Frage an Sibyll Klotz von Dr. Hans-Jürgen H. bezüglich Wirtschaft
Sehr geehrte Frau Klotz.
Wie Sie vielleicht wissen, bin ich ehrenamtlich als Geschäftsführer des Zentralverbandes der Ingenieurvereine (ZBI) e.V. tätig.
Die Tätigkeit von Ingenieuren ist entscheidend für die Innovationskraft unserer Wirtschaft und garantiert den Wohlstand künftiger Generationen. Als wenig sprachgewaltig auftretende und in den Parlamenten von Bund und Ländern unterrepräsentierte Berufsgruppe haben die Ingenieure Wünsche und Erwartungen an den 16. Deutschen Bundestag, von denen ich Ihnen vier gravierende vortrage und Ihre Antwort erbitte. Werden Sie nach Ihrer Wahl in den Bundestag dafür eintreten, dass
1. neben den wichtigen Investitionen in die Forschung verstärkt auch solche in die Verkehrsinfrastruktur auf Schiene, Wasser und Stra-ße geleistet,
2. ein flächendeckender kommunikationssichernder Breitbandausbau im Bundesgebiet realisiert,
3. die Berufsbezeichnung Ingenieur auch nach der Abschaffung von Diplom-Studiengängen zu Gunsten von Bachelor- und Masterab-schlüssen erhalten und bundeseinheitlich gesetzlich geschützt und
4. die Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) zeitge-recht novelliert, aber als verbindliches Preisrecht erhalten werden?
Ihrer geschätzten Antwort sehe ich dankend entgegen und wünsche Ihnen einen guten Verlauf des kurzen Wahlkampfes 2005.
Mit freundlichen Grüßen
Sehr geehrter Herr Heß,
vielen Dank für Ihr Interesse an meinem politischen Engagement.
Zunächst möchte ich die Bedeutung des Ingenieurwesens in Deutschland bekräftigen. Im Inland sowie im Ausland wird der Kompetenz, Verlässlichkeit und Innovationskraft der Ingenieurinnen und Ingenieure mit deutschem Hochschulabschluss hohe Anerkennung zuteil. An unseren Universitäten studieren zahlreiche junge Menschen aus dem Ausland mit dem Ziel, ein Ingenieurdiplom zu erreichen, das ihnen in der Heimat exzellente berufliche Chancen eröffnet.
Sicher ist Ihnen auch bekannt, dass sich meine politische Arbeit neben den zentralen Themen Wirtschaft und Arbeit auch Gleichstellungsfragen zuwendet. Leider besteht noch immer ein eklatantes Ungleichverhältnis zwischen Ingenieurinnen und Ingenieuren. Frauen sind im technisch-naturwissenschaftlichen Bereich deutlich unterrepräsentiert.
Die Zurückhaltung der Frauen beginnt bereits beim Studium: Im Jahr 2002 lag der Frauenanteil in allen naturwissenschaftlichen Studienfächern durchschnittlich bei 35,5 Prozent. Der Frauenanteil bei den Ingenieurwissenschaften dagegen nur bei 21 Prozent; das Schlusslicht innerhalb dieser Gruppe bildete die Elektrotechnik mit nur 7,5 Prozent weiblicher Studierender. Gerade in den zukunftsträchtigen technisch-naturwissenschaftlichen Berufsgruppen nehmen junge Frauen ihre Chancen offenbar immer noch nicht ausreichend wahr, obwohl die schulischen Leistungen der Mädchen auch in den naturwissenschaftlich-mathematischen Fächern die der Jungen deutlich übertreffen. Dies muss sich ändern.
Ich werde auch einen Schwerpunkt meiner parlamentarischen Arbeit auf die Erhöhung des Anteils von Frauen in technischen Berufen legen und freue mich dabei auf Ihre persönliche und die Unterstützung des Zentralverbandes.
Zu Ihren Fragen, die ich in Rücksprache mit den KollegInnen der Bundestagsfraktion folgendermaßen beantworte:
Werden Sie sich dafür einsetzen, dass
1. neben den wichtigen Investitionen in die Forschung verstärkt auch solche in die Verkehrsinfrastruktur auf Schiene, Wasser und Straße geleistet,
Antwort: Im Jahr 2003 haben wir Rekordinvestitionen in die Schiene erreicht, die um 60% über dem Niveau von 1998 lagen. Der Rückgang der Investitionen in 2004 war das Ergebnis einer großkoalitionären Absprache im Bundesrat im Anschluss an die berüchtigten Koch-Steinbrück-Vorschläge, die fataler Weise Investitionen zu Subventionen erklärt und deren Kürzung verabredet hatten. Trotz des 2-Milliarden-Programms vom Frühjahr 2005 konnten diese Kürzungen bisher nicht ausgeglichen werden. Die aktuelle Mittelfristplanung für Investitionen in Bundesverkehrswege ist daher aus unserer Sicht unzureichend. Wir brauchen eine Verstärkung der Investitionen, insbesondere für die Schiene. Wir plädieren daher für eine Ausweitung der Lkw-Maut auf Fahrzeuge ab 3,5 Tonnen und eine schrittweise Ausdehnung der Maut auf das gesamte nachgeordnete Straßennetz. Diese Mehreinnahmen sollten - wie bisher auch - in Investitionen für alle Verkehrsträger fließen. Projekte, die in Public Private Partnership erstellt werden, werden an Bedeutung zunehmen. Sie sind vor allem als Benchmark zur konventionellen Beschaffungsmethode sinnvoll, um Effizienzreserven bei der Erstellung von Verkehrswegen zu heben. Notwendig sind dazu auch Reformen in der öffentlichen Verwaltung, z.B. die Abschaffung der Auftragsverwaltung für Bundesfernstraßen und eine Verschlankung und Reform der Wasserschifffahrtsdirektionen.
2. ein flächendeckender Kommunikation sichernder Breitbandausbau im Bundesgebiet realisiert,
Antwort: Die rotgrüne Bundesregierung hat den Ausbau der Breitbandverbindungen in Deutschland kontinuierlich voran getrieben. Im Internet wird auf der Homepage des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit ein Atlas gezeigt, auf dem der Breitbandausbau detailliert verzeichnet ist. Für uns Grüne ist klar: Wir wollen die weißen Flecken auf der Landkarte
gegen Versorgungsangebote austauschen und dafür sorgen, dass die am jeweiligen Standort effizienteste und für die VerbraucherInnen kostengünstigste Variante zum Einsatz kommt. Neben der Frage nach der technischen Infrastruktur bin ich der
Meinung, dass die Breitbandversorgung auch bei der Verbreitung von medialen Inhalten hervorragende Möglichkeiten bietet.
Neben dem Internet gebrauchen immer mehr NutzerInnen den Breitbandanschluss für Fernsehen und Rundfunk. Hier bieten sich den
Medien interessante Expansions- und Innovationschancen, die im Sinne der Verstärkung von Presse- und Informationsfreiheit - ein grundlegendes Anliegen von Bündnis 90/Die Grünen - gefördert werden müssen.
3. die Berufsbezeichnung Ingenieur auch nach der Abschaffung von Diplom-Studiengängen zu Gunsten von Bachelor- und Masterabschlüssen erhalten und bundeseinheitlich gesetzlich geschützt und
Antwort: Die Kultusministerkonferenz hat schon im Herbst 2003 ländergemeinsame Strukturvorgaben beschlossen, die bundeseinheitlich wirksam werden. Dazu gehören die Vorgaben, dass die Bezeichnungen lauten: "Bachelor of Science (B.Sc.)/ Master of Science (M.Sc.)" oder "Bachelor of Engineering (B.Eng.)/ Master of Engineering (M.Eng.)".
4. die Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) zeitgerecht novelliert, aber als verbindliches Preisrecht erhalten werden?
Antwort: Das Planen und Bauen in Deutschland ist in vielen Bereichen immer noch überreglementiert und bedarf der Vereinfachung und Modernisierung. Wir befürworten in diesem Zusammenhang auch eine Weiterentwicklung und Vereinfachung der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI). Die HOAI muss reformiert werden. Sie ist dabei allerdings als gesetzlich verbindliche Preisrechtsverordnung im Interesse der Verbraucher zu erhalten.
Die Pläne des Bundeswirtschaftsministeriums für eine rein freiwillige Vereinbarung lehnen wir ab.