Frage an Sibyll Klotz von armin r. bezüglich Innere Sicherheit
Sehr geehrte Fr. Dr. Klotz,
Auch alle Sport- und Privatpilotenpiloten müssen sich neuerdings einer sehr
fragwürdigen, periodischen und zudem kostenpflichtigen
Zuverlässigkeitsüberprüfung (ZÜP) nach dem LuftSiG "freiwillig" durch Antrag unterziehen.
Sind Sie der Meinung, dass ein solcher unglaublicher Globalverdacht
gegen eine bisher völlig unauffällige Bürgergruppe angemessen ist?
Ist das nicht reiner bürokratischer Aktionismus und Populismus auf dem Rücken von unschuldigen Bürgern, die mit all dem nicht das Geringste zu tun haben?
Wird dadurch nicht der rechtstaatliche Grundsatz der Unschuldsvermutung
- und damit unser zentrales Rechtsverständnis - ausgehebelt?
Sollte nicht wenigstens ein gewisser Anfangsverdacht diese ZÜP rechtfertigen?
Es hat weltweit noch nie einen lizenzierten Piloten gegeben, von welchem an Terroranschlag ausging. Es gab aber jede Menge Führerscheinbesitzer und Rucksackträger!!!
Lastwagenfahrer stellen ein viel größereres "Gefahrenkontingent" dar, kommen sie doch problemlos mitten in jede Innenstadt!
Warum werden die nicht zum gläsernern Bürger gemacht,
sondern nur ausgerechnet diese harmlose Minderheit?
Wo ist hier Ihrer Meinung nach das rechsstaatliche Prinzip der Verhältnismäßigkeit noch gegeben?
Werden Sie sich nach Ihrer Wahl für unsere Minderheit einsetzen?
Freiheit und Demokratie und Menschenwürde, werden sie dadurch geschützt,
dass man sie schleichend gegen die Würde des Menschen einfach abschafft?
Welche Antwort hierauf kann ich an unsere Vereinsmitglieder weitergeben?
Mit freundlichen Grüßen
Armin Ruland
Hallo Herr Ruland,
ich muss gestehen, keine Expertin für Flugzeuge und Luftfahrt zu sein. Ihre Frage betrifft aber ein Problem, das nicht nur Piloten betrifft: Maßnahmen im Namen der Sicherheit erfolgen häufig auf Kosten von Grund- und Freiheitsrechten.
Ich teile Ihre Befürchtung, dass Bürgerrechte und rechtsstaatliche Grundsätze immer weiter zurückgenommen werden. Auf der anderen Seite sind die Gesetze, die vor dem Hintergrund terroristischer Anschläge beschlossen worden sind, eine Reaktion auf echte und nicht nur eingebildete Gefahren. Über die Terroranschläge der letzten Jahre waren wir alle auch deswegen so erschüttert, weil die Terroristen zu vorher nicht für möglich gehaltenen Mitteln gegriffen haben (z.B. Flugzeug als Bombe) und weil die Täter sich vorher z.T. völlig unauffällig verhalten hatten. Grundsätzlich ist es nicht falsch, nach solchen Erfahrungen Gesetze zu überprüfen und auch zu ändern. Das darf allerdings nicht dazu führen, dass immer neue Gruppen (MigrantInnen, Angestellte in sicherheitsrelelevanten Betrieben, Handy-BenutzerInnen, SportpilotInnen ... ) und letztlich wir alle pauschal als potenzielle Terroristen behandelt werden. Deshalb halte ich das von Ihnen kritisierte Verfahren für bürokratisch, überflüssig und eine Sicherheit versprechend, die damit nicht erreichbar ist.
Für die richtige Balance von Sicherheit und Freiheit gibt es leider kein Patentrezept. Weil immer die Gefahr besteht, dass die Gesetzgebung unter den Druck der Öffentlichkeit nach spektakulären Ereignissen überzieht, halte ich es für richtig, solche Gesetze zumindest zu befristen. Damit gezwungenermaßen nach einer Frist eine erneute Überprüfung erfolgt, dahingehend ob eine Maßnahme geeignet, erforderlich und verhältnismäßig ist. Das war auch immer wieder das Bestreben der Grünen im Bundestag (erfolgreich bei den Anti-Terror-Gesetzen nach dem 11. September, allerdings nicht beim Flugsicherheitsgesetz).
Mir scheint, dass auch das Flugsicherheitsgesetz wieder auf den Prüfstand gehört.
Mit freundlichen Grüßen,
Sibyll Klotz