalls ebenfalls abgebaggert worden. 500 Menschen ist so sicher die Zwangsumsiedlung erspart worden.
Festzuhalten ist aber auch: RWE konnte und kann - auch ohne die neu getroffene Vereinbarung - Lützerath abbaggern. Das war und ist gerichtlich abschließend durchgeurteilt. Das ist bitter. Mehr ist in den Verhandlungen mit SPD und FDP als auch mit RWE nicht durchzusetzen gewesen.
Damit ist die Angelegenheit aber weder beendet noch zu den Akten gelegt!
RWE will die Kohle unter Lützerath abbaggern und damit Geld verdienen. Daher gilt es die Kohle schnellstmöglich unökonomisch werden zu lassen. Dazu braucht es viel und mehrere Ansatzpunkte: neben Energiesparen / Energieeffizienz braucht es einen massiven Ausbau der erneuerbaren Energien, dazu auch neue Energiepartnerschaften. Vieles davon haben wir auf den Weg gebracht, aber der Weg bleibt voller Widerstände. Diese gilt es konsequent zu bearbeiten. Dabei sind alle gefragt, eine gesellschaftliche Kraftanstrengung von Überzeugungsarbeit über Handwerk bis zu den nötigen gesetzlichen Rahmenbedingungen (vom Osterpaket, über Heizungsgesetz, Effizienzgesetz usw.). Die Arbeit ist also mitnichten erledigt, sondern geht weiter. Wir müssen nach 16 Jahren Stillstand und Rückfall massiv aufholen. Das ist unser Ziel als Bündnisgrüne.
Der Kampf gegen die Klimakrise erfordert energischen Einsatz und ambitioniertes Handeln. Die klima- und energiepolitischen Versäumnisse der vorherigen Regierungen wiegen schwer. Die fossile Abhängigkeit, in der wir uns befinden, ist dadurch verschuldet. Deswegen setzen wir uns mit voller Kraft für weitere Klimaschutzmaßnahmen wie den früheren Kohleausstieg/ Energieumstieg im Osten als auch - jenseits der Energiepolitik - für etwa eine echte Verkehrswende ein. Dafür ist jede helfende Hand nötig, jeder Zuspruch und jede Kritik.
Mit freundlichen Grüßen
Stefan Gelbhaar.