Kann das BAPersBw in der aktuellen Ukraine-Krise, eine unabhängige, nach rechtsstaatlichen Grundsätzen funktionierende zivile Wehrverwaltung (vgl. Art 87 b GG) organisatorisch sicherstellen?
Nach Aussetzung der allgemeinen Wehrpflicht wurde die zivil geführte Wehrverwaltung aufgelöst und ausweislich der veröffentlichten Organisationspläne in 16 Dezernaten Wehrersatz bei den überwiegend durch Soldaten geführten KarrCBw überführt. Beim BAPersBw wurde ein Referat Wehrersatz / Recht in eine militärisch geführte Abteilung VI (Personalführung Reservisten) eingegliedert. Das Referat untersteht einem Soldaten als Unterabteilungsleiter, einem Oberst als Abteilungsleiter und einem General als Vizepräsidenten. Damit wurde die gesamte zivile Wehrverwaltung auf drei höheren Führungsebenen militärischen Vorgesetzten unterstellt. Wie verträgt sich verfassungsrechtlich eine auf Befehl und Gehorsam basierende Führungskultur, bei der die Auftragserfüllung die höchste Priorität hat mit einer unabhängigen (vgl. Art. 87 b GG), nach rechtsstaatlichen Grundsätzen funktionierenden zivilen Wehrverwaltung, bei der die Gesetzmäßigkeit der Auftragserfüllung oberste Priorität haben sollte?
Sehr geehrter Herr G.,
vielen Dank für Ihre Frage, die einen wichtigen verfassungsrechtlichen Grundsatz der Ausgestaltung unserer Streitkräfte betrifft.
Das Grundgesetz sieht vor, dass die Bundeswehr staatsorganisationsrechtlich zum einen aus den Streitkräften (Artikel 87a GG) und zum anderen aus einer von den Streitkräften unabhängigen und eigenständigen Bundeswehrverwaltung (Artikel 87b GG) besteht. Diese Verwaltung dient insbesondere den Aufgaben des Personalwesens und der unmittelbaren Deckung des Sachbedarfs der Streitkräfte. Die Aufgaben der Bundeswehrverwaltung werden neben dem Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr auch in den Bundesämtern für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen der Bundeswehr (BAIUDBw) sowie für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw) wahrgenommen.
Die von Ihnen angesprochenen Aufgaben des Wehrersatzwesens sind mit Auflösung der Kreiswehrersatzämter und der Wehrbereichsverwaltungen auf das BAPersBw und dessen Karrierecenter übergegangen. Dass dort zum Teil auch militärische Fachexpertise in die zivile Organisation mit eingebracht wird, trägt erfahrungsgemäß zur praxis- und sachgerechten Erfüllung der Aufgaben bei. Welchen dienstrechtlichen Status die einzelnen Bediensteten (Soldatin bzw. Soldat, Beamtin bzw. Beamter, Arbeitnehmerin bzw. Arbeitnehmer) dabei innehaben müssen, ist durch das Grundgesetz nicht normiert.
Soldatinnen und Soldaten sowie zivile Beschäftigte können organisatorisch in gemischt zivil-militärischen Strukturen eingesetzt werden. Entscheidend ist dabei eben nicht der dienstrechtliche Status, sondern die jeweils bestehenden Aufgabenzuweisungen und die Weisungsrechte, die diesen Aufgaben entsprechen. Dies wurde durch das Bundesverwaltungsgericht höchstrichterlich bestätigt (Beschluss vom 27.04.2016 – 2 B 104/15).
Das Prinzip von Befehl und Gehorsam findet ausschließlich in den Streitkräften Anwendung. In der Bundeswehrverwaltung hingegen wird ziviles und militärisches Personal gleichermaßen nach den Grundsätzen des allgemeinen öffentlichen Dienstrechts durch dienstliche Weisungen geführt. Maßstab ist dabei stets die Rechtsstaatlichkeit des Verwaltungshandelns.
Den von Ihnen geäußerten Bedenken wird also bereits Rechnung getragen.
Mit freundlichen Grüßen
Siemtje Möller