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Siegfried Tittmann
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Frage von Jan S. •

Frage an Siegfried Tittmann von Jan S. bezüglich Staat und Verwaltung

Sehr geehrter Herr Tittmann,

ich habe Ihrem Parteiprogramm entnommen, dass die DVU ein hartes Vorgehen gegen Gewalt fordern.

Wie stehen Sie dazu, wenn in der Popmusik, dem bei den Jugendlichen sehr beliebten "Gangster-Rap" Gewalt und Kriminalität offen propagiert und verherrlicht werden, und die Stars dieser Szene von der Plattenindustrie noch zusätzlich aufgebaut werden.
Welches Konzept haben Sie gegen Jugendkriminalität?

Mit freundlichen Grüssen,
Jan Schuhmann

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Antwort von
PdB

Sehr geehrter Herr Schuhmann,

vielen Dank für Ihre Fragen.

Ich schicke mal voran, dass ich keiner von jenen bin, die die Jugend mit Misstrauen betrachten. Und ich gehöre auch nicht zu der „Früher war alles besser"-Fraktion. Noch während der ein oder andere über „die Jugend von heute..." schimpft, wird ihm von eben dieser Jugend angeboten: „Kann ich Ihnen behilflich sein?", „Soll ich Ihren Koffer die Treppe hinauftragen?", Kann ich Ihnen mit dem Kinderwagen helfen?" Oder eine junge Frau, ein junger Mann ruft: „Hallo, Sie haben Ihr Handy liegengelassen, hier ist es". Da können wir Erwachsene uns man manchmal eine Scheibe abschneiden. So sind jedenfalls meine Erfahrungen.

Was nun den "Gangster-Rap" angeht, so habe ich es 2004 bedauert, dass die Bundesprüfstelle es ablehnte, das Album "Get rich or die trying" von „50 Cent"in die "Liste der jugendgefährdenden Medien" aufzunehmen. Texte wie „Kommst Du mir in die Quere, dann werd ich Dich zerquetschen" oder "Ich sorg dafür, dass Du ´nen Rollstuhl brauchst..." überschreiten angeblich nicht die Grenze zur Jugendgefährdung - und zwar aufgrund der zum Teil „unverständlichen" Sprache . Das finde ich (nicht zuletzt vor dem Hintergrund der vielen Vorstrafen von „50 Cent") sehr fragwürdig.

Umso erstaunter war ich, dass bei der Indizierung von deutschsprachiger HipHop-/Rapmusik ein schärferer Maßstab angelegt wird. Es wurden schon zig solcher Alben indiziert und das ist im Hinblick auf deren Inhalt meiner Meinung nach auch in Ordnung. Die Indizierung hat ja nicht das totale Verbot zur Folge, Erwachsene können indizierte Medien weiterhin erwerben.

Ich bin der Meinung, dass Musik – und zwar egal welcher Art – insbesondere dann nicht an Kinder und Jugendliche verbreitet werden darf, wenn sie brutale Gewaltschilderungen enthält, verrohend wirkt oder Drogen verherrlicht.. Aber dabei muss der gleiche Maßstab für alle gelten. Nur weil „50 Cent" aus den USA kommt und dabei die dortige Gossensprache bevorzugt, kann er nicht besser dastehen als deutsche Rapper.

Und natürlich darf man das Kind nicht mit dem Bade ausschütten. HipHop und Rap sind ja meist eher harmlos. Die Fantastischen Vier zum Beispiel sind sicher kein Fall für den Index, oder?

Nun zu unserem Konzept gegen Jugendkriminalität. Wir halten nichts davon, das bewährte Jugendstrafrecht abzuschaffen, sondern wir wollen die Ursachen angehen und uns davor hüten, unsere Jugend kollektiv zu verdächtigen. Das wäre doppelt ungerecht. Denn die einheimische Jugend ist selbst viel mehr Opfer als Täter von Jugendkriminalität, wie der vor einem Jahr vom Kriminologischen Forschungsinstitut Niedersachsen (KFN) vorgelegte ausführliche Forschungsbericht „Gewalt und Medien im Leben von Kindern und Jugendlichen" beweist. Im Februar und März 2005 hatte das KFN, das von dem früheren niedersächsischen SPD-Justizminister Christian Pfeiffer geleitet wird, bundesweit in elf Städten und Landkreisen (München, Stuttgart, Schwäbisch Gmünd, Kassel, Dortmund, Oldenburg, Lehrte, Belm, Wallenhorst, Landkreis Peine und Landkreis Soltau-Fallingbostel) sowie im Bundesland Thüringen eine Repräsentativbefragung von insgesamt 6.000 Schülerinnen und Schülern aus vierten Klassen und 17.000 aus neunten Klassen durchgeführt.

Professor Pfeiffer macht bemerkenswerterweise keinen Bogen um folgende Erkenntnisse:

„Die Angaben der Opfer zur ethnischen Zugehörigkeit der Täter zeigen für die westdeutschen Städte und Landkreise einen übereinstimmenden Befund. Durchweg dominiert mit Quoten um 60 % - 70 % die Konstellation, dass Täter und Opfer unterschiedlichen ethnischen Gruppen angehören (also z. B. ‚Max gegen Igor´‚ Igor gegen Mustafa´ bzw. ‚Mustafa gegen Max’). Nur noch zu einem Drittel bis maximal 40 % der Fälle sind einheimische Deutsche oder Jugendliche aus derselben ethnischen Minderheit aneinander geraten (‚Max gegen Moritz’ oder ‚Mustafa gegen Mehmet’)."

Und:

„Dabei sind die einheimischen Deutschen gemessen an ihrem Bevölkerungsanteil von durchschnittlich 73,5 % bei den Opfern leicht überrepräsentiert (insgesamt 74,3 %). Bei den Tätern erreichen sie dagegen nur einen Anteil von 36,2 % aller Jugendlichen, die nach eigenen Angaben im Jahr 2004 mindestens eine Gewalttat begangen haben. Das andere Extrem bilden die jungen Türken. Sie stellen nur 8,8 % der Befragten und 8,3 % der Opfer. Bei den Tätern sind sie dagegen mit 27,8 % um etwa das Dreifache überrepräsentiert."

Bei den Ursachen der Jugendgewalt ermittelte das KFN verschiedene Einflussfaktoren:

1. Relative Armut, vor allem, wenn die Betroffenen aufgrund schlechter schulischer Perspektiven wenig Chancen sehen, sich aus ihrer Misere zu befreien.

2. Schwere innerfamiliäre Gewalt. Hier seien einheimische Deutsche am wenigsten betroffen, während „türkische Kinder und Jugendliche durchweg am häufigsten Opfer innerfamiliärer Gewalt geworden sind".

3. Auch die Medienkonsumzeit pro Schultag und die Nutzung von PC-Spielen und Filmen, die erst ab 18 freigegeben sind, hätten sich als Belastungsfaktoren erwiesen, die sich nicht nur negativ auf Schulleistungen auswirken, sondern auch das Risiko der Jugendgewalt deutlich erhöhen.

4. Von allen analysierten Einflussfaktoren habe die Akzeptanz von Gewalt legitimierenden Männlichkeitsnormen die größte Bedeutung für die Häufigkeit und Intensität der Jugendgewalt. Männliche Jugendliche, die diesen Normen in hohem Maß zustimmen, gehören laut KFN 20mal häufiger zur Gruppe der Intensivtäter (so bezeichnet Pfeiffer jene Jugendlichen, die 5 und mehr Gewalttaten im Jahr begangen haben) als die Gegengruppe derjenigen, die die Machokultur klar ablehnen (24,8 % zu 1,7 %). Im Vergleich aller ethnischen Gruppen seien junge Türken mit Abstand am stärksten an dieser „Machokultur" orientiert (am niedrigsten männliche Deutsche mit 4,3 % gegenüber Türken mit 24,6 %).

Die Ergebnisse des KFN werden unterstrichen durch die Feststellungen von Professor Dr. Gunnar Heinsohn, Soziologe an der Bremer Universität, der ausführte: „Aus den 21 Prozent seiner Migrationsbevölkerung gewinnt zum Beispiel das Bundesland Bremen 42 Prozent seines Nachwuchses und 80 Prozent seiner Gewaltkriminalität unter 21 Jahren." Und: „32 Prozent aller Kinder sind auf Sozialhilfe und verteidigen damit eisern ihren letzten Spitzenplatz in der PISA-Studie."

Die Ursachen von Jugendkriminalität liegen demnach nicht in erster Linie in der Sicherheits-, sondern auch in der Ausländer- und in der Wirtschafts- und Sozialpolitik.

Aus diesen Ursachen ergibt sich, wo die DVU ansetzen will:

1. Kinder- und Jugendarmut ist kein Naturgesetz, sondern das Ergebnis einer unsozialen Familienpolitik! Wir treten ein für eine Familienpolitik, die diesen Namen auch verdient. Der Deutsche Kinderschutzbund hat festgestellt: „Alleine durch Hartz IV hat sich die Zahl der Kinder in Deutschland, die auf dem Niveau der Sozialhilfe leben müssen, verdoppelt." Auch aus diesem Grund fordert die DVU: Das Hartz-IV-Gesetz gehört abgeschafft! Es werden nach Aussage des Bundes der Steuerzahler jedes Jahr sage und schreibe 30 Milliarden Euro hart erarbeiteter Steuergelder verschwendet – in vielen Fällen auch schamlos verprasst. Aber für die wichtige Bekämpfung von Kinderarmut ist angeblich kein Geld da!

2. Im Bereich Bildung muss wirkliche Chancengleichheit ermöglicht werden. Zu große Klassen, schlecht ausgestattete Schulen, Lehrermangel gerade in wichtigen Fächern, schlechte Schulbücher, planlose Reformen verhindern eine optimale und individuelle Förderung. Ein allgemeinbildendes, klar gegliedertes, aber durchlässiges Schulwesen muss jedem Schüler offen stehen. Schluss mit der Zersplitterung des Bremer Bildungssystems! Abschaffung der Sekundarschule, die problematische Schüler in Haupt- und Realschule zwangsvereint.

3. Kinder und Jugendliche nicht sich selber überlassen! Für sinnvolle und sinnstiftende Freizeitangebote - Sport, Musik, Umweltschutz, Sprachen, Modellbau, Schach, Literatur usw. - muss Geld da sein. Junge Menschen sind begeisterungsfähig - aber in den meisten Fällen muss es jemand geben, der ihre Begeisterung weckt.

4. Null Toleranz gegen Kriminalität, insbesondere gegen Gewalt an der Schule. Wir sind dafür, im Rahmen des Jugendstrafrechts jugendlichen Gewalttätern klar abschreckende Signale zu erteilen. In diesem Punkt darf auch ausländischen Jugendlichen, die sich als Gewalttäter hervortun, kein „politisch korrekter" Bonus zugestanden werden. Verbindliche Ausländerhöchstquoten je Klasse und je Schule. Entschärfung des Problems durch Schaffung von Nationalitätenschulen.

5. Wir sind dafür, bei ausländischen Intensivtätern zum Schutze aller in Deutschland das Ausländerrecht konsequent anzuwenden und sie - da sie nicht bereit sind, sich wenigsten an die hiesige Rechtsordnung anzupassen - möglichst in ihre Heimatstaaten zu schicken. Es ist nicht unsere Aufgabe und es ist unseres Erachtens auch vergebliche Liebesmüh zu versuchen, solche Intensivtäter, die in den Vorstellungen einer fremden „Machokultur" großgeworden sind, „umzuerziehen". Jeder Pfennig deutschen Geldes ist für die Opfer von Kriminalität besser eingesetzt. Es hat mit Ausländerfeindlichkeit nichts zu tun, wenn die DVU fordert: Wer als Gast hier lebt und in schwerwiegender Weise gegen die Gesetze verstößt, hat das Gastrecht verwirkt! Das ist im Interesse aller in Deutschland lebenden rechtschaffenen Menschen, seien es Deutsche oder Ausländer.

6. Schließlich bauen wir auf unsere allgemeinen sicherheitspolitischen Forderungen, insbesondere: Keine Einsparungen bei der Polizei, sondern mehr bürgernahe Polizeiwachen! Und mehr Polizeistreifen in den "sozial besonders belasteten Stadtteilen" Bremens und Bremerhavens!

Mit herzlichem Gruß

Siegfried Tittmann