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Sören Pellmann
DIE LINKE
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Frage von Norbert S. •

Soziale Gerechtigkeit Die Linke will eine ausbeutungsfreie Gesellschaft, welche sie demokrat. Sozialismus nennt. Haben sie eine Begriffsdefinition von Ausbeutung und von deren Größen für Deutschl.?

Es gibt bisher von Seiten der Linken keine Begriffsdefinition von Ausbeutung und auch keine Aufstellung wie viel Ausbeutung es gibt.
Wie will die Linke zur einer ausbeutungsfreien Gesellschaft bzw. politischen Mehrheiten dafür kommen, wenn sie den Menschen nicht erklären kann, was sie davon haben bzw. was es konkret für Deutschland bedeutet?
Wie viel Geld geht den Menschen verloren, welche Arbeits- und Lebenszeit müssen die Menschen dafür aufwenden? Wie hoch ist der Resourcenverbrauch dafür?
Wieso kommt in Wahlprogrammen von Kommunal-, Landtags- und Bundestagswahlen die Begriffe Ausbeutung und Umverteilung nicht vor, obwohl dies ja in jedem Dorf, in jeder Stadt, in jeden Landkreis und in jeden Bundesland tagtäglich stattfindet?

Wie ist ihre Einschätzung dazu?
Für mich sind z.B. „leistungslose Einkommen“ Ausbeutung, weil der erzielte Gewinn/Reichtumszuwachs ohne persönliches Risiko bzw. eigene Arbeit entsteht.
Monopolgewinne/Ausbeutung z.B. d. Immobilien- und Bodenspekulation u.v.a.

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Antwort von
DIE LINKE

Zunächst möchte ich Ihnen Recht geben, der Begriff Ausbeutung ist ein sehr vielseitiger und schwer abschließend zu definieren.

Der Kapitalismus als ökonomisches System ist für die Ausbeutung des Planeten verantwortlich. Die Menschheit verbraucht die Ressourcen unseres Planeten schneller, als dieser sich regenerieren kann und zerstört so nachhaltig und im rasanten Tempo unsere Existenzgrundlage. Natürlich haben Sie aber auch Recht in Ihrer Einschätzung, dass Immobilien- und Bodenspekulation Ausbeutung ist, da dort ein wichtiges Gut, wie Wohnraum oder auch Ackerland, den Menschen vorenthalten und nur zu horrenden Preisen zur Verfügung gestellt wird. Hier werden die Menschen auf zweierlei Art ausgebeutet, da ihnen erst eine Lebensgrundlage und anschließend das Geld in großen Mengen weggenommen wird. Letztlich beruht auch der Niedriglohnsektor - Deutschland hat dank der Agenda 2010 europaweit den größten - auf Ausbeutung, in diesem Falle Ausbeutung der Arbeitskraft. Wer mehrere Jobs für eine Bezahlung unter dem Mindestlohn ausüben muss und dann noch nicht mal vom Sozialstaat aufgefangen und Unterstützung erhält, dessen Arbeitskraft wird zugunsten der Profite der Arbeitgeber und Konzerne ausgenutzt. Ebenfalls ist der aktuelle Mindestlohn ausbeuterisch, da die Menschen auch hier schuften, um dann mit ihrem Gehalt kaum über die Runden zu kommen.

Dies sind nur ein paar Beispiele, die vielfältig, mitunter auch global, ergänzt werden können und zeigen, wie Ausbeutung in verschiedenen Bereichen innerhalb des Systems vorkommt.

Grob zusammengefasst kann man sagen: Wer in einem System lebt, in dem immer mehr und mehr Wachstum erlangt werden soll (und muss), der braucht auch die „Bauernopfer“, die immer mehr und mehr geben und im Gegenzug mit immer weniger dastehen. In Deutschland, Europa und der Welt schlägt sich dies hauptsächlich im immer größer werdenden Armutssektor und der ungleichen Verteilung von Vermögen nieder (vgl. Armutsbericht der UN oder Statistiken zur Vermögensverteilung in Deutschland).

Dass bei uns teils wenige Zahlen verwendet werden, liegt daran, dass es in manchen Bereichen schwierig ist, an Zahlen zu kommen und viele der Statistiken auch von Schwankungen betroffen sind. Deswegen reagieren wir dann eher in tagesaktuellen Postings, Reden und Mitteilungen auf die entsprechenden Statistiken und unterstreichen damit unsere Arbeit und Forderungen. Unsere Programme sind entsprechend oft „zahlenarm“, unsere Forderungen aber nicht weniger aktuell.

Als LINKE machen wir uns in unseren Programmen immer wieder für die Überwindung des kapitalistischen Ausbeutungssystems und der Umverteilung des Reichtums stark. Manchmal werden diese Begriffe vielleicht nicht explizit benannt, aber beides ist Kern linker Politik, in unserem Parteiprogramm fest verankert und somit Grundlage unserer darauf aufbauenden politischen Arbeit.

Wir sehen im demokratischen Sozialismus die Antwort auf die großen Krisen im kapitalistischen System und sind fest davon überzeugt, dass Demokratie und Sozialismus untrennbar miteinander verbunden sind. Nur wer Politik mit der Mehrheit für die Mehrheit macht, hat die Chance, eine klassenbefreite und gleichberechtigte Gesellschaft zu erlangen.

Solange wir in einem System mit vielfältiger, allumfassender Ausbeutung leben, wird es immer mehrheitlich Verlierer und die wenigen Sieger in der Gesellschaft geben. Dass sich dieses System nicht halten kann, denke ich, ist vielen Menschen klar.

Demokratischer Sozialismus ist deswegen immer auch eine demokratische Bewegung zur Befreiung der Menschen von jeglichen Unterdrückungs- und Ausbeutungsverhältnissen, das Gegenstück zum Jetzt sozusagen, und würde ein Land schaffen, in dem man tatsächlich „gut und gerne leben“ kann.

 

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