Frage an Stefan Gelbhaar von Benjamin K. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Gelbhaar,
gerade bei jüngeren Menschen ist der Rundfunkbeitrag in die Kritik geraten, da 18 Euro für Studenten (ohne Bafög) viel Geld sind und dem Bürger durch die Zwangsteilnahme am öffentlich-rechtlichen Rundfunk das Recht auf Informationsfreiheit und mediale Selbstbestimmung genommen wird.
An sich finde ich, haben die Grünen gute Punkte in ihrem Programm, aber gerade beim Thema Rundfunkbeitrag entseht bei mir der Eindruck, die Grünen würden weniger die Interessen der Bürger, als die Interessen des halbstaatlichen öffentlich-rechtlichen Rundfunks vertreten. Wie sehen Sie das?
Im Juni 2013 meinte Malte Spitz zur Schließung des griechischen Staatsfunks: "Die plötzliche Schließung des griechischen Staatsrundfunks ist ein fatales Signal an die griechische Bevölkerung. Gerade in Zeiten der Krise ist eine vielfältige und unabhängige Medienlandschaft umso wichtiger für das demokratische Zusammenleben."
Würden Sie sich auch der Meinung von Malte Spitz anschließen, staatliches Fernsehen leiste einen Beitrag zu einer *unabhängigen* und *vielfältigen* Medienlandschaft?
Ist es nicht vielmehr so, dass der halbstaatliche, öffentliche-rechtliche Rundfunk die Meinungsvielfalt durch seine fast schon monopolartige Stellung gefährdert? Wie sehen Sie das?
Und wenn es so ist, wäre es da nicht gut, dem Bürger das Recht zu geben, die Zahlung von Rundfunkbeiträgen zu verweigern, damit die Meinungsvielfalt in Deutschland erhalten bleibt?
Nein zu sagen, ist ein wichtiges Recht im Prozess demokratischer Willensbildung, oder sehen Sie das anders?
Wäre es also nicht an der Zeit, dem Büger das Recht zu geben, nicht nur zu sagen: "Atomkraft? Nein danke!" sondern auch: "Öffentlich-rechtlicher Rundfunk? Nein danke!" Das möchte ich Sie fragen.
Herzlich,
Benjamin König
Sehr geehrter Herr König,
vielen Dank für Ihre Stellungnahme und Ihre Fragen. Ich möchte Ihnen wie folgt antworten:
Erstmal grundsätzlich: Der Rundfunkbeitrag wird im Gegensatz zur früheren Gebühr weder geräte- noch personenabhängig erhoben, sondern fällt als Beitrag pro Haushalt an. Damit entfällt die frühere Schnüffelei, ob Geräte in den Haushalten vorhanden sind oder nicht. Die Schnüffelei zu beenden war uns wichtig.
Die Abkehr von der Geräteabhängigkeit der Gebühr ist nachvollziehbar, da beispielsweise mit PCs, Tablets und Smartphones sehr viele potenzielle Empfangsgeräte hinzugekommen sind (das bedeutet auch, dass Studierende etwa in Wohngemeinschaften regelmäßig günstiger stehen müssten als bei dem vergleichbaren Ansatz der früheren Rundfunkgebühren pro Gerät). Die Gerichte haben intensiv die Frage geprüft, ob Grundrechte wie etwa das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung verletzt sind, keine der Klagen war jedoch bislang erfolgreich.
Nun zu den einzelnen Fragen:
Medienvielfalt:
Das öffentlich-rechtliche Fernsehen trägt - auch durch seine vom Staat unabhängig gesicherte Finanzierung - zur Vielfalt in der Medienlandschaft bei. Insbesondere in der aktuell unter Druck geratenen Presselandschaft gibt es im Rahmen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks weiterhin Räume für investigativen Journalismus. Hinzu treten viele unterschiedliche Sendungen von Kulturprogramme über Dokumentationen bis zur umfangreichen Sportberichterstattung. Natürlich gibt es auch Sendungen, wo die Herstellung von Vielfalt auch auf den zweiten Blick nicht offenbar wird, gerade im Vorabendprogramm.
Stellung in der Medienlandschaft:
Der öffentlich-rechtliche Rundfunk stellt nur einen Teil der Medienlandschaft dar. Sowohl im Fernsehen wie auch im Hörfunk gibt es ein breites privates Angebot mit ebenfalls hohen Marktanteilen. Gerade im ländlichen Raum sichert der öffentlich-rechtliche Rundfunk ein Grundangebot an Regional-Informationen her. Dort, wo insbesondere die Zeitungen seit längerem nur noch mit zwei Angeboten oder gar nur einem vertreten sind, ist dieses Angebot sehr wertvoll.
Wirkung von ARD, ZDF und DRadio:
Der öffentlich-rechtliche Rundfunk wird durch die Beiträge aller Haushalte finanziert. Gerade von den geschaffenen Kulturangeboten, wie Filmen, Dokumentationen, Konzerten etc., und den Informationsangeboten, die jeweils weit über die Ausstrahlung im TV oder Radio hinaus wirken. Die Haushaltsbeiträge unterstützen im Ergebnis die Meinungsvielfalt.
Evaluation und Kritik
Gleichwohl haben wir eine Evaluation der Wirkung des neuen Rundfunkbeitrages verankert und haben an einigen Punkten auch Kritik. Dies beginnt programmatisch bei der in Teilen anzutreffenden Werbefixiertheit bei ARD und ZDF und thematisiert bspw. auch die in Teilen ausufernde Sportberichterstattung. Schließlich kritisieren wir die Regelung des Drittel-Beitrages für Menschen mit Behinderungen (waren vorher freigestellt) oder in Teilen zu eingeschränkte Befreiungsmöglichkeiten.
Ich hoffe Ihre Fragen beantwortet zu haben.
Mit freundlichen Grüßen
Stefan Gelbhaar.