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Sinem Taşan-Funke
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Frage von Mert K. •

Liebe Frau Taşan-Funke, ich wollte gerne fragen, wie Sie zu Waffenlieferungen nach Israel stehen, gerade angesichts des Haftbefehls des IstGH wegen zum Teil schwerer Kriegsverbrechen?

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Antwort von
SPD

Lieber Herr K.,

danke für Ihre Frage. Die Begründung meiner Antwort ist mir sehr wichtig, aber ich möchte dennoch das Ergebnis nach vorne stellen: Ich persönlich finde die Lieferung von Kriegswaffen nach Israel zum jetzigen Zeitpunkt nicht richtig. 

Zunächst gilt für jeden Staat das Selbstverteidigungsrecht. Israel darf sich gegen die Bedrohung der terroristischen Hamas und anderer Akteure in der Region, die das Land weiterhin jeden Tag angreifen, zur Wehr setzen und seine Geiseln befreien. Dabei verlangt das Völkerrecht aber – wie bei jeder kriegerischen Auseinandersetzung – den größtmöglichen Schutz der Zivilbevölkerung und die vollständige Achtung des humanitären Völkerrechts. 

Bei dem militärischen Gegenschlag Israels in Gaza wurden nach schwer zu prüfenden Angaben über 40.000 Menschen getötet, darunter viele Frauen und Kinder. Ein großer Teil der Infrastruktur Gazas ist zerstört. Es gibt zu wenig Nahrung, Wasser, Arzneimittel. Viele Menschen müssen in Zelten leben, ohne funktionierende Sanitärsysteme, Krankheiten häufen sich. Kurzum: Die humanitäre Situation in Gaza ist katastrophal.

Daher ist es wichtig, dass es jetzt endlich einen Waffenstillstand gibt. Bis zu diesem hatten Deutschland und seine internationalen Partner versucht, Einfluss zu nehmen, damit ein Waffenstillstand sowie die Freilassung der Geiseln erreicht werden. Eine Maßnahme war auch, dass die USA, Israels stärkster und wichtigster Bündnispartner, unter der Präsidentschaft von Joe Biden bestimmte Waffenlieferungen wie schwere Bomben eingestellt hat. Weitere Einschränkungen wurden angekündigt. Und auch Länder wie Kanada, Australien und Neuseeland haben Waffenlieferungen bereits eingeschränkt. 

Für Deutschland war die Situation so: Seit Jahresbeginn 2024 wurden die Rüstungsexporte nach Israel extrem eingeschränkt, es wurden keine Kriegswaffen mehr geliefert und nur noch Rüstungsgüter wie Helme im geringen Umfang. Seit August wurden die Exporte wieder erweitert. Hier muss man jedoch unterscheiden zwischen Kriegswaffen und Rüstungsgütern. So werden vor allem Zulieferer- und Ersatzteile geliefert.

Für mich persönlich ist klar: Jede Waffenlieferung muss im Einklang mit dem humanitären Völkerrecht stehen. Israel hat der Bundesregierung eine schriftliche Garantie gegeben, dass die gelieferten Militärgüter im Kampf gegen die Hamas und Hisbollah nicht völkerrechtswidrig eingesetzt werden. An dieser Garantie habe ich erhebliche Zweifel. Diese speisen sich auch aus den von Ihnen angesprochenen Haftbefehlen des IStGH gegen Netanjahu und seinen Ex-Verteidigungsminister Gallant. Es besteht der begründete Verdacht, dass beide Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Gazastreifen verübt haben. An der Integrität des Chefanklägers und der Kammer des IStGH besteht kein mir bekannter Grund zu zweifeln. Deutsche Waffenlieferungen dürfen nicht gegen die Zivilbevölkerung eingesetzt werden. Daher sehe ich die Lieferung von Kriegswaffen nach Israel zum jetzigen Zeitpunkt nach Israel als nicht richtig an.

Ich glaube, dass es Millionen von Menschen gibt, die differenziert über den Nahost-Konflikt denken. Ihre Stimmen werden nicht immer wahrgenommen. Es gibt Menschen, die im Hintergrund für die Verständigung arbeiten – jeden Tag. Ihre Arbeit ist unbezahlbar und wir brauchen mehr davon.

Beste Grüße

Sinem Tasan-Funke