Frage an Silke Stokar von Neuforn von Jan K. bezüglich Umwelt
Sehr geehrte Frau Stokar
Meine Frage bezieht sich auf die Rückstellungen der Atomkraftwerksbetreiber.
In den USA hat man durch eine Untersuchung herausgefunden das die Rückstellungen für Anlagenstilllegungen und Rückbau durch Spekulationen im Wert deutlich gefallen sind.Ich empfehle den Telepolis Artikel -> http://www.heise.de/tp/blogs/2/140903.
Meine Frage;
Ist bekannt wie es sich mit den Rückstellungen bei deutschen Kraftwerksbetreibern verhält?
Sehr geehrter Herr Kraft,
vielen Dank für Ihre Frage zu Rückstellungen bei deutschen Kraftwerksbetreibern. Zwar dürfen die deutschen Energiekonzerne (EVU) nicht wie die amerikanischen mit den Rückstellungen am Finanzmarkt spekulieren, dennoch betrachten wir den Umgang mit den Rückstellungen auch in Deutschland mit großer Sorge.
Zum einen haben die Konzerne mit den steuerfreien Rückstellungen zahlreiche Beteiligungen an anderen Energieversorgern erworben und so wettbewerbsschädliche Machtpositionen weiter ausgebaut. Unter anderem deshalb plädieren wir seit längerem für die Schaffung eines öffentlichen Rückstellungsfonds, in den die AKW-Betreiber ihre Rückstellungen überweisen sollen. Zuletzt haben wir dies wieder in einem Antrag im März 2009 gefordert (Drs. 16/12288), der aber von Union, SPD und FDP abgelehnt wurde. Wenn die Betreiber dank eines öffentlichen Rückstellungsfonds nicht mehr operativ mit den Rückstellungen arbeiten können, würde dies dem Wettbewerb auf dem deutschen Strommarkt helfen und somit allen Stromkunden nützen.
Zum anderen ist das bisherige deutsche Rückstellungssystem intransparent und unsicher. Die Bundesregierung hat keinen direkten Einblick in die Systematik der Rückstellungen, kann ihre tatsächliche Verfügbarkeit nicht mit Sicherheit garantieren und muss sich auf die Aussagen der Konzerne und ihrer Wirtschaftsprüfer verlassen. Einmal jährlich erfährt die Bundesregierung, wie hoch die Gesamtsumme pro EVU ist. Sie ist nicht berechtigt zu überprüfen, wie genau die Rückstellungen angelegt sind, und weiß nicht, wie sich die Gesamtsumme eines EVU auf dessen einzelnen Anlagen verteilt und wie viel Geld bisher für welche Rückbauarbeiten ausgegeben wurde. Mithin ist unklar, ob die bisherigen Rückstellungen auch tatsächlich für alle AKW-Rückbauten ausreichen – auch ohne finanz- und wirtschaftskrisenbedingte Anlageausfälle. Wir haben zu dieser Thematik zahlreiche parlamentarische Anfragen gestellt.
Welche finanzielle Gefahr für die Allgemeinheit entstehen kann, zeigt sich an den Atommüll-Lagern Asse und Morsleben sowie am Rückbau der Wiederaufarbeitungsanlage Karlsruhe. In allen Fällen sind die Kosten unerwartet explodiert, zu Lasten tragen die Steuerzahler, die nun mehrere Milliarden Euro aufbringen müssen. Für uns gibt es im Interesse der Allgemeinheit nur eine verantwortliche und sachgerechte Lösung: Die Überführung der Rückstellungen für Endlagerung und AKW-Rückbau in einen öffentlichen Fonds. Schweden und die Schweiz haben übrigens schon solche von uns geforderten Fonds-Lösungen.
Mit freundlichen Grüßen
Silke Stokar