Frage an Sibylle Schmidt von Elmar R. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Der Präsident des Deutschen Richterbundes hat in mehreren Zeitungsinterviews Klage darüber geführt, daß die Gerichte überlastet sind und den Justizministerien der Länder nicht genügend Planstellen für fähigen Nachwuchs zur Verfügung stehen, um mehr Richter und Staatsanwälte zu ernennen. Konkret weist er darauf hin, daß sich strafrechtliche Ermittlungen gelegentlich so lange hinziehen, daß die Beschuldigten von Rechts wegen sogar aus der Haft entlassen werden müssen, obwohl ihnen schwere Straftaten vorgeworfen werden. Wie kann dieser Mißstand nach Ihrer Meinung beseitigt werden und welche Vorschläge hat Ihre Partei hierfür unterbreitet?
Lieber E. R.,
Thomas Fischer, der letzte Vorsitzende des 2. Strafsenats des Bundesgerichtshofs - auch Rebellensenat genannt - hat Jens Gnisa, Präsident des Amtsgerichts Bielefeld und Vorsitzender des Deutschen Richterbundes für seine Ausführungen in dem Buch „Das Ende der Gerechtigkeit“ kritisiert. Dennoch muss festgestellt werden, dass es in bestimmten Bereichen der Justiz personelle Engpässe gibt. Diese resultieren aus Verrentung, einer Bevölkungszunahme von zwei Millionen Menschen, einer wachsenden Kriminalstatistik und einer Straftaten begünstigenden Gesetzgebung. 58% aller Straftaten geschehen im Zusammenhang mit Drogen und Alkohol. Wenn der Gesetzgeber eine in den Bundesländern variierende Eigenbedarfsgrenze und dadurch entstehende Drogensucht nicht vorausschauend überdenkt, muss die Judikative über zunehmende Ladendiebstähle, Raubtaten und Gewaltverbrechen verwirrter Drogenkranker entscheiden. Die Delinquenten sollten sich über den Verlust ihrer Gesundheit beschweren, die einer verharmlosenden, kaum schützenden und spät reagierenden Regierung zuzurechnen ist. Die Bearbeitungszeit mancher Verfahren liegt unter einer Stunde. Die Fehlerquote soll hoch sein. Sehr viele Verfahren werden aus Kostengründen eingestellt, was Kriminelle in Sicherheit wiegt.
Besteht im Beamtenrecht die Möglichkeit, dringend benötigte Richter und Staatsanwälte auf Zeit einzustellen, welche liegen gebliebene Verfahren erst einmal wegarbeiten? Besteht die Möglichkeit einer judikativen Leiharbeit in Anwaltskanzleien, in welcher Verfahren zur Vorbearbeitung abgegeben oder Juristen ausgeliehen werden können? Personalbedarfsplanung, Personaleinsatzplanung, Berechnung und Controlling von Gehältern und Pensionsansprüchen ist Aufgabe eines Ministeriums. Auch ein sinnvolles, zeitnahes Strafmaß für junge Menschen, wie Richterin Kirsten Heisig es einforderte. Letztendlich braucht es einen modernen Strafvollzug, der per TV-Learning aus Straftätern Webmaster macht, bzw. je nach Vorbildung Anwendungsprogramme schult. Zeit muss immer und überall genutzt werden. Der Beruf des Vollzugsbeamten oder der Justizfachangestellten muss attraktiv genug honoriert werden, um Stellen besetzen zu können. Die E-Akte ist auf einem guten und platzsparenden Weg, so dass bald Audioprotokolle für einen einwandfreien Sachverhalt sorgen. Wir erinnern uns an das Zitat von Jutta Limbach: „Wenn ein Justizbeamter im Jahre 1900 eingefroren und heute wieder aufgetaut würde, könnte er nahtlos weiterarbeiten.“
Mit freundlichen Grüßen
Sibylle Schmidt