Frage an Stefan Boxler von Olaf W. bezüglich Familie
Wie wollen Sie weitere Schulschließungen im ländlichen Raum verhindern ?
Sehr geehrter Herr Wissel,
wie Ihnen sicherlich bekannt ist, liegt die Kulturhoheit bei den Ländern und nicht beim Bund, deshalb möchte ich Ihnen kurz den Standpunkt unserer Fraktion im sächsischen Landtag deutlich machen:
BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN in Sachsen sehen die dringende Notwendigkeit, den Bestand wohnortnaher Schulen zu gewährleisten. Schulen sind unserer Auffassung nach ein unverzichtbarer Bestandteil der lokalen Infrastruktur und Voraussetzung für eine nachhaltige kulturelle, soziale und ökonomische Entwicklung der ländlichen Regionen. Gute Schulen sind ein Standortvorteil für unzählige Unternehmen. Dabei ist insbesondere die enge Bindung vieler Mittelschulen an die Firmen vor Ort ein gewichtiges Argument für den Erhalt von Schulen. Entscheidendes Kriterium für die zurückliegenden und anstehenden Schulschließungen sind die gesetzlichen Vorschriften für den Schulerhalt und das gegliederte Schulsystem.
Wir setzen uns für eine deutliche Senkung der Mindestschülerzahlen an sächsischen Mittelschulen und Gymnasien ein. Dem Schulgesetzentwurf der grünen Landtagsfraktion zufolge soll die Mindestschülerzahl von 150 für die gesamte Schule an Mittelschulen (400 bei Gymnasien) maßgeblich für den Schulerhalt sein. Schulen soll so ermöglicht werden, zwischenzeitliche Schülerzahltiefstände der 5. Klassen zu überwinden, ohne den Erhalt der gesamten Schule zu gefährden.
Darüber hinaus sieht unser Gesetzentwurf die Realisierung der Gemeinschaftsschule auf Antrag von Mittelschulen oder Gymnasien vor. Neben der darin zu verwirklichende neuen Lernkultur mit individuellem, jahrgangsübergreifendem, gemeinsamen Lernen mindestens bis zum 8. Schuljahr können lange Schulwege vermieden werden. Während derzeit Mittelschulen und Gymnasien oft an verschiedenen Orten nebeneinander her existieren, können Gemeinschaftsschulen beide vereinen und so ein wohnortnahes Angebot garantieren. Die nun von der Koalition ermöglichte Einrichtung von Gemeinschaftsschulen wird von uns dementsprechend als Chance zum Erhalt vieler wohnortnaher Schulstandorte begriffen.
Wesentlich für den Erhalt kleiner Schulstandorte ist ein flexiblerer Umgang mit Personal. Kleine Schulen können aufgrund geringeren Personals in der derzeitigen Situation wesentlich schlechter auf Schülerzahlschwankungen reagieren. Sie brauchen deshalb mehr Eigenverantwortung im Personaleinsatz, müssen von starren Vorgaben in Stundentafel und Lehrplan abweichen können, um auf die individuellen Lernvoraussetzungen der Schüler eingehen zu können. Die grüne Landtagsfraktion hat mir Ihrem Eckpunkte-Konzept zur Personalentwicklung an den allgemein bildenden sächsischen Schulen „perspektive 2010+“ detaillierte Vorschläge zur personellen Entwicklung im sächsischen Schulwesen gemacht. Wir schlagen darin feste Personalrelationen für Grundschulen, Mittelschulen und Gymnasien entsprechend einer vorgeschriebenen Schüler-Lehrerstellen-Relation von 1:14 vor. Ganztagsschulen sollen zusätzlich 20 % mehr Lehrerstellen erhalten und Mittelschulen mit besonderem Förderbedarf sollen mit bis zu 30% zusätzlichen Lehrkräften ausgestattet werden. Damit soll der tatsächliche Bedarf an den allgemein bildenden Schulen abgesichert werden, ohne dass mit abgeordneten oder in Altersteilzeit befindliche Lehrkräfte die Statistik verzerrt werden kann.
Für weitere Fragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Stefan Boxler