Frage an Sibyll Klotz von Sascha K. bezüglich Recht
Wenn Sie in den nächsten Bundestag einziehen, werden Sie sich dann für die Entkriminalisierung sog. "weicher Drogen" einsetzen?
Immerhin fordern zwei Drittel der Bevölkerung in der Bundesrepublik, die Entkriminalisierung von Cannabis und Co. Gerade die Grünen haben, besonders vor der Wahl 1998, die Entkriminalisierung propagiert.
Leider waren das nur leere Worte, denn passiert ist nichts.
Wie werden Sie sich einsetzen, damit endlich eine überholte und unlogische Ideeologie durch Vernunft ersetzt wird?
Hallo Herr Klein,
einen legalen Zugang zu Cannabis zu schaffen, ist das politische Ziel der Grünen. Dabei lassen wir uns leiten vom Prinzip, das für alle Formen des Drogenkonsums gilt: Aufklärung und Prävention sowie Therapie und Hilfe statt Strafe. Da wir Grünen von einer absoluten Mehrheit noch immer weit entfernt sind und sein werden, konnte die Umsetzung des politischen Programms nur innerhalb von Rot/Grün erfolgen. Dabei haben wir durchaus Erfolge zu verbuchen, aber eben nur bei den legalen Drogen Alkohol und Tabak.
Mit Blick auf harte Drogen ist uns ein Paradigmenwechsel gelungen, der den eindeutigen Focus auf Therapie und Hilfe legt. Damit verbunden sind z.B. verbesserte Regelungen der Substitution und die generelle Kostenerstattung durch Krankenkassen (aktuelle Wahlperiode) oder das laufende "Heroinprojekt".
Im Bereich der Suchtprävention erhofften wir uns Impulse durch das Präventionsgesetz, das (trotz vorheriger Verhandlungen mit den Bundesländern) vom Bundesrat blockiert wird und vermutlich wegen der Diskontinuität (Gesetze, deren Beratung nicht während der Wahlperiode in Bundestag und Bundesrat abgeschlossen werden, verfallen) nicht in Kraft treten wird. Gesellschaftliche Fehlentwicklungen, die Sucht erzeugen, müssen von allen verantwortet, die Heilung der Sucht muss von allen getragen und bezahlt werden.
Keinen Erfolg hatten wir im Bereich Cannabis. In dieser Frage hat sich der Koalitionspartner SPD leider keinen Schritt bewegt. Unsere Position lautet nach wie vor: Statt Cannabis zu dämonisieren und bei Alkohol und Tabak die Augen vor den Auswirkungen zu verschließen, fordern wir eine Suchtpolitik, die die Gefährdungen von Alkohol, Tabak und Cannabis insbesondere bei sehr jungen KonsumentInnen ernst nimmt. Die Politik der Kriminalisierung ist gescheitert. Trotz Strafverfolgung konsumieren immer mehr und immer jüngere Menschen Cannabis und Haschisch. Wir erreichen weit mehr durch Prävention, Aufklärung und - wo notwendig - Therapie. Zudem erschwert die Kriminalisierung die Aufklärungsarbeit: Wer über Cannabiskonsum offen spricht, gerät schnell in den Verdacht, für den Konsum zu werben.
Konkretes Ziel der laufenden Legislaturperiode war, die Bundesverfassungsgerichtsurteile (geringe Menge und Fahrerlaubnisverordnung) endlich auch in Gesetze zu gießen, was uns nicht gelungen ist. Dass unsere Position zu Cannabis nicht nur leere Worte waren, ist unter anderem daran zu seehn, dass zu wichtigen Fragen (Führerschein, Mengenbesitz) Gutachten vorliegen, die aber von den zuständigen Ministerien (die leider nicht grün "geführt" waren) nicht umgesetzt wurden.
Insofern sind auch wir nicht zufrieden, dass wir im Bereich Cannabis keinen Schritt weiter gekommen sind. Die Urasche liegt allerdings bei der SPD, die sich in diesem Punkt immer wieder der Umsetzung des Koalitionsvertrages entzogen hat. Hier hätten wir uns aus dem drogenpolitischen Umfeld gewünscht, dass Erwartungen und Forderungen nicht vorrangig an uns, sondern auch an die Sozialdemokratie gerichtet worden wären.
Dennoch haben wir in den Ländern eine Menge getan und belassen es nicht nur bei der Benennung von bundespolitischen Zielen (wie die PDS, neu: Linkspartei). Wir haben in Berlin Druck auf den Berliner Senat gemacht, die Spielräume auf Landesebene zu nutzen. Aber von einem Modellversuch zur kontrollierten Abgabe von Cannabis wollten SPD und Linkspartei nichts wissen. Übrigens auch in Mecklenburg-Vorpommern, wo die PDS mitregiert, hat sich in Sachen fortschrittlicher Drogenpolitik nichts getan. Im Land Berlin wurden auf unseren Antrag die Strafverfolgungsgrenzen wegen Cannabisbesitz heraufgesetzt. Leider erst ein Jahr nach dem Beschluss des Abgeordnetenhauses und nicht in dem von uns geforderten Umfang, aber immerhin: Bei bis zu 10 g Cannabisbesitz zum Eigenverbrauch werden Verfahren eingestellt, unter bestimmten Umständen auch bis 15 g. (Wir hatten 30 g
gefordert).
Wir werden uns auch weiter dafür einsetzen, dass eine ideologisierte und unlogische Politik, durch Vernunft ersetzt werden. Wir arbeiten daran. Je stärker wir Grünen sind, um so schneller geht es!!! Wie wäre es denn, wenn die zwei Drittel der Bevölkerung, die für die Legalisierung weicher Drogen sind, uns dafür auch wählen???!!!!
Viele Grüße Sibyll Klotz