Wie stehen die LINKE zu dem Thema der Vereinfachung zum Zugang geschlechtsangleichender Behandlungen für Trans/nichtbinäre Personen in Deutschland?
Sehr geehrter Herr Pellmann,
Ich bin eine nicht-binäre Person, welche gerade den offiziellen Zugang an geschlechtsangleicheneder Hormontherapie in Deutschland sucht. Der Prozess hierfür involviert bis zu monate-langer Unterziehung von Psycho-Therapie, um mir das sogenannte "Indikationsschreiben" auszustellen, mit welchen ich (hoffentlich) meine Medikamente kassenärtzlich erhalten kann. Der Weg über die Privatversicherung ist sehr kostenspielig, und bei vielen Ärzt*innen grundsätzlich nicht möglich, da viele selbst hier das Indikationschreiben verlangen. Der gesamte Prozess ist extrem zehrend, bei jedem Schritt habe ich das Gefühl, mir wird nicht geglaubt, ich sei Trans, und ich muss mich für mein Bedürfnis von lebensqualität-verbessernder Medizin gegenüber unserer medizinischen Bürokratie immer wieder rechtfertigen. Gibt es in der LINKEN hirzu Ansetzte, diesem Problem nachzugehen? Und wenn ja, welche? Vielen Dank für Ihre Zeit und Expertise!

Hallo Robin F.,
das Thema ist komplex. Aber die Linke steht an der Seite der Betroffenen eines leider unzulänglichen Gesetzes bzw. flankierenden Regelungen oder Gesetzen, die eben Problematiken klären sollten und Probleme vermeiden sollten, wie sie sie derzeit erleben.
Die Linke hat im Bundestag mit Bauchschmerzen für das Selbstbestimmungsgesetz gestimmt. Bauchschmerzen hatten wir, weil das Gesetz eben unzulänglich war.
Wir haben zu dem Gesetz einen Entschließungsantrag eingebracht. Diesen finden sie hier:
https://dserver.bundestag.de/btd/20/110/2011029.pdf
Hierin heißt es unter Punkt 8:
"Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung dazu auf: (...)8. einen Gesetzentwurf vorzulegen, der den Zugang für die genannten Personengruppen zu einer gut informierten bedarfsorientierten und ausreichenden Gesundheitsversorgung ermöglicht und insbesondere die Kostenübernahme für notwendige medizinische Leistungen gewährleistet;"
Zu ihrer konkreten Problematik haben wir folgenden Hinweis Die Leistungen der PKV sind leider wenig geregelt und unterschreiten gerade im Bereich Psychotherapie teilweise die Absicherung durch gesetzliche Krankenkassen. Auch in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) gibt es leider Probleme bei der Anerkennung von geschlechtsangleichenden Behandlungen. DIE LINKE fordert daher, dass diese Form der Gesundheitsversorgung als eigener Leistungsbereich der GKV festzuschreiben und einen breiten Katalog an Behandlungen als Anspruch der Versicherten festzuschreiben. Das ist bei der PKV systembedingt nicht möglich. Diese und weitere Benachteiligungen von Privatversicherten sind einer der Gründe, warum alle Menschen in einer solidarischen Gesundheitsversicherung, die eine menschenwürdige und diskriminierungsfreie Versorgung auf dem aktuellen Stand des Wissens gewährleistet, abgesichert sein sollen.
Als Gruppe im Bundestag ist uns eine Rechtsberatung leider nicht erlaubt. Daher allgemein gesprochen: Falls die Vertragsbedingungen ihres konkreten PKV-Tarifs ihre Trans-Behandlung nicht ermöglicht, können Sie über eine freiwillige Versicherung in der GKV nachdenken, falls das für Sie möglich ist. Zwar gibt es auch in der GKV weiterhin Probleme, aber zumindest hat sich die Versorgungssituation doch deutlich verbessert. Auch ein Tarifwechsel bei ihrem derzeitigem Versicherungsunternehmen ist grundsätzlich möglich, kann aber auch zu Nachteilen führen. Ob das für Sie sinnvoll ist, lässt sich nur durch eine detaillierte Analyse ihrer individuellen Situation und der angebotenen Tarife des Versicherers abschätzen. Allgemeine Hinweise gibt hier die Verbraucherzentrale: https://www.verbraucherzentrale.de/wissen/gesundheit-pflege/krankenversicherung/private-krankenversicherung-so-wechseln-sie-in-einen-guenstigeren-tarif-12352
Ich empfehle hier eine unabhängige Beratung, die z.B. einige Verbraucherzentralen der Länder anbieten (kostenpflichtig). Auch die unabhängige Patientenberatung Deutschland (UPD, www.patientenberatung.de), die sich momentan im Aufbau befindet, kann hier ggf. weiterhelfen.
Des Weiteren würden ihnen empfehlen sich an den Bundesverband Trans zu wenden, dieser ist uns als sehr kompetenter Kooperationspartner bekannt.
https://www.bundesverband-trans.de/kontakt/
Wir wünschen ihnen auf ihrem Weg viel Erfolg.
Mit solidarischen Grüßen
Sören Pellmann