Frage an Stefan Boxler von Hartmut L. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Sehr geehrter Herr Boxler,
ich bin Betriebsrat in einer gößeren Einrichtung des Sozial- und Gesundheitswesens in Ihrem Wahlkreis.
Was uns schon lange beschäftigt, sind die Auswirkungen des demografischen Wandels in vielerlei Hinsicht.
Der Pflegeberuf ist sowohl finanziell, als auch von den Arbeitszeiten und der -belastung wenig attraktiv. D. h. es fehlt uns an allen Ecken und Enden an Nachwuchs. Die vorhandenen Pflegekräfte werden im Durchscnitt immer älter und sind, sobald die 6 als erste Ziffer des Lebensalters in Reichweite kommt, kaum noch in der Lage Vollzeit zu arbeiten, können es sich aber auch nicht leisten, zu reduzieren. Das Resltat: Ein hoher Stand an Langzeiterkrankungen, verbunden mit hohen volkswirtschaftlichen Kosten und schlimmer noch: Die Betroffenen gehen krank in die Rente und sehen sich häufig mit erheblichen finanziellen Einbußen konfrontiert. - Zum Dank für ihren jahrzehntelangen Einsatz für die Allgemeinheit.
Wie soll dieses Problem gelöst werden?
Sehr geehrter Herr Lobien,
vielen Dank für Ihre Frage zur attraktiveren Gestaltung des Pflegeberufs, die ich Ihnen gerne wie folgt beantworte:
Wir benötigen ein ganzes Bündel von Maßnahmen, um die Pflegeberufe attraktiver zu machen. Dazu zählt die Steigerung der Ausbildungsplätze, die kostenfreie Ausbildung und sichere Ausbildungsvergütung, die zukünftige Sicherung der Finanzierung des 3. Umschulungsjahres und eine Ausbildungsumlage. Wir wollen nicht, dass die drei Pflegeberufe zu einem einzigen zusammengelegt werden und damit die notwendige Spezialisierung zugunsten von Arbeitsplatzflexibilität eingebüßt wird. Allerdings streben wir eine Harmonisierung der drei Ausbildungsgänge an, um einen Wechsel zu erleichtern. Darüber hinaus wollen wir mehr Möglichkeiten zur Weiterqualifikation schaffen. Wir benötigen ein bundesweites Pflegemonitoring, um den genauen Bedarf aber auch das Angebot einer Region abbilden zu können. Die Berufsverweildauer, sowie die niedrige Vollzeit-Quote in der Pflege muss erhöht werden.
Wir plädieren darüber hinaus dafür, ein Personalbemessungsinstrument einzuführen, das es ermöglicht die Anzahl der benötigten Pflegekräfte aus dem tatsächlichen Pflegebedarf der PatientInnen abzuleiten. Um eine angemessene Personalausstattung in der Pflege zu erreichen, brauchen wir eine bundeseinheitliche, verbindliche und nachvollziehbare Regelung zur Personalbemessung, die wir - anders als die unterschiedlichen heimrechtlichen Regelungen - auf Bundesebene prüfen können.
Die Prüfung bestehender Instrumente müsste die Fragen beantworten, ob sie den Pflegebedarf angemessen abbilden, ob sich anhand des Pflegebedarfs der Personalbedarf bemessen lässt und wie eine entsprechende Berechnung konkret aussieht. Dieses Verfahren ist zweifellos aufwendig, würde aber im Ergebnis die Personalausstattung in der Alten- und Krankenpflege deutlich besser abbilden.
Der Beruf muss mit einer angemessenen Bezahlung einhergehen. Dafür werden wir die mit dem Pflege-Neuausrichtungs-Gesetz ( PNG ) erfolgte Änderung des SGB XI, die die Zahlung des Mindestlohns statt tariflicher oder ortsüblicher Löhne zur Voraussetzung für Vertragsschlüsse gemacht hat, rückgängig machen. Grundsätzlich müssen die Arbeitsbedingungen attraktiv sein und da sind auch die Arbeitgeber gefragt. Es sind also alle Akteure gefragt und viel wurde in der Vergangenheit schon versäumt - auch die unzureichende Investition von einigen in Auszubildende. Also ist das nicht nur eine Sache der Politik, sondern auch der Arbeitgeber und Träger.
Für Rückfragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.
Vielen herzlichen Dank.
Mit freundlichen Grüßen
Stefan Boxler