Frage an Stefan Gelbhaar von Lisa K. bezüglich Verkehr
Guten Tag Herr Gelbhaar,
was wird aktuell getan um die Situation der Radwege in Pankow bzw. Berlin flächendeckend zu verbessern? Wie aktiv sind Sie in diesem Vorhaben? Und wann werden Radfahrer*innen endlich besser geschützt und müssen nicht lebensmüde sein, um aufs Rad zu steigen?
Herzlichen Dank und beste Grüße
Hallo Frau Kirsch,
seit vielen Jahren widme ich mich den Themen Radwegeausbau und Verkehrssicherheit. Daher in loser Reihenfolge, nicht vollständig, aber etwas chronologisch.
In Berlin habe ich den Koalitionsvertrag mit verhandelt, dort etwa die Radverkehrsinfrastrukturgesellschaft Infravelo mit auf den Weg gebracht, die nun beispielsweise die Radschnellwege plant und baut. Im Koalitionsvertrag konnte ich auch den erheblichen Personal- und Geldmittelaufwuchs insbesondere für den Radverkehr verankern, der dann in den letzten Jahren in Berlin und den Bezirken auch umgesetzt wurde. So gibt es nun deutlich mehr Radverkehrsplanerinnen und -planer. Die ersten Veränderungen sind auf Pankows Straßen sichtbar, etwa der Pop-Up-Radstreifen in der Danziger Straße, der nun zum geschützten Radstrewifen geworden ist. Die neue Fahrradstraße in der Ossietzkystraße, oder der neue, zwei Meter breite Schutzstreifen auf der Pasewalker Straße. Das reicht nicht, ist aber mehr, als in den vielen Jahren geschafft wurde. Trotzdem: die Schlagzahl muss weiter deutlich anziehen.
Daneben habe ich insbesondere den Radverkehrsteil des Berliner Mobilitätsgesetzes mit geprägt, in welchem Zielvorgaben über die nächsten Jahre festgeschrieben sind und somit für die Verwaltung als gesetzlicher Rahmen fungiert.
Die Verwaltung muss mitgenommen werden auf dem Weg der Verkehrswende, das klappt mal besser - aber auch mal schlechter. Zugleich steht die Verwaltung vor straßenverkehrsrechtlichen Regeln auf Bundesebene, die die Verkehrswende ganz bewußt ausbremsen sollen. Daher habe ich mich 2017 für den Bundestag beworben und bin auch gewählt worden. Im Bundestag setze ich mich seitdem für bessere Regelungen für den Radverkehr ein. Mein erster Antrag bezog sich auf eine deutliche Erleichterung der Einführung von Fahrradstraßen. Für Fahrradstraßen sind in der StVO und ihren Ausführungsvorschriften absurde bürokratische Hürden aufgetürmt, statt den Städten und Gemeinden einfach freie Hand zu geben. Gleiches gilt für Parkraumbewirtschaftung, Grünpfeil und vieles mehr. Denn klar ist:
Wir brauchen ein Straßenverkehrsrecht, das nicht einseitig Autos bevorzugt, sondern die Basis für eine echte Verkehrswende legt. Fuß- und Radverkehr dürfen gegenüber dem motorisierten Verkehr nicht länger benachteiligt werden.
Als Sprecher für Verkehrspolitik und Radverkehr der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen setze ich mich genau dafür ein. Mehr zu meinen Aktivitäten habe ich etwa auf meiner Website in verschiedenen Dossiers etwa zu den notwendigen Reformen im Straßenverkehrsrecht (https://www.stefan-gelbhaar.de/stvo), beim Abbiegeassistent (https://www.stefan-gelbhaar.de/lkw) oder in Kategorien, wie z. B. „Berlin & Pankow“. Das alles und noch einiges mehr hier aufzulisten, würde ein wenig den Rahmen sprengen. ;-)
Seit mehreren Jahren sorge ich durch Anträge, zahlreiche Anfragen, eigene Gutachten usw. dafür, dass der Verkehrsminister das Thema endlich angeht, z.B. dass er endlich Abbiegeassistenzsysteme für Lkw verpflichtend vorschreibt und dass die Straßenverkehrsordnung endlich rad- und fußverkehrsfreundlich umgeschrieben wird.
Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin zu den Pop-Up-Radwegen zeigte dann aber einmal mehr, wie schwierig sich die Umsetzung der Verkehrswende vor Ort gestalten kann, wenn der Rechtsrahmen massive Defizite aufweist. Genau um eine Verbesserung dieser Rechtsgrundlagen setzte ich mich als Bundespolitiker ein. Die Corona-Pandemie hat ja verkehrspolitisch einiges bewegt, aber gerade die Pop-Up-Radwege (wie z.B. in der Danziger Straße) wurden heftig bekämpft. Ich habe diesbezüglich den Wissenschaftlichen Dienst des Bundestages um eine Einschätzung gebeten, und mit dem Gutachten dann die Debatte auch rechtlich zu versachlichen gesucht.
Auch aus der Opposition ließ sich ein bisschen was, wenn auch bei weitem nicht genug für den Radverkehr bewegen. Ratlos lässt mich die Handlungsarmut der Bundesregierung beim Thema Abbiegeassistent zurück, auch wenn ich konstatiere, dass es mir gelungen ist, das Thema bundespolitisch zu verankern - aber das reicht halt nicht. Freuen tue ich mich darüber, dass es gelungen ist, mehrere Fahrradprofessuren zu schaffen, und so Forschung und Fortbildung einen Schub zu geben.
Die Bundesregierung sah sich so unter Druck, dass sogar ein wenig mehr Geld für den Radverkehr bereit gestellt wurde (nichts im Vergleich zu den Milliarden für den Straßenbau). Hier gilt es dranzubleiben, um die Radinfrastruktur in Berlin, aber auch im gesamten Land, deutlich zu verbessern.
Gerne halte ich Sie übrigens mit meinen Newslettern, in denen ich regelmäßig über meine Arbeit berichte, auf dem Laufenden: https://www.stefan-gelbhaar.de/news.
Mit freundlichen Grüßen,
Stefan Gelbhaar