Frage an Silke Stokar von Neuforn von Gerhard R. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Stokar von Neuforn,
vielen Dank für Ihre Antwort betr. Datenschutz beim Kirchensteuereinzug vom 2.3.07. Leider blieben wichtige Fragen unbeantwortet - deshalb die NACHFRAGE.
Bitte lesen Sie noch einmal die Fragen der Herren Ranner und Halfmann sowie meine Frage an Herrn Wolfgang Wieland im Februar. Der Berliner Kirchensteuerskandal wurde durch die Meldebehörden mitverursacht. Schwiegen die Datenschützer als Folge der Nichtverwirklichung ihrer Unabhängigkeit?
Wenn das Gesetz zur Abgeltungssteuer, das die Weiterleitung von religiösen Daten an Banken beinhaltet, beschlossen wurde, müssen - Kirchensteuereinziehung ist Ländersache - die Kirchensteuergesetze der Länder geändert werden. Haben danach die Datenschutzbeauftragten der Länder die Möglichkeit, die Landesverfassungsgerichte anzurufen? Falls nein: Können nach einem erfolgreichen Abschluss des von der EU gegen Deutschland eingeleiteten Vertragsverletzungsverfahrens Datenschutzbeauftragte Gesetze gerichtlich überprüfen lassen?
Mit freundlichen Grüßen
Gerhard Reth
Sehr geehrter Herr Reth,
Zum Kirchensteuerskandal in Berlin habe ich mich nicht geäußert, weil, wie Sie richtig bemerken, mein Berliner Kollege Wolgang Wieland die Fragen beantwortet hat.
Die Unabhängigkeit der Datenschutzbeauftragten ist in den einzelnen Landesgesetzen sehr unterschiedlich geregelt. Die von der EU beanstandeten Probleme sind die zu enge Aufsicht durch die Innenministerien und die eingeschränkte Zuständigkeit für den privaten Bereich.
Der Berliner Datenschutzbeauftragte hatte rechtlich die Möglichkeit, in den Kirchensteuerskandal einzugreifen. Er kann allerdings erst tätig werden, wenn er von einem Vorgang Kenntnis hat. Nach den Berichten in den Medien ist der Berliner Datenschutzbeauftragte aktiv geworden. Wer die Landesverfassungsgerichte anrufen kann, ist in jedem Bundesland anders geregelt. Es ist erstmal Sache des Parlamentes zu prüfen, ob ein Gesetz der Regierung verfassungskonform ist. Im Bundestag ist es zur Zeit so, dass nicht einmal alle drei Oppositions-Fraktionen gemeinsam in der Lage sind, ein Regierungsgesetz vor dem Bundesverfassungsgericht zu überprüfen, weil hierfür ein Drittel der Abgeordneten erforderlich ist. Verfassungsklagen auf Landes- und Bundesebene können von einzelnen Bürgerinnen und Bürgern erhoben werden. Zur Zeit läuft die sehr erfolgreiche Sammelklage gegen die Vorratsdatenspeicherung. Sie haben die Möglichkeit, selber aktiv zu werden. Es ist auf jeden Fall nicht die Aufgabe der Beauftragten für den Datenschutz, Gesetze gerichtlich zu überprüfen.
Mit freundlichen Grüßen
Silke Stokar