Benötigt die dt. Erinnerungskultur an den 2. Weltkrieg aus Ihrer Sicht eine Zeitenwende, wie in der Forschung länger diskutiert? Welchen Platz darin sollte der bewaffnete (linke) Widerstand einnehmen?
https://tinyurl.com/yyaaf59f
https://tinyurl.com/48u57ems: "Vor dem Hintergrund des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine wird deutlich, dass die deutsche Erinnerungskultur immer noch von einer starken Selbstbezogenheit bestimmt ist. Zu wenig sind die Kriegserinnerungen der europäischen Nachbarn und ehemaligen Kriegsgegner wahr- und ernstgenommen worden. Zu wenig sind sie in eine auf sich selbst gerichtete Beschäftigung mit der Geschichte eingegangen und konnten hier eine regulative Wirkung entfalten. In der Folge davon zeigt sich heute gegenüber der Ukraine vielfach eine ebenso zurückhaltende und zaghafte wie selbstgefällige und überhebliche Haltung."
Welchen Platz darin sollte zudem der im Gegensatz zum widerstands- u. tatscheuen Großteil der NS-Beteiligungsdiktatur kämpferische, (selbst-)bewaffnete deutsche Widerstand von (zumeist linken) Widerstands(einzel)kämpfer/innen einnehmen? https://tinyurl.com/y2rhwvjf https://tinyurl.com/3f4am5py

Sehr geehrter Herr H.,
vielen Dank für Ihre Frage. Die Rezeption des Widerstandes gegen den Faschismus hat in Deutschland eine widersprüchliche Geschichte. Während in der BRD er lange ein Tabu-Thema war, z. Bsp. Stauffenberg als Verräter galt, und später der bürgerliche Widerstand im Mittelpunkt stand, stellte die DDR zunächst natürlich den kommunistischen Widerstand in das Zentrum ihrer Geschichtsschreibung. In den 80igern gab es dann durchaus Ansätze einer breiteren Rezeption des Widerstandes in beiden deutschen Staaten. Nach dem Anschluss der DDR an die BRD ist es jedenfalls nicht gelungen den antikommunistischen Reflex zu überwinden und eine Erinnerungskultur zu entwickeln wie zum Beispiel in Frankreich oder Italien in der die Résistance und Resistenza fest eingebunden sind.
Mit freundlichen Grüßen
Sören Pellmann