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Sinem Taşan-Funke
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Frage von Julian S. •

Wie würden Sie dem zunehmend aggressiven Antisemitismus bei pro-palästinensischen Demonstrationen auf Berliner Straßen begegnen?

Kandidierendenfoto Sinem Taşan-Funke
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr S.,
vielen Dank für Ihre Frage.

ich glaube, dass wir das bestehende Recht an dieser Stelle konsequent anwenden müssen. Meine rechtliche Auffassung ist, dass es für einen besseren Schutz keine Anpassung der geltenden Rechtslage braucht.

Das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit (Artikel 8 Absatz 1 Grundgesetz) und das Recht auf freie Meinungsäußerung (Artikel 5 Absatz 1 Grundgesetz) haben Grenzen, sobald diese für strafrechtlich relevante Äußerungen oder Handlungen (beispielsweise Volksverhetzung, § 130 Strafgesetzbuch) missbraucht werden. So haben die Behörden bereits jetzt zahlreiche Instrumente in der Hand, um entsprechende Äußerungen und Handlungen auch auf Demonstrationen zu unterbinden. Die Versammlungsbehörden können Auflagen für Demonstrationen festlegen. Wenn diese nicht eingehalten werden oder es zu strafbaren Handlungen kommt, können und müssen die Sicherheitskräfte eingreifen. In letzter Konsequenz kann dies auch zum Untersagen der weiteren Durchführung einer Demonstration führen. 

Ich habe als politische Beobachterin den Eindruck, dass die Behörden diese Möglichkeiten heute schon sehr konsequent nutzen. Teilweise gehen die Auflagen aber so weit, dass z.B. Transparente in arabischer Sprache pauschal verboten werden, was aus meiner Sicht die Demonstrations- und Meinungsfreiheit zu stark einschränkt. Politische Maßnahmen, die ich für noch wirksamer erachte als demonstrationsspezifische Maßnahmen, sind:  

- die Stärkung zivilgesellschaftlicher Initiativen, die Bildungsarbeit gegen Antisemitismus machen,
- die Förderung von Gedenkstätten und Bildungsarbeit,
- die Stärkung der Sichtbarkeit jüdischen Lebens
- das Wachhalten der Erinnerung an die Shoah.

Antisemitismus können und dürfen wir nicht dulden. Es ist wichtig, hier entschieden zu widersprechen und die Stimme zu erheben.
Der Beauftragte der Bundesregierung für jüdisches Leben in Deutschland und den Kampf gegen Antisemitismus, Dr. Felix Klein hat es in einem Interview im Oktober 2023 sehr treffend auf den Punkt gebracht: "Man sollte ganz klar machen, dass solche Äußerungen nicht zum politischen Diskurs gehören, der ernst genommen wird. Unmissverständliche Distanzierung gehört dazu! Das gilt besonders für Äußerungen, die den Holocaust relativieren, die nach einem Schlussstrich unter die deutsche Geschichte verlangen, Verschwörungstheorien salonfähig machen sollen." Dem kann ich mich vollumfänglich anschließen. 

Beste Grüße

Sinem Tasan-Funke