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Sören Bartol
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Frage von Andreas K. •

Frage an Sören Bartol von Andreas K. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Guten Tag,

wäre es nicht mal an der Zeit das Deutschland oder am besten die komplette EU weitreichende Sanktionen gegen China erhebt. Aufgrund des mal wieder massiven Hackerangriffs auf die Exchange-Server Mailserver? Es ist doch mal an der Zeit das die Politik hier aktiv wird. Ich will nicht wissen wie groß hier wieder der wirtschaftliche Schaden alleine nur für Deutschland ist.

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Kasper,

vielen Dank für Ihre Frage. Gerne nehme ich Stellung dazu.

China ist für uns nicht nur ein Partner und ökonomischer Wettbewerber, sondern auch ein systemischer Rivale. Gerade in den letzten Jahren ist immer deutlicher geworden, dass dies die Möglichkeiten der Kooperation und des fairen Wettbewerbs einschränkt. Um die grenzenlosen Herausforderungen unserer Zeit – vom Klimawandel bis zu Pandemien – bewältigen zu können, müssen wir zusammenarbeiten, schon aus reinem Eigeninteresse. Die rasche Ausbreitung der Virusmutanten führt uns unsere wechselseitige Abhängigkeit vor Augen. Denn in unserer durchglobalisierten Welt ist niemand sicher, solange das Virus noch in einigen Weltregionen weiterwütet und die dadurch entstehenden Mutationen uns gefährden. Statt Impfnationalismus und bilateraler Impfdiplomatie brauchen wir deshalb mehr Impfmultilateralismus, dann nur so können wir eine rasche und gerechte Verteilung der Vakzine erreichen. Sowohl China als auch der Westen müssen deshalb die Unterstützung für das globale WHO-Impfprogramm COVAX weiter ausbauen.

Die COVID-19-Pandemie und die Maßnahmen dagegen lösten einen dramatischen Einbruch der Weltwirtschaft aus und führten uns vor Augen, wie weit unsere Verflechtung mit China vorangeschritten ist. Aufgrund von asymmetrischen Abhängigkeiten in systemrelevanten Bereichen sind wir aber auch verwundbar, wie die Lieferengpässe bei medizinischen Gütern zu Beginn der Pandemie zeigten. Forderungen nach einem Decoupling von China werden wir allerdings weiterhin eine klare Absage erteilen, denn davon würde niemand profitieren, erst recht nicht unsere Exportwirtschaft. Vielmehr braucht es eine partielle Neuverkopplung, die einseitige Abhängigkeiten abbaut, indem wir etwa unsere Beziehungen in Asien weiter diversifizieren, wie in den Indo-Pazifik-Richtlinien der Bundesregierung vorgesehen. Auch Interdependenzen sind nicht per se etwas Schlechtes, denn wechselseitige Abhängigkeiten fördern die Zusammenarbeit. Angesichts der ökonomischen Erfolge Chinas sollten wir aber gleiche Wettbewerbsbedingungen und strengere Reziprozität in unseren Handelsbeziehungen einfordern, gerade auch beim EU-China-Investitionsabkommen.

Die Corona-Krise wirkt wie ein Katalysator im Systemkonflikt mit China. Die chinesische Wirtschaft brummt schon wieder und wird – wie bereits nach der Wirtschaftskrise nach 2008 – zum Motor der weltweiten Erholung. Die Erfolge heizen die Debatte über Vor- und Nachteile des westlichen Systems eines demokratischen Rechtsstaats mit sozialer Marktwirtschaft gegenüber der chinesischen Überwachungs-Diktatur mit gelenkter Staatswirtschaft an. Der illusionslose Blick auf die Entwicklung Chinas zeigt zudem, dass sich in absehbarer Zeit die Hoffnungen auf eine politische Liberalisierung im Land und die Einbindung in eine liberale Weltordnung nicht erfüllen werden. Im Gegenteil: die chinesische Führung tritt immer repressiver nach innen und aggressiver nach außen auf, wie die massiven Menschenrechtsverletzungen an den Uiguren in Xinjiang, der weitreichende Eingriff in die Autonomie Hongkongs und die militärischen Drohgebärden gegenüber Taiwan zeigen.

Für uns ist klar, dass wir nur gemeinsam mit unseren europäischen und transatlantischen Partnern erfolgreich unsere Werte und Interessen gegenüber China verteidigen können. Wir müssen deshalb verhindern, dass China durch eine Bilateralisierung der Beziehungen einen Keil zwischen uns treibt. Was wir brauchen, ist eine gemeinsame robuste China-Politik. Die feste Verankerung in der westlichen Sicherheits- und Wertegemeinschaft ist dabei unser Fundament für einen politischen Dialog mit Peking auf Augenhöhe. Deutschland und die EU sollten deshalb die Gelegenheit ergreifen, dass wir mit Joe Biden wieder einen überzeugten Demokraten an unserer Seite haben, und mit ihm unsere China-Politik eng abstimmen.

Statt China-Containment bracht es also zuvorderst Demokratie-Stärkung – zuhause und weltweit. Deshalb sollten wir den „Gipfel für Demokratie“, den Präsident Biden angekündigt hat, tatkräftig unterstützen.

Anbei noch ein neues Positionspapier der SPD-Bundestagsfraktion zu Ihrer Kenntnis.
https://www.spdfraktion.de/system/files/documents/positionspapier_china.pdf

Mit freundlichen Grüßen

Sören Bartol

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