Frage an Sibyll Klotz von Michael S. bezüglich Frauen
Sehr geehrte Frau Dr. Klotz,
zu mehreren Fragen bitte ich um Ihre Antwort:. Ich muß dies leider in der Rubrik "Frauen" tun, weil "Männer" sind wie immer nicht vorgesehen.
1. Wie soll ein getrennter Vater, der Hartz 4 Empfänger ist, aus dem gleichen Regelsatz wie ein Single die Kosten des Umgangs mit seinen Kindern aufbringen?
2. Hat ein getrennter Vater von drei Kindern, der Hartz 4-Empfänger ist und seine Kinder regelmäßig sieht, Anspruch auf eine größere Wohnung als ein Single?
3. Warum werden Unterhaltszahlungen von Vätern, die für die Existenzsicherung von Kindern gedacht sind und aus bereits versteuertem Einkommen erbracht werden, bei Hartz 4 zur Bedarfsdeckung der Mütter verwendet?
4. Welche Beratungsmöglichkeiten und Zufluchtswohnungen gibt es in Berlin für gewaltbetroffene Männer? Halten Sie es für sinnvoll, nachdem es ein breites Angebot zur Beratung von Frauen gibt, auch ein entsprechendes Angebot für Männer einzurichten? Kann man das nach dem Antidiskriminierungsgesetz erwarten?
5. Welche Bemühungen gibt es Ihrerseits in allen Betreuungs- und Bildungseinrichtungen den Anteil der männlichen Erzieher in Kindertagesstätten, Betreuer in Jugendeinrichtungen, Grundschullehrer, etc., durch konkrete Fördermaßnahmen oder verpflichtende Einstellungsvorgaben zu erhöhen?
6. Werden Sie analog zu den sog. Berliner Mütterkursen auch ein Angebot für Berliner Väter unterstützen?
Mit freundlichen Grüßen
Michael Stiefel
Sehr geehrter Herr Stiefel,
vielen Dank für Ihre Fragen, die ich gerne beantwortet habe.
zu Frage 1 und 2:
Diese Fälle können gesetzlich nicht geregelt werden und unterliegen somit Einzelfallentscheidungen. So müsste z.B. der Anspruch auf eine größere Wohnung (der im Falle eines regelmäßigen Umgangsrechts durchaus berechtigt ist) im Rahmen des Prüfungsverfahrens geltend gemacht werden. Berücksichtigt wird dann, wie weitreichend das Umgangrecht ist, ob die Kinder regelmäßig bei dem Elternteil übernachten etc.
zu Frage 3:
Grundsätzlich ist der Kindesunterhalt eine Leistung, die dem Kind zusteht, unabhängig von den Befindlichkeiten der Eltern. Warum jedoch die Diskussion zum Thema Unterhaltszahlungen für Kinder beinahe ausschließlich auf das Verhalten der Eltern unter- bzw. miteinander reduziert wird, ist mir unverständlich, zumal die Situation für den hauptbetreuenden Elternteil ungleich schwieriger ist.
Im Gegensatz zum Unterhaltspflichtigen kann der hauptbetreuende Elternteil nämlich keinen Selbstbehalt geltend machen. Dem/der Unterhaltspflichtigen muss nach Abzug der Werbungskosten ein Selbstbehalt verbleiben. Gegenwärtig liegt der Selbstbehalt für Erwerbstätige bei 890 Euro und für Erwerbslose bei 770 Euro im Monat.
Wer weniger oder nur den Selbstbehalt zur Verfügung hat, gilt als nicht leistungsfähig. In der Regel liegen Barunterhaltspflichtige, die ALG II beziehen, unter dem für sie vorgesehenen Selbstbehalt. Sie sind damit nicht zur Zahlung von Unterhalt verpflichtet.
Der hauptbetreuende Elternteil kann für sich keinen Selbstbehalt geltend machen. Er muss sein gesamtes Einkommen und Vermögen zur Deckung des Bedarfs seines Kindes einsetzen. Das Risiko der finanziellen Absicherung von Kindern, wird also bei fehlender Leistungsfähigkeit des Pflichtigen, auf den hauptbe treuenden Elternteil abgewälzt.
zu Frage 4:
Das in Berlin existierte Netzwerk von verschiedenen Frauenberatungsstellen, Frauenzufluchtswohnungen und Frauenhäusern, die in Zusammenarbeit mit Polizei, Staatsanwaltschaft, Schulen und Gesundheitseinrichtungen Hilfen für Gewaltopfer anbieten, richtet sich explizit an Menschen, die von häuslicher Gewalt betroffen sind und das sind nun mal fast ausschließlich Frauen und Kinder. In Berlin wurden 2004 allein 12.814 Fälle häuslicher Gewalt registriert, die Dunkelziffer wird um ein vielfaches höher eingeschätzt, weil es die Opfer oft besonders schwer haben, sich aus dem Teufelskreis von Abhängigkeit, Scham und Gewalt zu befreien.
Wenn Sie als Mann diesbezüglich Hilfe brauchen, dann wenden Sie sich am besten an Mannege e.V., die bieten Beratung und Unterstützung für Väter oder Männer die Probleme mit häuslicher Gewalt oder Scheidung haben http://www.mannege.de/
zu Frage 5:
Da wir für die Gleichstellung von Mann und Frau sind, befürworten wir die Einstellung von Männern im pädagogischen Bereich. Leider können wir die Männer aber nicht zwingen, Berufe in diesem Berufsfeld zu ergreifen und/oder auszuüben. Leider ist das Berufswahlverhalten von Männern gleichermaßen eingeschränkt, wie dies immer bei Frauen kritisiert wird - allerdings mit der Einschränkung, dass das Einkommen bei den sog. "Männerberufen" in der Regel höher ist, als bei den frauendominierten Berufen. Dies ist übrigens auch ein wesentliches Kriterium dafür, dass Männer in diesen Berufen stark unterrepräsentiert sind. Dieses Berufsfeld auch für Männer attraktiv zu machen, dabei können Sie uns gerne unterstützen.
Zu Frage 6:
Die sog. "Mütterkurse" sind eigentlich Elternkurse, einer Teilnahme von Vätern steht also nichts entgegen. Allerdings ist es bisher so, dass das Interesse der Väter an diesen Kursen sich bisher in Grenzen hält. Im ersten Halbjahr 2005 sind die Mütter-/Elternkurse ausführlich evaluiert worden, wobei besonderes Augenmerk auf die Erfolgskontrolle gerichtet wurde. Die Ergebnisse haben bestätigt, dass diese Maßnahme die Integration der Zielgruppe (MigrantInnen) erfolgreich unterstützt, indem sowohl die Verbesserung der Sprachkenntnisse als auch eine Erhöhung der sozialen Kompetenzen der TeilnehmerInnen erreicht werden. Gleichzeitig wird die wichtige Vernetzung zwischen Schule und Elternhaus positiv und nachhaltig befördert. Wir finden, dass Eltern- und Mütterkurse nicht nur an Volkshochschulen, sondern auch an Schulen und Kitas dringend notwendig sind.
Mit freundlichen Grüßen
Sibyll Klotz