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Frage von Martin B. •

Frage an Simon Weiß von Martin B. bezüglich Wirtschaft

Lieber Simon Weiß,

zuerst zu meinem unmittelbaren "Vorfrager": Ich selbst bin zwar überzeugt vom Klimawandel, aber er wird tatsächlich auch von seriösen Quellen in Frage gestellt. Allerdings sehen sich vor allem libertäre Kreise als "Klimawandelleugner" in einer Märtyrer-Rolle und meinen, "die Mär vom Klimawandel würde nur erzählt, damit die Politik den Bürgern noch mehr Vorschriften machen kann".

Sehen Sie es nicht auch so, dass - egal, ob nun stimmig oder nicht - die Handlungsanforderungen doch eh´ dieselben bleiben, denn CO2-Reduktion etc. sind ja nicht nur für die Vermeidung des Klimawandels sinnvoll, sondern tun allgemein unserer Lebensqualität gut?

Als junge Partei können Sie leicht vollmundige Versprechungen machen: Sie plädieren für ein garantiertes Mindesteinkommen. Wem wollen Sie die dafür notwendigen Gelder wegnehmen und mit welcher Begründung? Wie wollen Sie sicherstellen, dass trotz Mindesteinkommens noch genügend Arbeitsanreize gesetzt sind? Wer bezahlt das Bier, das Sie als Freibier für alle ausschenken wollen?

Wie stehen Sie zur aktuellen Verschuldungskrise? Wie sehen Sie deren Ausgang? Neokeynesianisch, also im Glauben, dass die Überschuldung durch noch mehr Schulden (Rettungsschirme, Eurobonds etc.) gelöst wird? Oder glauben Sie an den Markt als Regulator? Wer ist für Sie Verursacher der aktuellen Krise? Die Notenbanken, die seit Nixon eine zu lockere Geldpolitik betreiben? Der Markt? Die Spekulanten?

Sehen Sie Rezessionen als schlimmes Übel oder als notwendige Bereinigungsphasen an?

Wenn es die Piratenpartei nicht gäbe und Sie sie nicht gründen könnten, wen würden Sie wählen?

Viele Grüße!

Martin Bonnet

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Lieber Martin Bonnet,

um auf Ihre Fragen der Reihe nach einzugehen:

1) Viele Maßnahmen zur Reduktion von Kohlenstoffdioxidemissionen sind natürlich auch grundsätzlich sinnvoll, soweit sie einen effizienteren und nachhaltigeren Umgang mit Energie und anderen Ressourcen bedeuten. An sich ist sie jedoch tatsächlich vor allem in Zusammenhang mit dem Klimawandel geboten. Zudem sollte man bedenken, dass es inzwischen nicht mehr darum geht, den Klimawandel zu verhindern, sondern seine negativen Folgen zu begrenzen, so dass sich die nötigen Maßnahmen nicht auf Emissionskontrolle beschränken. Auch aus diesem Grund ist es durchaus nicht harmlos, hier seine Augen vor der Realität zu schließen.

2) Ein bedingungsloses Grundeinkommen ist natürlich kein Freibier, sondern muss von der Gesellschaft finanziert werden. Dafür existieren verschiedene Modelle; als Partei haben wir uns in dieser Hinsicht für ein Ziel entschieden, aber noch nicht auf einen Weg festgelegt - abgesehen von den ersten Schritten, die in der Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns und der Rücknahme von Sanktionen und staatlicher Kontrolle bei Hartz-IV-Empfängern bestehen. Bereits die jetzigen Kosten unseres Sozialsystems bewegen sich im Bereich dessen, was zur Finanzierung eines Grundeinkommens nötig wäre, ich habe also keine grundsätzlichen Zweifel an der Finanzierbarkeit, den politischen Willen vorausgesetzt.

Unsere Gesellschaft setzt für eine würdige Existenz ein gewisses Einkommen voraus. Solange dies der Fall ist, führt kein Weg daran vorbei, ein Mindeseinkommen in der einen oder anderen Form zu garantieren. Was Arbeitsanreize angeht: Bereits jetzt haben wir ja eher das gegenteilige Problem, dass mehr Arbeitskraft angeboten als nachgefragt wird. Auch ein garantiertes Einkommen wird nichts an den finanziellen und sinnstiftenden Anreizen von Arbeit ändern.

3) Als Berliner Piraten haben wir zu diesem Thema - soweit es uns landespolitisch betrifft - in einem Positionspapier ( http://berlin.piratenpartei.de/2011/08/14/positionspapier-schuldenbremse-ist-auch-keine-losung/ ), in dem wir uns kritisch mit der Schuldenbremse auseinandersetzen, Stellung bezogen.

Ich persönlich bin in dieser Frage geneigt, Keynes zu folgen. Natürlich sind dabei neue Schulden nicht der einzige Weg, die Konjunktur anzukurbeln; auch ein flächendeckender Mindestlohn, wie wir ihn kurzfristig fordern, kann dazu beitragen. Allerdings muss ich auch zugeben, dass ich kein Experte in diesem Bereich bin. Was die Frage nach der Finanzkrise angeht - wichtig finde ich da weniger die Schuldfrage als die danach, was aus Fehlern gelernt werden soll. Dass ein Vertrauen auf den freien Markt ohne ausreichende Regulation und Transparenz fehlgeleitet war, ist ja inzwischen Allgemeingut.

4) An der Stelle würde ich noch einmal Bezug auf die von Ihnen aufgeworfene Frage zum Klimawandel nehmen: Wie das Klima ist auch unsere Wirtschaft ein komplexes dynamisches System. Unabhängig von einer entsprechenden Bewertung scheinen Rezessionen ein unvermeidlicher Bestandteil des gegenwärtigen Systems, die entscheidenden Fragen sind also eher die nach der Vorbereitung darauf und der Abmilderung ihrer gesellschaftlichen Auswirkungen.

5) Die Beantwortung dieser Frage fällt mir etwas schwer und ich bin eigentlich ganz froh, dass ich sie mir nicht tatsächlich stellen muss. Für mich würde wohl zur Zeit keine der im Abgeordnetenhaus vertretenen Parteien als Wahloption in Frage kommen, nicht zur Wahl zu gehen aber erst recht nicht. Wahrscheinlich wäre meine Stimme wohl bei der PARTEI geblieben, die zwischen den zahlreichen satirischen Forderungen ihres Wahlprogramms auch einige durchaus sinnvolle versteckt hat.

viele Grüße,

Simon Weiß